Leitartikel30. April 2022

Gegen den Indexklau und gegen die kapitalistische Ausbeutung

von Ali Ruckert

Gut die Hälfte (53 Prozent) der Lohnabhängigen aus dem Privatsektor arbeiten unter einem Kollektivvertrag, der ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen regelt. Diese Verträge und die im Laufe der Jahre, beziehungsweise Jahrzehnte festgehaltenen Verbesserungen, waren keine Geschenke, sondern wurden von den Schaffenden hart erkämpft.

Andererseits haben allerdings fast die Hälfte aller Schaffenden aus der Privatwirtschaft keinen Kollektivvertrag, und damit in der Regel schlechtere Arbeits- und Lohnbedingungen, da die Gesetze, welche generell die Arbeitsbedingungen regeln, deutlich schlechter sind als kollektivvertragliche Errungenschaften, da sie von Regierungen und Chambermehrheiten gemacht werden, die näher am Kapital, denn an den Lohnabhängigen sind.

Eine Folge davon ist der zu niedrige Mindestlohn, der aus der Sicht der KPL sofort um 14 Prozent erhöht werden müsste, um zu verhindern, dass mehr und mehr Lohnabhängige in der Armutsfalle landen.

Ein Grund dafür, dass sich die Reallöhne in Betrieben ohne Kollektivvertrag kaum nach oben bewegen, besteht darin, dass zu wenig Lohnabhängige gewerkschaftlich organisiert sind, so dass es dem Patron leichter fällt, deren Forderungen abzuwimmeln. Das wiederum bestärkt die Unternehmer darin, Kollektivverträge mit allen Mitteln zu verhindern, so dass sie sich einen größeren Teil des geschaffenen Mehrwerts aneignen können. Dieser Klassenkampf von oben hat dazu geführt, dass der Anteil der Schaffenden aus der Privatwirtschaft, die unter einem Kollektivvertrag arbeiten, seit 2010 nicht wesentlich größer wurde, obwohl dank des Einsatzes der gewerkschaftlich organisierten Lohnabhängigen mit der Zeit mehr Kollektivverträge erstritten wurden.

Das Bestreben des Kapitals, einen möglichst kleinen Teil des Mehrwerts an die Lohnabhängigen abzugeben, wird von der Regierung und der Chamber durch Gesetze unterstützt, die höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen verhindern und eine Umverteilung von unten nach oben, von den Schaffenden zu den Patrons möglich machen.

Zu diesen Gesetzen gehören die verschiedenen Indexmanipulationen, die in der Vergangenheit mit Hilfe der Tripartite von CSV, DP, LSAP und Grünen beschlossen und umgesetzt wurden. Dazu gehört auch der neue Indexklau, der diesen Monat von der Tripartite gegen den Widerstand des OGBL beschlossen wurde.

Mit dieser Indexmanipulation werden dem Kapital – auch den Banken und Groß- und Mittelbetrieben aus den verschiedenen Wirtschaftsbereichen, die zu den Krisengewinnern gehören und nun Millionen an Dividenden an ihre Aktionäre verteilen – mit der Gießkanne innerhalb eines einzigen Jahres Hunderte Millionen Euro geschenkt. Und die Indexmanipulation ist bekanntlich gleich auf mehrere Jahre angelegt.

Das geht eindeutig zu Lasten der Kaufkraft der Schaffenden und Rentner, denn die versprochenen Entschädigungen machen nur einen Teil von dem aus, was den Lohnabhängigen mit der Indexmanipulation geklaut wird.

Die Erkenntnis, dass das so ist, sollte für die Schaffenden Grund genug sein, am morgigen 1. Mai zusammen mit dem OGBL zu demonstrieren.

Die KPL hat ihre Unterstützung erklärt, verweist in ihrem Aufruf zum 1. Mai aber zusätzlich darauf, dass es darum gehen muss, in Zukunft Umverteilungen von unten nach oben grundsätzlich unmöglich zu machen, indem die Wirtschaft und der Staat, der dafür sorgt, dass die bestehenden Ausbeutungsverhältnisse aufrechterhalten werden, so dass Umverteilungen zugunsten des Kapitals immer wieder erfolgen können, in die Hände der Lohnabhängigen gelegt werden. Das geht nur ohne Kapitalismus.