Ausland17. Februar 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Guterres fordert Friedenslösung

UNO-Generalsekretär António Guterres sieht »die Weltgemeinschaft« ungeachtet existenzieller Herausforderungen immer mehr gespalten. »Selbst die Ära des Kalten Krieges war – in mancherlei Hinsicht – weniger gefährlich«, sagte er am Freitag auf der Münchner »Sicherheitskonferenz«. Noch immer gebe es die atomaren Gefahren, zu denen nun die Klimakrise und die Gefahr unkontrollierter Künstlicher Intelligenz gekommen sei. »Wir waren nicht in der Lage, wirksame Schritte als Antwort darauf zu ergreifen«, sagte er.

Er rief nach einer gerechten und beständigen Friedenslösung für die Ukraine, für Rußland und die Welt. Dafür müsse Respekt für die territoriale Integrität souveräner Staaten die Grundlage sein. Der Verlust an Menschenleben sei entsetzlich. Der Krieg habe aber auch Folgen für die Weltwirtschaft und Entwicklungsländer. Guterres forderte, die Entwicklung in den ärmeren Staaten mit 500 Milliarden US-Dollar im Jahr, die langfristig finanziert sein müßten, zu stimulieren.

Guterres warnte zudem Israel vor den Folgen einer militärischen Großoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens. »Rafah steht im Zentrum des ganzen humanitären Hilfseinsatzes. Eine umfassende Offensive gegen die Stadt wäre für die 1,5 Millionen palästinensische Zivilisten dort, die schon jetzt ums Überleben kämpfen, verheerend.« Die Situation in Gaza sei eine entsetzliche Anklage und Zeichen der Sackgasse, in die die internationalen Beziehungen steuerten.

Bahnstreik in Frankreich

Ein Streik bei der Bahn in Frankreich behindert seit Donnerstagabend bis zum Montagmorgen auch Teile der grenzüberschreitenden Verbindungen. Im Inlandsverkehr in Frankreich sollen während des dreitägigen Streiks mitten in den Winterferien die Hälfte der TGV- und Intercités-Züge fahren, teilte die SNCF am Freitag mit. Mit dem Streik unterstreichen die Schaffner ihre Forderung nach einer Lohnerhöhung von monatlich 150 bis 200 Euro und nach Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die SNCF hielt dem entgegen, daß die Gehälter in den vergangenen Jahren bereits erheblich angehoben worden seien. Zudem wurden Prämien für alle Eisenbahner angekündigt. In Frankreich hat vor den Olympischen Spielen im Sommer die Streikbereitschaft in vielen Branchen zugenommen. So soll nach einem Bericht des Senders BFMTV am Montag der Eiffelturm bestreikt werden. Die Beschäftigten kritisieren unzureichende Finanzmittel für den Unterhalt des Pariser Wahrzeichens.

28.775 Tote in Gaza

Netanjahu gegen Zweistaatenlösung. Ägypten errichtet Pufferzone

Tel Aviv/Gaza – Israel werde sich nicht zu einer Zweistaatenlösung zwingen lassen. »Israel lehnt das internationale Diktat hinsichtlich einer dauerhaften Regelung mit den Palästinensern kategorisch ab«, schrieb Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Freitag auf der Plattform X. Eine solche Regelung könne nur durch direkte Verhandlungen zwischen den Parteien und ohne Vorbedingungen erreicht werden. Israel werde sich auch gegen die einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wehren. Eine solche Anerkennung würde »den Terrorismus belohnen und jede künftige Friedensregelung verhindern«, schrieb Netanjahu. Er hatte zuvor erneut ein Telefonat mit USA-Präsident Joe Biden geführt.

Die Besetzung des Nasser-Krankenhauses in der Stadt Chan Junis im Gazastreifen durch die israelische Armee dauerte am Freitag den zweiten Tag in Folge an. Soldaten hätten bislang 20 »Verdächtige« festgenommen, teilte das Militär am Freitag mit. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen kamen vier Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben. Ihre Sauerstoffversorgung sei unterbrochen worden. Die Behörde hatte zuvor auch gewarnt, sechs Menschen sowie drei Babys in Brutkästen seien in Gefahr.

Bei Israels Angriffen im Gazastreifen wurden nach Angaben von Freitag bisher 28.775 Menschen getötet.

Ägypten läßt nahe seiner Grenze eine Pufferzone zur Unterbringung von bis zu 100.000 Palästinensern einrichten. Um den Bereich herum werde eine Mauer errichtet, um gegebenenfalls die Kontrolle über palästinensische Flüchtlinge zu behalten, hieß es am Donnerstag aus ägyptischen Sicherheitskreisen.

Weitere 1,1 Milliarden für Ukraine

Deutschland und Frankreich unterzeichnen Sicherheitsabkommen mit Ukraine

Berlin – Deutschland hat der Ukraine ein weiteres Waffenpaket im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro zugesagt. Es enthalte unter anderem die Lieferung von 36 Panzer- beziehungsweise Radhaubitzen aus Industriebeständen, 120.000 Schuß Artilleriemunition, zwei weitere Luftverteidigungssysteme sowie Flugkörper vom Typ Iris-T, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski in Berlin.

Mit der zuvor unterzeichneten Sicherheitsvereinbarung zwischen beiden Ländern gehe man »einen historischen Schritt weiter«, sagte Scholz. Das Dokument könne in seiner Bedeutung unterschätzt werden. Es lege fest, daß Deutschland die unabhängige Ukraine weiterhin »bei ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg« unterstützen werde – »as long as it takes«, versicherte Scholz erneut, »So lange, wie nötig«. Darüber hinaus werde man die ukrainischen Partner »beim Aufbau moderner, wehrhafter Streitkräfte unterstützen, um jeden zukünftigen Angriff abzuschrecken«.

Am Abend war der Abschluß einer ähnlichen Vereinbarung mit Frankreich geplant. Eine erste bilaterale Sicherheitsvereinbarung hatte bereits Britannien mit der Ukraine geschlossen.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine hätten in den vergangenen beiden Jahren »eine ganz neue Qualität erreicht«, sagte Scholz. Für die militärische Unterstützung der Ukraine habe Deutschland 2024 rund 7,1 Milliarden Euro und 6 Milliarden Euro als Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre bereitgestellt. Insgesamt habe Deutschland für die militärische Unterstützung der Ukraine mittlerweile Leistungen und Mittel sowie Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 28 Milliarden Euro erbracht. Damit sei Deutschland der zweitgrößte militärische Unterstützer der Ukraine.

Rußland lädt Palästinenser-Fraktionen ein

Moskau – Rußland lädt palästinensische Organisationen für den 29. Februar zu einem Treffen in Moskau ein, sagte Vizeaußenminister Michail Bogdanow am Freitag. Ziel sei, den verschiedenen palästinensischen Fraktionen zu helfen, ihre Reihen politisch zu schließen.

»Wir gehen davon aus, daß die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) die legitime Vertretung des palästinensischen Volkes ist und bleibt, sie ist von der internationalen Gemeinschaft und uns anerkannt«, sagte Bogdanow. Aber es seien auch Organisationen außerhalb der PLO eingeladen wie die Hamas oder der Islamische Dschihad. Sie sind verantwortlich für die Angriffe auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023 und die Verschleppung israelischer Geiseln in den Gazastreifen.

Die PLO wurde 1964 als Vertretung der Palästinenser gegründet und 1974 von der UNO anerkannt. Sie dient als Dachverband mehrerer palästinensischer Gruppierungen, die größte ist die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Die Fatah und die Hamas – die beiden größten Palästinenserorganisationen – waren in den vergangenen Jahren politische Rivalen. Die Hamas hatte die Fatah 2007 in blutigen Machtkämpfen aus dem Gazastreifen vertrieben. Seit einigen Jahren gab es Versöhnungsgespräche zwischen beiden Gruppen.

Bogdanow sagte, Gruppen aus Syrien, dem Libanon und anderen Ländern seien an dem kommenden Treffen ebenfalls beteiligt. Er rechne mit 12 bis 14 Organisationen, die an der Konferenz bis zum 1. oder 2. März teilnehmen werden. Es handelt sich um das dritte derartige Forum. Moskau versuche, auf die Konfliktparteien einzuwirken, sagte Bogdanow. »Wir setzen die Kontakte mit Vertretern der Hamas und mit den israelischen Kollegen fort.«

EU soll eigene Rüstungsindustrie aufbauen

München – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die wachsenden Investitionen der EU-Staaten in Waffen, Munition und Soldaten für den Aufbau einer »neuen europäischen Verteidigungsindustrie« nutzen. »Wir müssen mehr investieren, wir müssen besser investieren und wir müssen europäisch investieren. Deswegen werden wir als Kommission im kommenden Monat eine Strategie zur europäischen Verteidigungsindustrie vorlegen«, sagte die CDU-Politikerin am Freitag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Von der Leyen betonte, »europäisch investieren« bedeute, »den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Europa zu sagen, daß die Milliarden für die Verteidigungsindustrie so investiert würden, daß gute Jobs daraus auch hier in Europa entstehen«. Wichtig sei ihr dabei, diese Investitionen in enger Abstimmung mit der NATO zu koordinieren.

Borrell für Appell der EU-Staaten an Israel

München – Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will die EU-Staaten zu einem gemeinsamen Appell an die israelische Regierung bewegen. Ziel sei es, »formal darum zu bitten, keine neue Militäroffensive im Süden des Gazastreifens zu starten«, sagte Borrell am Freitag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Er hoffe, daß es im Kreis der 27 EU-Staaten die erforderliche Einstimmigkeit dafür geben werde.

Anlaß der Initiative von Borrell sind die Planungen der israelischen Armee für eine Offensive in Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens. In der Stadt leben derzeit mehr mindestens 1,4 Millionen Zivilisten – die meisten von ihnen sind Flüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens.

Schmuckbranche klagt

»Diamanten-Einfuhrverbot schadet uns mehr als Rußland«

Pforzheim – Das Einfuhrverbot für russische Diamanten verfehlt nach Einschätzung der deutschen Schmuck- und Uhrenindustrie das Ziel und schadet eher anderen. Nicht zuletzt dürften Umsätze sinken. »Wir fürchten einen Preisanstieg aufgrund stark erhöhter Kosten in der Lieferkette, vor allem für die nicht russischen Diamanten«, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien (BVSU) mit Sitz in Pforzheim, Guido Grohmann, am Freitag. »Der Schaden für unsere Industrie wird deutlich größer sein als für den russischen Diamanthandel.«

Sowohl die EU als auch die G7 wollen russische Einnahmen aus dem Diamantenexport beschneiden und haben Sanktionen verhängt. »Das wenige, was wir zu den Umsetzungsvorhaben wissen, läßt befürchten, daß die wirklich Betroffenen von den Sanktionen nicht in Rußland sitzen, sondern an den Minen in Afrika und bei den Schleifern und Händlern in Indien und anderen Plätzen der Welt«, sagte Grohmann.

Nawalny in Haft gestorben

Moskau Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Justizangaben in einem Straflager jenseits des Polarkreises gestorben. Der 47-jährige Nawalny sei am Freitag nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen offiziell mit.

Der Tod des Oppositionspolitikers löste in vielen Ländern Bestürzung aus. Politiker warfen Putin und dem russischen Justizsystem einen »politischen Mord« vor. »Am 16.2.2024 hat sich der Gefangene Alexej Nawalny nach einem Hofgang in der Strafkolonie Nr. 3 unwohl gefühlt und hat fast sofort das Bewußtsein verloren«, zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass aus der Mitteilung der Gefängnisverwaltung. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. »Die Notärzte stellten seinen Tod fest. Die Gründe des Todes werden untersucht«, hieß es. Die Strafvollzugsbehörde entsandte eine Kommission in das Lager, um den Tod zu untersuchen. Auch das Staatliche Ermittlungskomitee leitete ein Verfahren ein.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz rief Nawalnys Frau Julia die Weltgemeinschaft auf, »gegen Putin und sein Regime zusammenzustehen und es zu besiegen«. Eine Bestätigung für den Tod ihres Mannes habe sie nicht. Nawalnys Team erklärte, es habe bislang keine Bestätigung des Todes. Sein Anwalt Leonid Solowjow sagte der Zeitung »Nowaja Gasjeta«: »Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts.«


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