Riesiger Eisberg in östlicher Antarktis abgebrochen
Im Osten der Antarktis ist ein riesiger Eisberg abgebrochen. Der rund 1.200 Quadratkilometer – etwa der Größe der Stadt Rom entsprechende – Koloß soll Mitte März seine Verbindung zum Festland verloren haben, berichtete der britische »Guardian« am Freitag unter Berufung auf Polarforscher. Zuvor hatte bereits das Nationale Eiszentrum der USA bestätigt, der bisher als Conger-Eisschelf bekannte Eisberg habe sich abgelöst. Als Eisschelf oder Schelfeis werden große Eisplatten bezeichnet, die auf dem Meer schwimmen, aber mit dem Festland verbunden sind.
Die NASA-Expertin Catherine Colello Walker beschrieb das Ereignis im »Guardian« als »einen der bedeutsamsten Abbrüche in der Antarktis seit den frühen 2000er Jahren«. Zwar rechnet die Forscherin nicht mit größeren Auswirkungen, warnte jedoch: »Es ist ein Anzeichen für das, was kommen mag.«
Das Conger-Eisschelf habe schon Mitte des ersten Jahrzehnts nach der Jahrtausendwende zu schrumpfen begonnen, aber nur sehr allmählich – erst Anfang 2020 habe sich das Tempo dann deutlich erhöht, sagte Walker. Am 4. März dieses Jahres sei die Oberfläche des Eisbergs dann nur noch halb so groß gewesen wie noch im Januar. Satellitendaten zufolge soll der Koloß kurz danach angefangen haben, sich in Bewegung zu setzen.
Der Experte Matt King, der in Australien ein antarktisches Forschungszentrum leitet, geht nicht davon aus, daß der Abbruch des Eisschelfs zu einem starken Meeresspiegelanstieg führen wird, da der Gletscher dahinter ziemlich klein sei. Aber: »Wir werden angesichts der Erderwärmung mehr Schelfeis abbrechen sehen«, warnte King in der britischen Tageszeitung. »Wir werden riesige Eisberge, viel größer als diesen, abbrechen sehen, die bisher große Eismassen zurückhalten – genug, um den weltweiten Meeresspiegel deutlich ansteigen zu lassen.«
Im Osten der Antarktis ist zur Zeit nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) eine »außergewöhnliche und beispiellose Hitze« zu beobachten. So seien an der Forschungsstation »Concordia« am 18. März minus 12,2 Grad gemessen worden, hieß es zu Wochenbeginn. Das sei 40 Grad wärmer als für diese Region im langjährigen Durchschnitt um diese Jahreszeit üblich, und 20 Grad mehr als der vorherige Rekord im März.
Die ganze Region gilt eigentlich als trockenste, windigste und kälteste Region der Welt. Grund für die beispiellosen Temperaturen sei ein »atmosphärischer Fluß«, erklärten Meteorologen. Als atmosphärischer Fluß wird ein Band mit feuchtigkeitsgesättigter Luft ein paar Kilometer über der Erdoberfläche bezeichnet, der Wärme und Feuchtigkeit transportiert. Nun sei weitere Forschung angebracht, betonten viele Experten – auch, um einen möglichen Zusammenhang mit dem Abbruch des Eises zu klären.