Leitartikel26. August 2009

Anregungen allein reichen nicht

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Wer keinen Schulabschluss vorzeigen kann, riskiert von der Schulbank den direkten Weg in die Arbeitslosigkeit. Ohne Diplom sind die Aussichten heutzutage jedenfalls so gut wie inexistent, bei der Jobsuche fündig zu werden. Auch sollten sich junge Menschen rechtzeitig über Möglichkeiten und Aussichten informieren, die der Arbeitsmarkt bietet. Anders ausgedruckt: Angeraten wird, in erster Linie nur mehr Berufe zu erlernen, die der Markt benötigt und so die Gefahren eventuell geringer sein werden, später beim Arbeitsamt Schlange stehen zu müssen.

So in etwa sahen vor etwas mehr als zwei Jahren bei der Analyse der Jugendarbeitslosigkeit in Luxemburg die Schlussfolgerungen der Regierung aus. Seither hat sich nichts geändert. Echte Alternativen hat die Politik nach wie vor nicht anzubieten. Die Schaffung von Arbeitsplätzen, die auch Arbeitsuchenden mit geringerer Qualifikation zugänglich wären – beispielsweise in der Holzindustrie oder im Gemüse- und Obstanbau – sieht das neue Koalitionsabkommen genau so wenig vor wie klar definierte Wege, die im multikulturellen Luxemburg zu mehr Chancengleichheit führen würden und somit die Aussichten vieler Ausländerkinder (sind inzwischen in der Mehrheit) mit Sprachschwierigkeiten oder aus sozial benachteiligten Familien auf einen erfolgreichen Schulabschluss verbessern würden.

Als im Juli das letzte Schuljahr zu Ende ging, waren fast 2.000 junge Menschen (-26 Jahre) bei der Adem als Arbeitslose eingeschrieben. Eine Situation, die sich noch deutlich verschlechtern dürfte, denn alles deutet darauf hin, dass aufgrund der kapitalistischen Wirtschaftskrise die Schlangen vor den Büros der Arbeitsmarktverwaltung in den nächsten Wochen und Monaten um ein Vielfaches länger werden – Näheres darüber ist womöglich schon morgen im Anschluss an die Sitzung des Konjunkturkomitees zu erfahren.

Besorgniserregend dabei ist, dass nahezu die Hälfte aller jungen Arbeitslosen lediglich ein Bildungsniveau vorweisen kann, das nicht über die neunjährige obligatorische Schulausbildung hinausgeht. Allerdings zeigen die Statistiken auch, dass bei der Suche nach einem Arbeitsplatz sogar die Ausbildung in einem technischen Lyzeum nicht mehr unbedingt ein Trumpf sein muss. Denn deutlich mehr als die Hälfte aller jungen Arbeitslosen haben zuvor den technischen Sekundarunterricht befolgt – wovon allerdings etwa 25 Prozent die Ausbildung vorzeitig abbrachen.

Die Jugend nur anzuregen, die Schule nicht ohne Diplom zu verlassen, flexibler zu sein, rechtzeitig den Arbeitsmarkt zu erkunden und trotz Studium auch mal für niedrigere Löhne zu arbeiten, reicht für einen erfolgreichen Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorne und hinten nicht aus. Es müssen andere Alternativen her.

Stellen Sie sich junge Fußballer vor, denen man Schnelligkeit, Ballbehandlung und Schusstechnik beibringen möchte, es jedoch unterläßt, sie mit Ball und Fußballschuhen auszustatten. Trotz bester Ratschläge werden sie nie zu guten Spielern werden. Um dies zu erreichen, müssen sie mit dem richtigen Material ausgerüstet werden. Und dazu gehören eben in erster Linie ordentliche Sportschuhe (Reform des Bildungsunterrichts, mit als erste Maßnahme die Einführung einer ganztägigen öffentlichen Gesamtschule) und ein Ball (Arbeitsplätze für Menschen mit geringerer Qualifikation).

Ohne die werden künftige Erfolge ausgeschlossen sein.

gilbert simonelli