Luxemburg24. März 2023

Halbleere Auftragsbücher, Liquiditätsprobleme und rückläufige Gewinnmargen

Die Krise ist bei den Architekten und beratenden Ingenieurbüros angekommen

von Ali Ruckert

Die Baukrise hat inzwischen auch die Architektur- und beratenden Ingenieurbüros erreicht. Auszumachen ist dies unter anderem daran, dass deutlich weniger Zertifikate, die Bauanträgen bei allen möglichen Bauprojekten, Wohnungsbau­projekten und Teil­be­bau­ungs­plänen beigelegt werden müssen, beantragt werden.

Aus diesem Grund startete der »Ordre des architectes et des ingénieurs-conseils« (OAI) eine Konjunkturumfrage bei seinen Mitgliedern, um zu erfahren, für wie lange deren Auftragsbücher noch gefüllt sind, wie groß die Liquidität der Betriebe ist, und wie sich die Gewinnspanne entwickelt.

Allerdings antworteten nur 111 der 779 OAI-Mitglieder, darunter 79 von 404 direkt im Baugewerbe tätige Architekturbüros und 28 von 216 beratenden Ingenieurbüros auf die Umfrage.

Von den 111 Unternehmen gaben mehr als die Hälfte an, die gegenwärtige wirtschaftliche und finanzielle Lage ihres Betriebs sei noch zufriedenstellend, jedes fünfte Unternehmen bezeichnete die Situation hingegen als schlecht. Bei den Betrieben, die weniger als sechs Beschäftigte zählen, waren das sogar 26 Prozent. Zwei Drittel der Betriebe rechnen nicht damit, dass sich die Situation während der nächsten sechs Monate verbessern wird.

Viel Kopfzerbrechen machen die Auftragsbücher. Knapp die Hälfte aller OAI-Mitglieder, die sich zurückmeldeten, gaben an, dass ihre Auftragsbücher für weniger als sechs Monate gefüllt sind; bei den Betrieben bis zu fünf Mitarbeitern waren es sogar mehr als zwei Drittel. Ungewöhnlich ist auch, dass die auf drei Jahre angelegten Auftragsbücher von knapp zwei Drittel der Unternehmen gegenwärtig zu mindestens drei Viertel leer sind. So schlimm war die Situation nicht einmal während der Krise von 2008/2009.

Besorgniserregend für vie­le Architekten, beratende Ingenieure, Innenarchitekten und Stadtplaner ist zudem, dass sie möglicherweise demnächst vor Liquiditätsproblemen stehen könnten. Mehr als jeder zweite Betrieb schätzt, dass seine Zahlungsfähigkeit weniger als drei Monate be­trägt, weitere 30 Prozent geben eine Liquidität von bis zu sechs Monaten an.

42 Prozent der Teilnehmer an der Konjunkturfrage beklagen eine Stagnation ihrer Gewinnspanne, 36 Prozent einen Rückgang.

Vor einer Konzentration zu Lasten der kleinen Betriebe?

Alles deutet darauf hin, dass die Krise im Bausektor – so wie das für andere Unternehmensbereiche bei kapitalistischen Krisen der Fall ist – auch im Bereich der Architekten und den beratenden Ingenieurbüros zu einer Konzentration und Zentralisation führen könnte, deren Opfer in erster Linie viele kleine Unternehmen und deren Beschäftigten sein könnten.

Das System ist das Problem, welche solche Krisen immer wieder produziert, aber der »Ordre des architectes et des ingénieurs-conseils« beschränkt sich darauf, nach dem Staat zu rufen und die öffentliche Hand an ihre »wesentliche Rolle als antizyklische Investoren« zu erinnern. Sollte die Lage sich weiter verschlimmern, so die OAI an die Adresse der Regierung, seien »spezifische Hilfen zusätzlich zu diesen Investitionen erforderlich, um einen Zusammenbruch des gesamten Sektors zu verhindern«.