Ausland16. März 2010

Friedenskämpfer im Kalten Krieg

Er war ein Symbol für die politische Justiz der BRD: Vor wenigen Tagen starb der Kommunist Jupp Angenfort

Der Kommunist und Nazigegner Josef »Jupp« Angenfort ist tot. Das teilte der Antifaschistische Koordinierungskreis Düsseldorf und Neuss (Antifa-KOK) am Wochenende mit. »Wenn einer wie er geht, hinterläßt er eine Lücke, die nicht zu füllen ist«, heißt es in der Erklärung.

Jupp Angenfort wurde 1924 in Düsseldorf geboren. Im Zweiten Weltkrieg mußte er wie Tausende andere in der deutschen Wehrmacht dienen. Als Gefangener in der Sowjetunion kam er 1943 in Kontakt mit der kommunistischen Idee. »Am ersten Tag der Kriegsgefangenschaft brach das ganze Lügengebäude zusammen, mit dem man uns in den Krieg und in die Schlacht gejagt hatte«, sagte er später. Jupp Angenfort schloß sich dem von deutschen Kommunisten und anderen Antifaschisten in der Sowjetunion gegründeten »Nationalkomitee Freies Deutschland« an, wurde Mitarbeiter einer antifaschistischen Schule für deutsche Kriegsgefangene und blieb es bis zu seiner Entlassung im Dezember 1949.

Vier Jahre nach Kriegsende kehrte Jupp Angenfort in seine Heimatstadt Düsseldorf zurück, und wurde bald darauf Vorsitzender der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) in Westdeutschland. 1951 kandidierte er für die KPD bei den Landtagswahlen und wurde zum jüngsten Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen gewählt. Als die FDJ einen Generalstreik propagierte, falls der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) die Pariser Verträge mit den Westmächten unterzeichnete, geriet Jupp Angenfort erstmals ins Visier der bundesdeutschen Strafverfolger.

Am 26. Juni 1951 wurde die FDJ, die gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands aktiven Widerstand leistete, von der westdeutschen Justiz verboten. Die FDJ war im Londoner Exil von jungen Antifaschisten gegründet worden. Im Verbotsurteil heißt es, sie sei »eine Vereinigung, deren Tätigkeit auf die Begehung strafbarer Handlungen, insbesondere auf die Durchführung von Mal- und Klebeaktionen, von verbotenen Demonstrationen und die Herausgabe und Verteilung illegalen, die Staatsorgane beleidigenden Schrifttums gerichtet ist.«

Am 12. März 1953 wurde der KPD-Abgeordnete Jupp Angenfort von Polizisten aus seinem Auto gezerrt und verschleppt – eine illegale Aktion, denn als Landtagsabgeordneter genoß er Immunität. Zwar wurden ihm keine Verbrechen oder Vergehen nachgewiesen. Dem Festgenommenen wurde »Zusammenwirken mit den Machthabern der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands« (gemeint war die 1949 gegründete DDR) vorgeworfen, um »ein Gewaltsystem bolschewistischer Prägung vorzubereiten«. Er wurde 1955 vom Bundesgerichtshof wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, wegen Geheimbündelei und als Rädelsführer einer verfassungsfeindlichen Vereinigung zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Wegen »Uneinsichtigkeit« des Angeklagten wurden sechs Monate der erlittenen Untersuchungshaft nicht anerkannt.

Im August 1956 wurde auf Antrag der CDU-Regierung unter Kanzler Konrad Adenauer – nach dem auch in Luxemburg auf Kirchberg ein Boulevard benannt ist – die KPD vom Bundesverfassungsgericht verboten. Im April 1957 wurde der Kommunist Jupp Angenfort von Bundespräsident Theodor Heuss begnadigt.

Jupp Angenfort wurde 1957 zum Mitglied des Politbüros der verbotenen KPD gewählt und arbeitete selbst unter den Bedingungen der strikten Illegalität. Im April 1961 widerrief Bundespräsident Heinrich Lübke den Beschluß seines Amtsvorgängers; am 28. Februar 1962 wurde Jupp Angenfort erneut verhaftet und im Untersuchungsgefängnis München Stadelheim eingekerkert.

Während eines Gefangenentransports gelang ihm allerdings die Flucht. Er ging erneut in die Illegalität und setzte sich später in die DDR ab. Nach der Gründung der DKP im Jahre 1968 fuhr Jupp Angenfort mehrfach illegal zu Auftritten auf Parteiveranstaltungen in die Bundesrepublik, bei einer dieser Reisen wurde er im März 1969 festgenommen, jedoch am 23. April wieder auf freien Fuß gesetzt.

Von 1969 bis 1989 war Jupp Angenfort Mitglied des Präsidiums der DKP und arbeitete als Leiter der Abteilungen für Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik des DKP-Parteivorstandes.

Ab 1988 war er außerdem Landesvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten in Nordrhein-Westfalen und Mitglied der Leitung der VVN-BdA auf Bundesebene.

Als »Symbol politischer Strafverfolgung, die im Kalten Krieg allzu hitzig verfuhr«, bezeichnete ihn das Magazin »Der Spiegel« 1969. Am Samstag, dem 13. März 2010 um 2 Uhr morgens ist Jupp Angenfort in Düsseldorf verstorben.