Luxemburg12. November 2020

Gegenwind für Meischs Privatisierungsgesetz

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich das Syndikat Erziehung und Wissenschaft (SEW) im OGBL, die in der Staatsbeamtengewerkschaft CGFP organisierten APESS (Association des professeurs de l’enseignement secondaire et supérieur) und ALPIA (Association Luxembourgeoise des Professeurs-Ingénieurs et Professeurs-Architectes) sowie die Association des Chargés de l’Enseignement National (ACEN) und die Nationale SchülerInnen-Union UNEL am Montag gegen »einen weiteren großen Schritt hin zur Privatisierung der öffentlichen Schule« durch Erziehungsminister Claude Meisch gewandt. Kritisiert wird auch, daß Meischs Privatisierungsvorhaben, mit dem sich das Parlament laut Programm am morgigen Mittwoch beschäftigen soll, »mitten in der Covid-Krise« durchgeboxt werden soll.

Ohne Konsultation der zuständigen Gewerkschaften, heißt es in der Erklärung, habe Meisch im September ein Gesetzesprojekt ins Parlament eingebracht, das es künftig erlauben soll, »Direktionsposten mit Personen aus dem Privatsektor zu besetzen, die weder pädagogisch ausgebildet wurden noch die drei administrativen Sprachen beherrschen müssen«. Die Rechtfertigung des Ministers, er finde nicht genügend Interessenten unter den verbeamteten Lehrern, habe sich bereits als unbegründet erwiesen.

Meischs Gesetzesprojekt sehe vor, daß hohe Beamtenposten künftig »nach dem Prinzip der Vetternwirtschaft nach rein subjektiven Kriterien besetzt werden, ohne daß die bisher gesetzlich festgelegten Kriterien eingehalten werden müssen«. Zudem sollten die künftigen Direktoren aus dem Privatsektor angehende Lehrer während ihres Referendariats bewerten und in den »conseils de classe« sogar über die Versetzung von Schülern mitentscheiden. Und das alles, »ohne über jegliche pädagogischen Vorkenntnisse zu verfügen«. Meischs Vorhaben stelle »unweigerlich eine weitere Abwertung des Lehrerberufs und der öffentlichen Schule dar«, befürchten die Gewerkschaften.

Sie sehen in dem Gesetzesprojekt einen »Angriff auf die öffentliche Schule« sowie einen »Schlag ins Gesicht der Lehrkräfte Luxemburgs und ihrer Gewerkschaften«. Während man gerade alle Kräfte darauf konzentriere, »den öffentlichen Schulbetrieb vor dem Kollaps zu bewahren«, habe Meisch offensichtlich nichts Besseres zu tun, »als alle zu hintergehen, die sich für eine starke öffentliche Schule einsetzen«.

Während scharfe Kritik gestern auch von der größten Oppositionspartei CSV kam, beeilte sich Minister Meisch mitzuteilen, von dem Gesetzesprojekt seien doch »nur« das Technische Lyzeum für Gesundheitsberufe (LTPS), das LTPES, wo Erzieher und Sozialpädagogen ausgebildet werden, die Ackerbauschule in Ettelbrück sowie die Hotel- und Tourismusschule in Diekirch betroffen, die CGFP hatte aber bereits am Freitag gewarnt, eine Ausweitung der neuen Einstellungskriterien sei zu befürchten.

An alle Deputierten appellierten SEW, APESS, ALPIA, ACEN und UNEL, morgen in der Chamber gegen das Gesetzesprojekt 7662 zu stimmen und sich so »für den Erhalt einer starken öffentlichen Schule einzusetzen«. Um ihre Forderungen zu unterstreichen, rufen die Gewerkschaften für Mittwoch ab 13.30 Uhr zu einer Protestkundgebung vor dem hauptstädtischen Cercle municipal auf. Dort tagt die Chamber in der Coronakrise.

oe