Ausland25. April 2023

Das Lithium soll Chile gehören

Reichtum soll gerechter verteilt werden. Batterieproduzenten befürchten Verlust von Privilegien

von Volker Hermsdorf

Präsident Gabriel Boric will Chiles Lithiumindustrie verstaatlichen. Dies sei die beste Chance für Wachstum und den Aufbau einer entwickelten Wirtschaft, erklärte er am Donnerstag (Ortszeit) im Fernsehen des Landes (die »Zeitung« berichtete). Lithiumverträge würden künftig nur noch als »öffentlich-private Partnerschaften« unter staatlicher Kontrolle vergeben, kündigte Boric an.

Bisher liegt der Abbau in den Händen von Unternehmen wie der chilenischen Sociedad Química y Minera (SQM) und des US-amerikanischen Konzerns Albemarle, die unter anderem Tesla, LG Energy sowie andere Autobauer und Batterieproduzenten beliefern.

»Heute stellen wir eine nationale Lithiumstrategie vor, die technisch solide und ehrgeizig ist«, erklärte der Staatspräsident. Die Verstaatlichung solle dazu beitragen, »ein Chile aufzubauen, in dem der von uns allen erwirtschaftete Reichtum gerechter verteilt wird«. Chile ist der weltweit zweitgrößte Produzent des für Batterien von Elektrofahrzeugen wichtigen Leichtmetalls und verfügt über die größten bekannten Reserven. Die Regierung werde laufende Verträge nicht kündigen, hoffe aber, daß die Unternehmen für eine staatliche Beteiligung offen seien, bevor diese ausliefen, sagte er.

Laut der Agentur Reuters läuft der Vertrag von SQM 2030 aus, der von Albemarle 2043. Durch den »schockierenden Vorstoß« des chilenischen Präsidenten, so die Agentur, würde die Kontrolle über Chiles Lithiumindustrie mit der Zeit von den Branchenriesen auf ein staatliches Unternehmen übertragen. Da immer mehr Länder ihre natürlichen Ressourcen schützten, stelle dies eine neue Herausforderung für die Hersteller von Elektrofahrzeugen dar, die Batteriematerialien bräuchten. Mexiko hatte seine Lithiumvorkommen im vergangenen Jahr verstaatlicht.

Wie das Portal »Bloomberg« berichtete, plant Chiles Regierung die Einrichtung eines Lithiuminstituts und will Investitionen in die nachgelagerte Industrie fördern, um einen größeren Teil des Booms bei E-Autos abzuschöpfen, anstatt nur halbverarbeitetes Material an ausländische Werke zu schicken. In der vergangenen Woche habe das chinesische Unternehmen BYD, der weltweit größte Hersteller von Elektro- und Hybridfahrzeugen, Zugang zu Vorzugspreisen für die Herstellung von Lithiumkarbonat in Batteriequalität erhalten, berichtet »Bloomberg«. Die entsprechende Anlage soll bis Ende 2025 in Betrieb gehen.