Ausland16. September 2025

UNO-Generalversammlung fordert Staat Palästina

von Karin Leukefeld

Mit überwältigender Mehrheit hat die UNO-Generalversammlung für eine Resolution gestimmt, mit der »spürbare, zeitgebundene und unumkehrbare Schritte« hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern gefordert wird. An der Abstimmung am vergangenen Freitag nahmen 164 der 193 UNO-Mitgliedstaaten teil. 142 stimmten für die Resolution, 10 Staaten stimmten dagegen und 12 Staaten enthielten sich.

Am 22. September beginnt die UNO-Generalversammlung in New York 80 Jahre nach der offiziellen Gründungsversammlung der Organisation der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1945. Britannien, Frankreich, Kanada, Australien und Belgien haben angekündigt, im Rahmen der diesjährigen UNO-Generalversammlung einen Staat Palästina anzuerkennen.

Westliche Medien betonten, die Resolution vom Freitag verurteile die Angriffe der Hamas am 7. Oktober 2023, die den aktuellen Krieg gegen Gaza »ausgelöst« hätten. Auch die Angriffe Israels auf die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur, die Belagerung und Hungersnot in Gaza werde verurteilt. Der französische Außenminister Jean-Noel Barrot betonte, die Resolution sichere »die internationale Isolation der Hamas«. Zum ersten Mal habe die UNO-Generalversammlung einen Text angenommen, »der sie (die Hamas) für ihre Verbrechen verurteilt und sie aufruft, sich zu ergeben und die Waffen abzugeben«, so Barrot in einer Nachricht auf dem Internetportal X.

Wer stimmt wie ab?

Unter den 142 Befürwortern finden sich mit China, Frankreich, Britannien und Rußland vier der fünf Ständigen Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat. Auch alle EU-Mitgliedstaaten – bis auf Ungarn – haben der Resolution zugestimmt.

Zu den zehn Gegnern der Resolution gehören die USA und Israel, Argentinien, Ungarn sowie Mikronesien, Nauru, Palau, Papua Neu Guinea, Paraguay und Tonga.

Die zwölf Staaten, die sich enthalten haben, sind Albanien, Kamerun, Tschechien, Demokratische Republik Kongo, Ecuador, Äthiopien, Fiji, Guatemala, Nordmazedonien, Moldawien, Samoa, Südsudan,

Die Resolution

Bei der jetzt von der UNO-Generalversammlung verabschiedeten Erklärung handelt es sich um ein siebenseitiges Papier, das am Ende einer UNO-Konferenz Ende Juli 2025 verabschiedet worden war. Die Konferenz war von Frankreich und Saudi-Arabien am Sitz der UNO in New York ausgerichtet worden, sie wurde von den USA und Israel boykottiert.

Die Sprache der Erklärung berücksichtigt nicht die zurückliegenden 80 Jahre israelischen Krieges gegen Palästina – Morde, die Vertreibung, die Besatzung, den Bau der Mauer im Westjordanland, Vertreibung aus Ostjerusalem, mehr als 17 Jahre Blockade gegen den Gaza-Streifen, um nur einiges zu nennen – sondern benutzt die bei der Organisation der Vereinten Nationen und generell international geläufige allgemeine und damit unkonkrete Diplomatensprache.

Erstens wird ein Ende des Krieges »zwischen Israel und der palästinensischen Hamas im Gazastreifen« gefordert. Zweitens wird »nach dem Waffenstillstand« eine »unverzügliche« Einrichtung eines Ausschusses für eine Übergangsverwaltung gefordert, die »unter der Schirmherrschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde im Gazastreifen« tätig sein soll. Drittens wird die Entsendung einer vorübergehenden »internationalen Stabilisierungsmission im Auftrag des UNO-Sicherheitsrates« gefordert.

Viertens wird die israelische Regierung aufgefordert, »sich öffentlich klar zur Zwei-Staaten-Lösung zu bekennen, einschließlich eines souveränen und lebensfähigen palästinensischen Staates«. Gewalt und Hetze gegen Palästinenser müssen sofort beendet und jede Besiedlung, Landnahme und Annexion »in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ostjerusalem« eingestellt werden.

Gegen gewalttätige extremistische Siedler und alle, die illegale Siedlungen unterstützen, sollten »restriktive Maßnahmen« ergriffen werden und gezielte Maßnahmen sollen »gegen Organisationen und Einzelpersonen« ergriffen werden, »die durch Gewalt oder Terrorakte und unter Verletzung des Völkerrechts gegen den Grundsatz der friedlichen Lösung der Palästinafrage verstoßen«. Außerdem werden die regionale Integration und die Unabhängigkeit eines palästinensischen Staates als »miteinander verflochtene Ziele« beschrieben.

Weiter heißt es: »Nur durch die Beendigung des Krieges im Gazastreifen, die Freilassung aller Geiseln, die Beendigung der Besatzung, die Ablehnung von Gewalt und Terror, die Verwirklichung eines unabhängigen, souveränen und demokratischen palästinensischen Staates, die Beendigung der Besatzung aller arabischen Gebiete und die Gewährung solider Sicherheitsgarantien für Israel und Palästina können normale Beziehungen und ein friedliches Zusammenleben zwischen den Völkern und Staaten der Region erreicht werden.« Von Bedeutung ist hier, daß Sicherheitsgarantien nicht nur für Israel, sondern auch für einen künftigen Staat Palästina gefordert werden.

Palästina – aber wo?

Weltweit haben bisher 147 UNO-Mitgliedstaaten den Staat Palästina anerkannt. Keiner konnte oder wollte bisher verhindern, daß Israel seit seiner gewaltsamen Gründung 1948 systematisch gegen die Palästinenser vorgegangen ist.

Die ersten Überlegungen zur Schaffung zweier Staaten auf dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina gehen auf die britische Peel-Kommission zurück, die 1937 einen Vorschlag vorlegte. Zum Ende der britischen Mandatszeit im Jahr 1948 legte die neu gegründete UNO 1947 einen Teilungsplan vor. Rest-Palästina westlich des Flusses Jordan sollte in einen Staat für Juden und einen Staat für Araber aufgeteilt werden. Jerusalem (mit Bethlehem) sollte als »Corpus Separatum« unter internationale Kontrolle gestellt werden.

Alle arabischen Staaten lehnten die Zerteilung Palästinas ab und begannen gegen Israel 1948 einen Krieg, der 1949 mit der Eroberung weiterer Gebiete durch Israel endete. 1967 folgten weitere militärische Gebietseroberungen durch Israel. Das Westjordanland wurde trotz verschiedener Abkommen (Madrid, Oslo) weiter mit jüdischen Siedlern besiedelt.

Der Friedensvorschlag »Land für Frieden«, den die Arabische Liga im Jahr 2000 vorlegte, forderte den Rückzug der israelischen Besatzungstruppen aus den besetzten arabischen Gebieten Palästinas, des Libanon und Syriens und bot im Gegenzug Frieden an. Israel lehnte ab – und die Entwicklung zeigt, daß Israel nie an einer Verhandlungslösung mit den Palästinensern interessiert war.

2024 beschloß die israelische Parlement, die Knesset, einen Staat Palästina nicht anzuerkennen. Das Vorgehen von Siedlern und der Armee im besetzten Westjordanland und der Krieg der israelischen Armee im Gaza-Streifen zielen eindeutig auf Vertreibung und Vernichtung palästinensischer Präsenz.

So beeindruckend die Abstimmung in der UNO-Generalversammlung für einen Staat Palästina ist, bleibt die Frage, wo ein palästinensischer Staat entstehen soll? Und welches Israel diesen anerkennen wird?

Foto UNO GV Palästina 12.9.25

Foto UNO GV