Ausland30. August 2022

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

IAEA-Experten auf dem Weg nach Saporoshje

Erneuter Beschuß des Atomkraftwerks

Das Atomkraftwerk Saporoshje ist nach Angaben der russischen Behörden erneut beschossen und beschädigt worden. »Die nationalen Verbände der ukrainischen Streitkräfte schießen mit Artillerie dicht neben die Reaktorblöcke des AKW Saporoshje«, teilte die russische Militärverwaltung der Stadt Energodar im Süden der Ukraine am Montag mit. Dabei wurde ein Gebäude beschädigt, in dem atomarer Brennstoff lagerte. Beim Beschuß sei das Dach der Uran-Lagerhalle beschädigt worden. Entsprechende Fotos veröffentlichte auch der Militärgouverneur des Gebiets Wladimir Rogow auf seinem Telegram-Kanal. Die Schüsse seien von einer aus USA-Beständen stammenden Haubitze vom Typ M777 abegefeuert worden.

Am Montag ist ein Team der Internationalen Atomenergieagentur IAEA nach Energodar aufgebrochen, um die Sicherheit des Atomkraftwerks zu überprüfen. Die Gruppe unter Führung von IAEA-Chef Rafael Grossi wird allerdings erst im Laufe der Woche vor Ort erwartet. Unser Foto zeigt die Experten bei den Vorbereitungen vor ihrem Abflug aus Wien.

 

Am Wochenende hatten russische Truppen über den Abschuß einer bewaffneten ukrainischen Drohne direkt über einem der sechs Reaktoren berichtet. Rußland wies darauf hin, die Ukraine wolle mit solchen Provokationen einen Besuch von IAEA-Experten in dem AKW verhindern.

 

Bahnstreik in den Niederlanden

Am vierten Tag in Folge streiken in den Niederlanden auch am heutigen Dienstag die Beschäftigten der staatlichen Eisenbahn für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Der Fernverkehr ins Ausland wird komplett eingestellt. Auch innerhalb der Niederlande werden die meisten Züge ausfallen, nur die von anderen Unternehmen betriebenen Regionallinien bleiben in Betrieb, teilten die Eisenbahnen am Montag mit. Am Mittwoch hatten Bahnmitarbeiter in den Provinzen Friesland, Groningen und Drenthe sowie in Teilen von Flevoland und Overijssel gestreikt. Die beteiligten Gewerkschaften kündigten zudem gestaffelte Arbeitsniederlegungen in jeweils anderen Landesteilen an, sollte die Unternehmensleitung nicht auf Forderungen nach höherer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen reagieren. Am Freitag gab es einen 24-stündigen Streik in westlichen Provinzen.

 

»Weder Sieg noch Sicherheit«

UNO-Generalsekretär fordert Abschaffung von Atomwaffen

New York – Mit eindringlichen Worten hat UNO-Generalsekretär António Guterres wenige Tage vor dem Weltfriedenstag am 1. September erneut die Abschaffung von Atomwaffen gefordert. »Unsere Welt wurde lange genug von Atomwaffen als Geisel gehalten«, schrieb er am Sonntag auf Twitter. »Diese Todesgeräte garantieren weder Sieg noch Sicherheit.« Ihr einziges Ergebnis sei die Zerstörung. »Laßt uns dafür sorgen, daß die Tests für immer eingestellt werden und Atomwaffen ein für alle Mal der Geschichte angehören.«

 

IAEA-Experten reisen zum Atomkraftwerk Saporoshje

Rußland unterstützt die Inspektion

Wien – Nach längerem Tauziehen dürfen Experten der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) die Sicherheit des Kernkraftwerks Saporoshje in der Ukraine vor Ort überprüfen. »Ich bin stolz darauf, diese Mission zu leiten, die im Laufe dieser Woche im Kernkraftwerk sein wird«, twitterte IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag mit einem Foto des 14-köpfigen Teams. Der Tag sei gekommen, die Unterstützungs- und Hilfsmission nach Saporoshje sei nun auf dem Weg. »Wir müssen die Sicherheit der größten Nuklearanlage der Ukraine und Europas schützen.«

Rußland hat seine Kooperation zugesichert. Moskau sei an der Inspektion interessiert, sagte Regierungssprecher Dmitri Peskow am Montag. »Rußland ist offen für eine Zusammenarbeit.« Zugleich sicherte Peskow zu, daß die Inspekteure sicher seien. »Was die von Rußland kontrollierten Gebiete betrifft, so wird die notwendige Sicherheit garantiert.« Beim Besuch werde es aber nicht um die Frage einer möglichen entmilitarisierten Zone rund um das Kraftwerk gehen, die unter anderem die Ukraine gefordert hatte.

Eine Reise von IAEA-Fachleuten ist seit langem im Gespräch, scheiterte aber bisher unter anderem an fehlenden Sicherheitsgarantien und am Streit über die Modalitäten des Besuchs. Einzelheiten zum Zeitplan und zur Route der Gruppe wurden zunächst nicht veröffentlicht. Die 1957 gegründete IAEA wacht über die zivile Nutzung der Atomkraft und hilft beim sicheren Betrieb der Anlagen. Die Behörde unter dem Dach der UNO mit Sitz in Wien hat rund 170 Mitgliedstaaten.

Das größte Kernkraftwerk Europas mit sechs Reaktoren im Süden der Ukraine ist seit März unter Kontrolle russischer Truppen. IAEA-Experten wollen nun selbst die Sicherheitssysteme und die Schäden am AKW untersuchen, weil die Angaben aus Kiew und Moskau dazu oft widersprüchlich waren. Außerdem möchte sich die IAEA ein Bild von den Arbeitsbedingungen der ukrainischen AKW-Mitarbeiter machen, die dort ihren Aufgaben nachgehen. Obendrein wollen IAEA-Inspekteure sicherstellen, daß alles Nuklearmaterial noch an Ort und Stelle ist.

 

Von der Leyen warnt vor Abhängigkeit von China

Bled – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor einer wachsenden Abhängigkeit von anderen Staaten bei der Versorgung mit Rohstoffen für Batterien, Halbleiter und Chips gewarnt. »Wenn man den europäischen Bedarf an Lithiumbatterien betrachtet, wird er zwischen 2020 und 2025 voraussichtlich um 40 Prozent pro Jahr steigen«, sagte sie bei einer internationalen Konferenz im slowenischen Bled am Montag. China dominiere die Herstellung – 10 von 30 Grundmaterialien würden derzeit dort produziert. Die EU dürfe nicht in dieselbe Abhängigkeit wie mit Öl und Gas geraten.

Von der Leyen kündigte an, Verbindungen mit »gleichgesinnten« Partnern weltweit schließen zu wollen. Zu diesem Zweck werde sie in zwei Wochen nach Kanada reisen. Man müsse sicherstellen, daß der Zugang zu Rohstoffen »nicht als Erpressungsmittel genutzt« werde, sagte von der Leyen.

 

Regierungspalast in Bagdad gestürmt

Bagdad – Anhänger des einflußreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr haben den Regierungspalast in Bagdad erstürmt. Zuvor hatte der 48 Jahre alte Geistliche seinen Rückzug aus der Politik erklärt. In dem Gebäude in der eigentlich hoch gesicherten »Grünen Zone« liegt unter anderem das Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi.

Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Demonstranten vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen waren. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption leidet.

Bereits zum zweiten Mal seit 2014 kündigte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik an. »Ich hatte beschlossen, mich nicht in politische Angelegenheiten einzumischen, aber jetzt kündige ich meinen endgültigen Ruhestand und die Schließung aller Einrichtungen an«, twitterte er am Montag. Ausgenommen seien mit ihm direkt verbundene religiöse Einrichtungen.

Keine zwei Stunden nach der Ankündigung strömten Demonstranten in die »Grüne Zone«. Einige trugen Fotos Al-Sadrs. »Dies ist eine Revolution des Volks, keine Sadristen-Bewegung«, riefen einige. Andere forderten den »Sturz des Regimes«. Die Protestler beseitigten Barrieren, während Sicherheitskräfte versuchten, die Menge mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben. Videos zeigten bald darauf eine jubelnde Menge in den Räumen des Regierungspalasts. Das Militär verhängte eine Ausgangssperre.

 

Scholz will »Europa« mit »Reformen« stärken

Prag – Mit weitreichenden »Reformen« will der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die Europäische Union stärken und sie »für Erweiterungen fit machen«. In einer Grundsatzrede an der Karls-Universität in Prag setzte sich der SPD-Politiker am Montag für einfachere Entscheidungsprozesse, ein krisenfestes Asylsystem und eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen »Rüstung und Verteidigung« ein. Konkret kündigte er an, gemeinsam mit europäischen Nachbarn ein neues Luftverteidigungssystem aufbauen zu wollen.

»Wir müssen das Gewicht des geeinten Europas noch viel stärker zur Geltung bringen«, sagte Scholz bei seinem eintägigen Besuch in Tschechien, das derzeit in der EU die Ratspräsidentschaft führt. »Zusammen haben wir allerbeste Chancen, das 21. Jahrhundert in unserem, im europäischen Sinn mitzuprägen und zu gestalten.«

Scholz unterstützte die französische Idee für eine neue »europäische« politische Gemeinschaft, die einen engeren Austausch mit Partnern von außen ermöglichen soll. Derzeit fehle ein Forum, bei dem die Staats- und Regierungschefs der EU mit Partnerstaaten ein- oder zweimal jährlich zentrale Themen besprechen könnten – zum Beispiel in Fragen wie Sicherheit, Energie oder Klimaschutz.

Scholz warb für eine engere Zusammenarbeit im Militärbereich. Ein gemeinsames Luftverteidigungssystem wäre kostengünstiger und leistungsfähiger als nationale Lösungen. Als mögliche Partner nannte er die Niederlande, Polen, Tschechien, die Slowakei sowie die Länder im Baltikum und in Skandinavien. Scholz forderte zudem einen eigenständigen Rat der EU-Armeeminister.

Verstöße gegen »Grundwerte der Europäischen Union« sollten leichter zu einem Fall für den Europäischen Gerichtshof werden können. Scholz sprach sich dafür aus, der EU-Kommission einen neuen Weg zu eröffnen, Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten – auch bei Verstößen gegen die im EU-Vertrag festgeschriebenen »Grundwerte« wie »Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte«.

Der Kanzler plädierte für eine EU-Erweiterung um die Staaten des Westbalkans, die Ukraine, Moldau und perspektivisch auch Georgien. Um die EU fit zu machen, will er die Zusammensetzung des EU-Parlaments ändern. Auch die EU-Kommission solle ihre Arbeitsweise anpassen.

 

USA-Kriegsschiffe in Taiwan-Straße

Peking – China hat die Fahrt zweier USA-Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan als Provokation bezeichnet. Die Aktion ziele auf »eine absichtliche Sabotage des regionalen Friedens und der Stabilität« ab, sagte Zhao Lijian, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums, am Montag. China fordere die USA erneut auf, das Ein-China-Prinzip nicht weiter auszuhöhlen. Auch müsse Washington die Souveränität und territoriale Integrität anderer Länder respektieren.

Zuvor hatten am Sonntag die Lenkwaffenkreuzer »USS Antietam« und »USS Chancellorsville« die Meerenge zwischen China und Taiwan durchquert. Die 7. Flotte der US Navy teilte auf Twitter mit, daß »die Operation das Engagement der Vereinigten Staaten für einen freien und offenen Indopazifik« demonstriere.

 

Kroatiens Regierung unter Druck

Zagreb– Ein Skandal um mutmaßlichen Millionenbetrug beim teils staatlichen kroatischen Mineralölkozern INA setzt die Regierung des Landes unter Druck. Damir Skugor, Leiter der Erdgasabteilung von INA und zugleich Mitglied der konservativen Partei HDZ des Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic, wurde in diesem Zusammengang verhaftet, ebenso wie vier weitere Personen. Am Montag verlangte Plenkovic, Skugor aus der Partei auszuschließen. Die Opposition forderte, daß die Regierung zur Verantwortung gezogen werde, zumal der Staat im Aufsichtsrat von INA vertreten ist.

Skugor und seine Komplizen sollen INA um rund eine Milliarde Kuna (rund 133 Millionen Euro) geschädigt haben, indem sie von Juni 2020 bis August 2022 Erdgas unter Preis an eine befreundete Firma verkauften. Diese verkaufte das Gas danach teurer weiter. Zu den Festnahmen kam es schon am Samstag, nachdem Banken ungewöhnliche Geldflüsse angezeigt hatten – unter anderem seien auf dem Konto von Skugors Vater 500 Millionen Kuna eingegangen.

 


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