Schwarzer Samstag in Rom
Lega-Chef Salvini trommelt für faschistische Allianz zum Sturz der Regierung der Fünf Sterne-Partei mit Sozialdemokraten
Rom erlebte einen Schwarzen Samstag. Zehntausende Faschisten rotteten sich auf der Piazza San Giovanni in Laterano zusammen, um die Regierung der Fünf Sterne Bewegung (M5S) mit den Sozialdemokraten (Demokratische Partei - PD) unter dem parteilosen Premier Giuseppe Conte zu stürzen. Aufgerufen hatte der Chef der faschistischen Lega Matteo Salvini, Teilnehmer waren die Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi und die Brüder Italiens (FdI) von Giorgia Meloni, mit denen der Lega-Führer in einer Allianz zu Neuwahlen antreten will.
Als erste trafen um 13 Uhr auf dem Platz unter der päpstlichen Basilika die als Sturmtrupps der Lega bekannten Faschisten der Casa Pound ein. Als Salvini noch Innenminister war verjagten sie mit Drohungen »wir werden Euch verbrennen und töten« Sinti und Roma aus ihren Unterkünften. Jetzt grölten sie : »Wir werden die Regierung davonjagen« . Plakate verkündeten »Niemals Sozialdemokraten« , »Niemals Fünf Sterne« . Sprechchöre forderten »Wahlen« und beschimpften Premier Conte als »Hanswurst« . Zur Verhinderung von Zusammenstößen mit Protestierenden hatten Polizei und Sicherheitskräfte den Platz mit einem großen Aufgebot abgesichert. Während Salvini behauptete, es seien aus ganz Italien 200.000 Menschen gekommen, waren es laut ANSA aufgrund von Polizei-Angaben etwa 50.000.
Seit den Parlamentswahlen im März 2018, nach denen eine Regierung aus Lega, FI und FdI nicht zustande gekommen war und Salvini stattdessen eine Regierung mit M5S gebildet hatte, war die faschistische Drei-Parteien-Allianz uneins und zerstritten, nicht zuletzt, weil Salvini anstelle Berlusconis ihre Führung beansprucht und faktisch auch innehat. Im Stile Mussolinis sprach er die Versammelten mit »Tapfere Italiener« an und fügte hinzu : »Wir sind stolz, Italiener zu sein« , »wir werden an die Regierung zurückkehren« . Was Italiener schaffen, solle auch Italienern gehören. Er bestand weiter auf Neuwahlen, bei denen seine Lega laut Umfragen mit 34 Prozent stärkste Partei werden könnte, aber dennoch Verbündete brauchte. »Um zu siegen, müssen wir alle zusammenstehen« , betonte er. FdI-Chefin Meloni erinnerte daran, daß die Piazza San Giovanni einst Versammlungsort »der Roten« war. Damit sei Schluß, er gehört jetzt »uns« .
Die faschistischen Attacken richteten sich gegen eine Regierung, die nach eineinhalb Monaten Amtszeit bereits selbst zerstritten ist. M5S-Führer Luigi Di Maio ist gegen die von PD-Chef Zingaretti verfolgte linke Ausrichtung der Regierung und liebäugelt mit dem früheren PD- und Regierungschef Matteo Renzi, der die Partei verlassen hat und mit seinen Anhängern dabei ist, eine neue Partei »Italia Viva« (Lebendiges Italien) zu gründen, die er nach rechts offen halten will. Wenn man sich erinnert, daß Renzi als Premier und PD-Chef schon einmal eng mit Berlusconi kollaborierte und mit ihm sogar eine Regierung bilden wollte, fällt auf, daß in der FI die frühere Ministerin Berlusconis Maria Carfagna, die den sogenannten »gemäßigten« Flügel der Partei anführt, den Ball offensichtlich auffängt. Sie wandte sich gegen die Teilnahme der Casa Pound an der Kundgebung. Das widerspreche »liberalen, moderaten und reformistischen« Grundsätzen, an denen die FI anknüpfen solle, zitiert der Mailänder »Corriere della Sera« sie. Berlusconi verteidigte deren Teilnahme, hatte aber wohl durchgesetzt, daß diese nicht – wie sonst üblich – unter Mussolini-Bildern mit »Führergruß« und keltischen Kreuzen aufmarschierte.
»Il Fatto Quotidiano« schreibt am Sonntag, Premier Conte habe appelliert, »in der Mannschaft müssen alle zusammenspielen« . Die der PD nahestehende römische »La Repubblica« warnt, M5S stehe »am Scheideweg« . In der Regierung mit der Lega habe sie sich untergeordnet, während sie jetzt »rebelliere« . Der »Corriere« deutete an, Parteigründer Giuseppe Grillo stelle sich wohl auch auf Neuwahlen ein, und wolle dafür Punkte sammeln.
Gerhard Feldbauer
Silvio Berlusconi, Giorgia Meloni, und Matteo Salvini am Samstag bei der Großkundgebung »Orgoglio Italiano« (Italienischer Stolz) (Foto : EPA-EFE/ALESSANDRO DI MEO)