Ausland17. Januar 2024

Deutschland in der Rezession

Wirtschaftsleistung 2023 geschrumpft. Trübe Aussichten für das laufende Jahr

von dpa/ZLV

Berlin – Die Erholung nach der Corona-Krise währte nur kurz: Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr in eine Rezession gerutscht und hinkt international hinterher. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank 2023 nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes zum Vorjahr preisbereinigt um 0,3 Prozent. Ins laufende Jahr geht die größte Volkswirtschaft der EU ohne Rückenwind. Manche Volkswirte befürchten inzwischen, daß das BIP auch in diesem Jahr sinkt.

Im vergangenen Jahr fiel der Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze aus. Viele Menschen setzten angesichts der im Jahresschnitt deutlich gestiegenen Verbraucherpreise den Rotstift an. »Die Energiekrise und geopolitische Spannungen verunsicherten Produzenten, Investoren sowie Konsumentinnen und Konsumenten«, sagte die Chefin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, am Montag in Berlin, ohne zu erwähnen, daß die »Energiekrise« vor allem durch Entscheidungen der deutschen Bundesregierung und der EU-Führung entstanden ist und die Politik derselben Regierung, der EU und der USA die geopolitischen Spannungen kräftig schürt.

»Der Welthandel verlor an Dynamik – mit negativen Folgen für die deutsche Exportwirtschaft«, heißt es weiter. Zudem bremsten gestiegene Immobilienzinsen den Bau aus. Unternehmen investierten dagegen mehr in Ausrüstungen, vor allem in Fahrzeuge. Im Jahr 2022 war die deutsche Volkswirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen.

Deutschland habe der schwachen Auslandsnachfrage und den hohen Zinsen nichts entgegenzusetzen, sagte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel. »Weht der außenwirtschaftliche Gegenwind etwas stärker, knickt Deutschland um. Es fehlt an binnenwirtschaftlicher Dynamik.« Die Menschen hätten bei Gütern des täglichen Konsums gespart und dem Urlaubsbudget Vorrang eingeräumt. »Die Konsumausgaben der Deutschen landeten also zu einem gewissen Teil entlang des Mittelmeeres.«

Im internationalen Vergleich blieb die Wirtschaft in Deutschland nach Aussagen der Statistiker im Jahr 2023 voraussichtlich deutlich hinter den anderen großen EU-Mitgliedstaaten oder den großen Volkswirtschaften wie den USA oder China zurück. »Im Vergleich zum Jahr 2019, also dem Jahr vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, stieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland verglichen mit den anderen großen EU-Staaten am schwächsten«, sagte Behördenchefin Brand.

Laut den vorliegenden Daten zeichnet sich vorerst keine nachhaltige Erholung ab. Deutschland startet ohne Rückenwind ins Jahr 2024. Nach einer ersten Schätzung der Statistiker schrumpfte das BIP im vierten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt zum Vorquartal voraussichtlich um 0,3 Prozent.

Viele Wirtschaftsforscher senkten zuletzt ihre Prognosen und rechnen nun mit einem »Wachstum« von teils deutlich weniger als einem Prozent im Jahr 2024. Einige Ökonomen schließen einen erneuten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr nicht aus. Die Wirtschaft wird »voraussichtlich die erste zweijährige Rezession seit Anfang der 2000er Jahre durchleben«, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.