Ausland10. Februar 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Heftige Angriffe im Süden

Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind binnen 24 Stunden 107 Palästinenser getötet und 142 weitere verletzt worden. Seit Beginn des Krieges beträgt die Zahl der getöteten Einwohner des Küstenstreifens mindestens 27.947, rund 67.460 wurden verletzt. Besonders heftige Angriffe gibt es seit Wochen im Süden des Gazastreifens. Israel behauptet, die Führung der Hamas befinde sich dort in einem unterirdischen Tunnelnetzwerk. Bislang konzentrierten sich die Attacken im Bereich der Stadt Chan Junis im Süden des Küstenstreifens. Israel hat aber angekündigt, es wolle seine Bodenoffensive auch auf die Grenzstadt Rafah ausweiten.

Die UNO hat erneut vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region gewarnt. »Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens ist nun in Rafah zusammengepfercht und kann nirgendwo anders hin. Berichte, wonach das israelische Militär als nächstes Rafah angreifen will, sind alarmierend«, schrieb UNO-Generalsekretär António Guterres am Donnerstag. »Eine solche Aktion würde den humanitären Albtraum noch weiter verschärfen und könnte ungeahnte Konsequenzen für die gesamte Region haben. Während westliche Korrespondenten erklären, Israel plane den Beginn von Angriffen auf Rafah, liegt die Stadt in Wirklichkeit bereits zu großen Teilen in Trümmern. Unser AFP-Foto zeigt eine Straßenszene vom Morgen des 9. Februar.

Bauernproteste in Polen

Tausende polnische Bauern haben am Freitag im ganzen Land gegen die EU-Politik und gegen den Zustrom von billigem Getreide aus der Ukraine protestiert. Landwirte bremsten mit langsam fahrenden Traktoren den Verkehr auf vielen Straßen und in vielen Ortschaften, darunter Gdansk (Foto) und Poznan. Eine Übersicht der Bauerngewerkschaft listete mehr als 260 geplante Protestaktionen auf. Protestierende Bauern blockierten auch den Übergang Medyka-Schegyni an der Grenze zur Ukraine. Der Protest richtete sich gegen die Pläne der EU in der Umwelt- und Klimapolitik, zusammengefaßt im Schlagwort »Green Deal«. Für die Agrarpolitik der EU ist in Brüssel ausgerechnet der polnische Kommissar Janusz Wojciechowski zuständig. Zudem kritisieren die Landwirte billige Importe von Getreide und anderen Agrarprodukten aus dem Nachbarland Ukraine. Für die ukrainische Landwirtschaft ist Polen ein Absatzmarkt, aber vor allem auch Transitland, um Getreide auf den Weltmarkt zu bringen.

Israels Armee greift Libanon an

Tel Aviv/Beirut – Israels Armee hat am Donnerstag einen hochrangigen Kommandeur der Hisbollah im Südlibanon angegriffen. Dies sei »eine Reaktion auf Raketenstarts aus dem Libanon Richtung Israel« gewesen, an denen dieser angeblich beteiligt gewesen sein soll, teilte die Armee mit. Die Hisbollah meldete mehrere Verletzte durch den israelischen Luftangriff. Eine Person befinde sich in kritischem Zustand.

Eine israelische Drohne habe in der Stadt Nabatieh ein Auto direkt getroffen, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. In dem Wagen hätten zwei Menschen gesessen.

Israels Armee teilte weiter mit, sie habe am Donnerstag »ein verdächtiges Fluggerät« aus dem Libanon abgefangen und mehrere Ziele der Hisbollah im Nachbarland aus der Luft angegriffen.

Nach Angaben der Hisbollah wurden seit dem 7. Oktober 185 ihrer Kämpfer getötet. Zehn israelische Soldaten kamen nach Militärangaben bei Beschuß an der Nordgrenze ums Leben. Auf beiden Seiten wurden auch Zivilisten getötet.

UNO-Experten kritisieren israelischen Angriff in Krankenhaus

Genf – Ein israelischer Angriff in einem Krankenhaus im besetzten Westjordanland könnte nach Einschätzung unabhängiger UNO-Experten ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht gewesen sein. Das Militär hatte am 29. Januar die Tötung von drei Palästinensern im Ibn-Sina-Krankenhaus in Dschenin verkündet, die nach ihren Angaben »militante Kämpfer« waren. Videoaufnahmen aus dem Krankenhaus zeigten, wie die Spezialkräfte teilweise als medizinisches Personal verkleidet in die Klinik eindrangen. Sie begaben sich in den Rehabilitationsbereich und erschossen dort die drei Männer. Mindestens einer von ihnen sei ein Patient gewesen, berichteten die vom UNO-Menschenrechtsrat bestellten Experten am Freitag in Genf. Fotos von dem Eindringen der Soldaten wurden auch von Agenturen wie AFP veröffentlicht.

Die Männer hätten höchstens festgenommen werden dürfen. Gewalt sei höchstens im Fall von Gefahr für Leib und Leben erlaubt gewesen. »Stattdessen beschloß Israel, sie zu ermorden, womit sie ihr Recht auf Leben auf eklatante Weise verletzten«, erklärten die Experten. Die Tötung eines wehrlosen Patienten, der in einem Krankenhaus behandelt wird, stelle ein Kriegsverbrechen dar.

Pakistan vor schwieriger Regierungsbildung

Islamabad – In Pakistan zeichnet sich nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung ab. Nach Auszählung von rund 80 Prozent der Wahlkreise lag am Freitagnachmittag das Lager der unabhängigen Kandidaten mit gut 40 Prozent der Parlamentssitze völlig überraschend vorn. Laut der pakistanischen Zeitung »The Express Tribune« handelte es sich bei den Unabhängigen mehrheitlich um Kandidaten mit Verbindungen zum inhaftierten Ex-Premier Imran Khan und dessen Oppositionspartei PTI.

Auf dem zweiten Platz folgte die PML-N des erst kürzlich aus dem Exil zurückgekehrten dreifachen Ex-Premiers Nawaz Sharif, den viele als klaren Favoriten gesehen hatten, mit etwa 28 Prozent der Sitze der Nationalversammlung. Die Website der Wahlkommission war am Freitag über mehrere Stunden nicht erreichbar.

Der Erfolg von den der PTI zugerechneten Kandidaten kam unerwartet, da Pakistans Justiz die Oppositionspartei vor der Wahl weitgehend gelähmt hatte. Mitglieder der PTI durften nur als unabhängige Kandidaten antreten, auch ihr Wahlkampf wurde massiv eingeschränkt. Khans Parteigänger mußten sich am Ende damit behelfen, daß sie Wahlkampfreden des im Hochsicherheitsgefängnis sitzenden Parteiführers Khan mit Hilfe künstlicher Intelligenz schrieben. Khan, von 2018 bis zu einem Mißtrauensvotum im Frühjahr 2022 Premierminister, wurde unter anderem wegen Korruptionsvorwürfen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Sharifs Partei hatte sich am Tag der Wahl noch auf eine absolute Mehrheit gehofft. Laut Beobachtern war die PML-N Wahlfavorit der einflußreichen Generäle.

Sharifs Partei wollte noch am Freitag Gespräche mit anderen Parteien aufnehmen. »Ich lade alle Verbündeten ein, sich uns anzuschließen, um Pakistan aus dem derzeitigen wirtschaftlichen Schlamassel zu befreien«, sagte der 74-Jährige bei einer Rede in seiner Heimatstadt Lahore.

Neuer ukrainischer Militärchef setzt auf Technik

Kiew – Der neue ukrainische Oberbefehlshaber Alexandr Sirski will den Einsatz unbemannter Waffensysteme und die elektronische Kriegführung ausbauen. Das sei »ein Baustein für einen Sieg in dem Befreiungskampf«, schrieb der Generaloberst am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram. Als ebenso wichtig bezeichnete er die schnelle und paßgenaue Versorgung der Truppen an der Front mit den gelieferten ausländischen Rüstungsgütern.

Er trat für eine Rotation der Truppen zwischen Kampfeinsätzen und Ruhe- und Ausbildungsphasen ein. Dafür müsse ein Gleichgewicht gefunden werden. Über den Austausch der erschöpften Fronttruppen und die Mobilisierung neuer Soldaten wird derzeit in der Ukraine heiß diskutiert. Ein Gesetzentwurf liegt im Parlament. Die Mobilisierung war ein Punkt, an dem sich Präsident Selenski nicht mit dem am Donnerstag entlassenen früheren Oberbefehlshaber Saluschni einig geworden war.

Nach der Entlassung veröffentlichte das Präsidialamt in Kiew einen Erlaß, mit dem der Präsident aber Saluschni den Titel »Held der Ukraine« verlieh. Zugleich erhielt der Kommandeur des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR, KIrilo Budanow, den Titel »Held der Ukraine«.

Putin gab Interview

Moskau – Der US-amerikanische Talkmaster Tucker Carlson führte ein Interview mit Rußlands Präsident Wladimir Putin. »Für uns ist vor allem die Reaktion unserer Leute wichtig«, sagte Regierungssprecher Dmitri Peskow am Freitag. Es sei von großem Wert, daß sich viele Menschen, speziell in Rußland, mit dem Interview vertraut machen können. »Putin spricht über seine Weltanschauungen und seine Sicht der Gründe für die jetzige Lage und die Perspektiven des Geschehens«, so Peskow.

Im Gespräch mit Carlson sagte Putin unter anderem, ein Einmarsch Rußlands in NATO-Staaten wie Polen oder Lettland sei »absolut ausgeschlossen«. Auf die Frage, ob er sich ein Szenario vorstellen könne, in dem er russische Truppen nach Polen schicken würde, entgegnete Putin: »Nur in einem Fall: wenn Polen Rußland angreift.« Rußland habe keine territorialen Interessen in Polen und Lettland. Ein solcher Angriff widerspreche dem gesunden Menschenverstand, weil er einen Weltkrieg und damit das Ende der Menschheit heraufbeschwören könne.

In den westlichen Meldungen über das Interview wird vor allem über die Umstände des Gespräches und die Person des Interviewers berichtet.

Frankreichs Bildungsministerin abberufen

Paris – Nach nur vier Wochen im Amt ist Frankreichs Bildungsministerin Amélie Oudéa-Castéra von ihrem Posten abberufen worden. Auslöser ist der Umstand, daß die Ministerin nach Amtsantritt den Privatschulbesuch ihrer Kinder mit einem zu großen Stundenausfall an der staatlichen Schule begründet hatte. Daraufhin sah die Ministerin sich einer Welle der Kritik ausgesetzt. Im Zuge der Nachbesetzung einiger beigeordneter Ministerposten nach der Regierungsumbildung Mitte Januar tauschte Premierminister Gabriel Attal am Donnerstag nun auch die Bildungsministerin aus. Nachfolgerin wird Nicole Belloubet, die von 2017 bis 2020 Justizministerin war.

Oudéa-Castéra bleibt weiterhin Sportministerin, das Bildungsministerium war ihr im Januar als zusätzliche Aufgabe übertragen worden. Als Sportministerin ist sie bereits vollauf mit den Vorbereitungen der Olympischen Spiele im Sommer in Paris beschäftigt.

Neuer Anlauf für Gesetzentwurf zu Ukraine-Hilfen

Washington – Ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine hat im USA-Senat eine Hürde genommen. Senatoren beider Parteien machten am Donnerstagmittag (Ortszeit) den Weg dafür frei, daß über einen entsprechenden Gesetzentwurf in der Parlamentskammer überhaupt abgestimmt werden kann.

Mit dem Votum ist keineswegs gesichert, daß das Gesetz den Kongreß passieren wird. Der Senat hat den Entwurf bisher nicht final verabschiedet. Sollte die Kammer letztlich für die Hilfen stimmen, müßte der Entwurf noch durch das Repräsentantenhaus. Dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit – einige Abgeordnete haben bereits angekündigt, dagegen stimmen zu wollen.

Der Entwurf sieht rund 60 Milliarden US-Dollar Militärhilfe für die Ukraine und 14 Milliarden US-Dollar für Israel vor. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 haben die USA militärische Hilfe in Höhe von weit über 40 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt oder zugesagt. Die bisher genehmigte US-Unterstützung für die Ukraine ist Ende vergangenen Jahres ausgelaufen.

Sunak will Demonstrationsrecht verschärfen

London – Die Regierung in London will die Demonstrationsfreiheit in Britannien weiter einschränken. So soll künftig etwa das Klettern auf »nationale Monumente« verboten sein. Demonstranten hätten damit in der Vergangenheit »unverfrorene Respektlosigkeit denen gegenüber gezeigt, die ihr Leben für dieses Land geopfert haben«, hieß es zur Begründung in einer Mitteilung des Innenministeriums in London am Donnerstag.

Zudem werde das Tragen von Gesichtsbedeckungen und das Mitbringen von Pyrotechnik unter Strafe gestellt. Gleichzeitig solle die Möglichkeit ausgeräumt werden, Proteste als Vorwand zu nutzen, um Straftaten zu begehen, wie etwa öffentliche Straßen zu blockieren, sich festzuketten oder die öffentliche Ordnung zu stören.

Die Regierung hatte das Demonstrationsrecht bereits in den vergangenen Jahren verschärft.


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