»Corona Ciao«
Protest gegen die spanische Erbmonarchie
Als König Felipe in seiner Residenz Palacio de la Zarzuela nordwestlich von Madrid vor die Kamera trat, um den Bürgern im Kampf gegen die Coronakrise Mut zuzusprechen, ging es los: Tausende Menschen gingen am späten Mittwochabend im ganzen Land auf Balkone und an die Fenster, um auf Töpfe und Pfannen zu schlagen und gegen das korrupte Königshaus zu protestieren. Das Motto: »Corona Ciao«. Nein, nicht das heimtückische Virus ist mit »Corona« gemeint, sondern die Krone.
Medien sprachen von einem »historischen Topfschlagen«, von einem »massiven« Protest. In Madrid war der Krach nicht nur im Arbeiter-Vorort Vallecas und in den von vielen Studenten und Intellektuellen bewohnten Vierteln La Latina und Malasaña ohrenbetäubend. Auch in eher konservativen und eigentlich königstreuen Stadtteilen wie Almagro, Rios Rosas und Trafalgar war die Aktion, zu der in sozialen Netzwerken aufgerufen worden war, eindrucksvoll laut. »Hau endlich ab, Felipe«, schrie ein Mädchen aus einem Fenster unweit der U-Bahn-Station Iglesias, und prompt brandete bei den Nachbarn Jubel auf.
Befolgt wurde der Aufruf außerdem vor allem in Barcelona und ganz Katalonien, in Galicien, im Baskenland und auf Mallorca. »Auf den Balkonen von ganz Spanien«, resümierte die Schlagzeile der Renommierzeitung »La Vanguardia«.
Das Image der spanischen Monarchie bekommt seit Jahren immer mehr, immer tiefere Kratzer. Da war zum Beispiel jene Elefantenjagd von Felipes Vater Juan Carlos in Botsuana. Oder der Korruptions- und Steuerbetrugsskandal um den Mann von Felipes Schwester Cristina, Iñaki Urdangarin, der zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt wurde. An den Unis veranstalten Studenten immer häufiger Kundgebungen und Abstimmungen gegen das Königshaus. In den vergangenen Tagen wurden die Gemüter aber von einer neuen Finanzaffäre um Juan Carlos zusätzlich gewaltig angeheizt. Immer mehr Spanier fordern nun, daß der Königshof die fraglichen Gelder für den Kampf gegen die Corona-Krise spendet.
Juan Carlos, der 2014 zugunsten seines Sohnes abgedankt hatte, soll 2008 Schmiergeld in Höhe von 100 Millionen US-Dollar aus Saudi-Arabien kassiert haben. Die Justiz in der Schweiz und auch in Spanien ermittelt deshalb gegen den 82-Jährigen. Aber auch Felipe, der bisher als »Saubermann« dargestellt wurde, gerät nun in die Schußlinie. Sein Name war nämlich als Begünstigter einer dubiosen Offshore-Stiftung aufgetaucht. Daß er am vergangenen Sonntag öffentlich mit seinem Vater brach, auf sein Erbe verzichten will und Juan Carlos auch noch das Gehalt von rund 194.000 Euro jährlich strich, brachte nicht viel ein. Auch nicht, daß er in seiner Rede an die Nation am Mittwoch beteuerte: »Das Virus wird uns nicht bezwingen«. Selbst die dem Königshaus nahestehende Zeitung »La Razón« schrieb nach der Ansprache, die Lage sei dieser Tage für die Casa Real »sehr schwierig« geworden.
Die Kommunistische Partei der Völker Spaniens (PCPE) reagierte auf den Verzicht Felipes auf die Erbschaft mit dem Hinweis, daß der König seine Regentschaft von seinem Vater Juan Carlos geerbt hatte, der seinerseits vom faschistischen Diktator Franco als neuer Staatschef eingesetzt worden war. Die Partei stellt folgerichtig die Forderung, »Verzichten wir auf das Erbe des Faschismus. Für die föderative sozialistische Republik«.
(dpa/ZLV)