Trump will alles »wieder hereinholen«
Die USA fordern Tribut von Selenski und der zweifelt am Westen
Der ukrainische Präsident Selenski hat schwere Tage hinter sich. Er eskaliert den Krieg gegen Rußland nach Kräften, wenn auch erfolglos. Tagelang schwieg er zu Berichten, wonach seine Truppen nach der Oblast Kursk auch das russische Gebiet Belgorod angegriffen haben. Am 8. April bestätigte er erstmals: »Wir führen aktive Operationen in den Grenzregionen auf dem Gebiet des Feindes aus.«
Militärische Siege meldete der Mann im Militärpulli aber nicht, zudem sinkt sein Potential für moralische Erpressung, bei den USA ist es nicht mehr vorhanden. Selbst die wundersame Vermehrung chinesischer Soldaten auf Seiten Rußlands, die Selenski kundgab – zunächst sah er einen, dann zwei, dann 155 und schließlich am letzten Freitag »mehrere Hundert« kämpfende Chinesen – verfehlte ihre Wirkung.
Der neue Chef im Weißen Haus in Washington will mit Kiew nur noch über dessen koloniale Ausbeutung reden und ließ am 11. April eine ukrainische Delegation antreten. Laut Agentur Reuters verlangen die USA Tribute in Höhe von etwa der Hälfte aller Einnahmen Kiews aus Gas, Öl, Pipelines oder Häfen. Damit soll die USA-Hilfe nach den Worten von Präsident Donald Trump »wieder hereingeholt« (to recoup) werden. Wie der britische »Guardian« berichtete, verlangt Trump nun auch noch die Kontrolle über die 1.200-Kilometer-Pipeline, durch die bis Ende 2024 russisches Gas durch die Ukraine nach Westen geleitet wurde. Dazu zitierte die Zeitung den ukrainischen Ökonomen Wladimir Landa, die USA forderten »alles, was sie bekommen können«.
Selbst Selenski erlaubte sich da zarte Zweifel. So rügte er am 7. April die »matte Reaktion« des Westens auf einen russischen Raketenangriff gegen Kriwoi Rog drei Tage zuvor. Insbesondere kritisierte er die Haltung der USA: »So ein starkes Land« habe zu dem Vorfall nichts anderes zu sagen gewußt als eine Aufforderung, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Anders als in früheren derartigen Situationen hatten aber auch andere Länder nur über ihre Botschafter in Kiew reagiert. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Attacke habe einer Offiziersgesellschaft in einem Restaurant, das in einem Wohngebiet liegt, gegolten. Am 13. April zeigte Selenski nach dem russischen Angriff auf einen ukrainischen Soldatenaufmarsch, der ebenfalls mitten unter Zivilisten in der Stadt Sumy stattfand, in einem Interview mit dem USA-Sender CBS sogar offene Zweifel am Beistand der USA.
Wenig Trost erhielt er am Donnerstag und Freitag vergangener Woche in Brüssel, wo sich zunächst die von Frankreich und Britannien zusammengetrommelte »Koalition der Willigen« traf. Der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius war gar nicht erst angereist und die Öffentlichkeit erfuhr lediglich, daß man konkrete Planungen geheim halten wolle, um Wladimir Putin nicht zu viel zu verraten. Die Deutsche Presse-Agentur deutete an, daß von einer »Friedenstruppe« keine Rede mehr war: »Daß in größerem Ausmaß Soldaten aus NATO-Staaten in die Ukraine geschickt werden, gilt derzeit unterdessen als unwahrscheinlich. Grund sind Äußerungen von russischer Seite, nach denen ein solcher Schritt in Verhandlungen über einen Waffenstillstand ausgeschlossen werden müßte.« Vor allem hatte Rußland davor gewarnt, es zu einer Konfrontation von russischen und NATO-Soldaten kommen zu lassen.
Viele warme Worte erhielt Selenski dann, als ebenfalls in Brüssel die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe erstmals ohne die USA zusammentrat. Dazu war Pistorius herbeigeeilt und leitete die Veranstaltung zusammen mit seinem britischen Amtskollegen John Healey. Selenski erhielt Zusagen für weitere Militärhilfen in Höhe von rund 21 Milliarden Euro, aber wenig Konkretes. Nur der deutsche Fast-Kanzler Friedrich Merz erfüllte in der ARD-Sendung »Caren Miosga« einen alten Traum Selenskis und verkündete, er werde den Marschflugkörper »Taurus« an Kiew liefern. Merz fügte eine Zielvorgabe hinzu: Die Brücke, die das russische Festland mit der Krim verbinde, müsse zerstört werden.
Diese Merzsche Kriegsankündigung kam zu spät, um Selenskis Zweifel an der Zuverlässigkeit des Westens zu zerstreuen. Merz wird nachlegen.