Kaleidoskop31. August 2023

Wildschweine wegen Atomwaffentests stark mit Cäsium belastet

von dpa/ZLV

Die teils hohe radioaktive Belastung von Wildschweinen vor allem in Süddeutschland geht einer Studie zufolge zu einem unerwartet hohen Teil auf Atomwaffenversuche zurück – und damit nicht nur auf die Reaktorkatastrophe im ukrainischen AKW Tschernobyl. Der sogenannte Fallout habe sich weltweit verteilt – und auch in Bayern Niederschlag gefunden, erläutern die Wissenschaftler im Fachmagazin »Environmental Science & Technology«. Teils stammten zwei Drittel des radioaktiven Cäsiums in den untersuchten Tieren aus Atomwaffenversuchen, die vor allem in den 50er Jahren oberirdisch gezündet wurden.

Die Forscher um den Radioökologen Georg Steinhauser von der Technischen Universität Wien hatten ungefähr 50 in Bayern erlegte Wildschweine aus den Jahren 2019 bis 2021 untersucht und dabei eine Belastung mit dem radioaktiven Isotop Cäsium-137 von 370 bis zu 15.000 Becquerel pro Kilogramm festgestellt. Damit wurde der Grenzwert der EU für den Verzehr um das bis zu 25-fache überschritten. Er liegt bei 600 Becquerel.

Bisher sei angenommen worden, daß der Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 die Hauptquelle für Cäsium-137 in freier Wildbahn sei, erläutern die Wissenschaftler um Steinhauser. Nun aber stellten sie bei einer detaillierten Analyse der Isotope fest, daß das bei Atomwaffentests entstandene Cäsium-137 erheblich zur Belastung der Wildschweine beiträgt. Es sei die erste Studie, die das Cäsium aus Atomwaffentests quantifiziere, sagte Steinhauser.

Cäsium-137 ist ein radioaktives Isotop, das nicht in der Natur vorkommt. Es kann sich im Knochengewebe einlagern und dort das Erbgut schädigen. Langfristig kann das zu Knochenkrebs und Leukämie führen. Jäger und auch Pilzsammler sollten sich über ihre zusätzliche Strahlendosis durch den Verzehr von Wildpilzen und Wildbret informieren, schreibt das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf seiner Internetseite.

Erst am Montag hatte das BfS berichtet, daß vor allem in Süddeutschland noch immer viele Pilze mit radioaktivem Cäsium belastet sind. Betroffen seien vor allem Gebiete im Süden und Osten Bayerns, wo sich 1986 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl landesweit am meisten radioaktives Cäsium ablagerte. Bei bestimmten Pilzen wurden bei Untersuchungen in den Jahren 2019 bis 2021 bis über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischfleisch gemessen. Hier wurde aber nicht untersucht, ob das Cäsium auch von Atomwaffentests stammte.