Weltbank soll auf »grüne« Entwicklungspolitik umsteigen
Von den USA dominierte Organisation will Kreditvergabe künftig auf »Klimaschutz« und »globale Gesundheit« fokussieren
Bisher wollte die Weltbank »Armut bekämpfen«. Jetzt wird sie grün. Bei der Jahrestagung der Entwicklungsorganisation (World Bank Group) beschlossen die Anteilseigner am Donnerstag vergangener Woche in Marrakesch die bereits seit längerem angekündigte »Reform«. Am »Kampf gegen Armut« will die Gruppe aus vier Teilorganisationen weiter festhalten. Allerdings gelang nun dem Zeitgeist im marokkanischen Erdbebengebiet ein Durchbruch: Künftig soll die Kreditvergabe an ärmere Länder auf »Klimaschutz« und »globale Gesundheit« fokussieren. Ziel sei ein »lebenswerter Planet«.
Dagegen kann niemand etwas haben. Unstrittig ist auch, daß sich die Menschheit auf die Folgen des Klimawandels einstellen muß, egal, ob der nun ausschließlich »menschengemacht« oder auch natürlichen Ursprungs ist. Die Herrscher des globalen Westens haben sich auf ersteres festgelegt und verfolgen ihre Agenda unter permanenter Begleitung eines propagandistischen Großaufgebots.
Allerdings ist die Reputation des USA-Blocks – und damit auch der Weltbank – im globalen Süden nicht berauschend. Trotz Gewährung langfristiger und zinsgünstiger Darlehen an interessierte (und bedürftige) Staaten, war die Gruppe – wie ihre Schwesterorganisation Internationaler Währungsfonds (IWF) – stets auch ein Vehikel zur Durchsetzung des Herrschaftsanspruchs der USA und ihrer Verbündeten.
IWF und Weltbank wurden 1944 im US-amerikanischen Ferienort Bretton Woods nicht aus karitativen Absichten gegründet. Offizielles Ziel war der Wiederaufbau nach dem absehbaren Kriegsende. Tatsächlich ging es um die langfristige Integration der Weltwirtschaft in das US-amerikanische Verwertungssystem. Durch die Lagerbildung im Kalten Krieg wurden beide Organisationen zu wichtigen Machtinstrumenten des Westens gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten.
Obwohl heute fast alle Länder der Welt Mitglieder beider Organisationen sind, hat sich an deren Charakter wenig geändert. Ja, die Volksrepublik China ist inzwischen unter den fünf größten Anteilseignern. Dennoch sind Weltbank und IWF keine demokratisch orientierten Einrichtungen. Entscheidend ist der eingezahlte Anteil – der sich in den Stimmrechten widerspiegelt. Je reicher ein Mitglied, desto einflußreicher. So kann es nicht verwundern, daß sich ökonomisch erstarkende Staaten Entwicklungsfinanzierer jenseits der direkten Einflußsphäre der USA wünschen.
Das Beispiel der New Development Bank (NDB), die 2014 von den BRICS-Staaten Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika gegründet wurde, macht deutlich, daß eine Beteiligung des Westens bei solchen Projekten nicht mehr zwangsläufig oder überhaupt noch erwünscht ist – wie beispielsweise noch bei der 1966 gegründeten Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) mit Sitz in Manila. Bei der in Shanghai ansässigen NDB gilt trotz unterschiedlicher Anteilshöhe der inzwischen sieben Mitglieder das Prinzip: ein Land, eine Stimme.
Mit solchen Experimenten haben die in Washington, D. C., ansässigen Bretton-Woods-Organisationen nichts am Hut. Die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), der Kern der Weltbank-Gruppe, lehnt sich weiterhin an die Strategien (und Interessen) der westlichen Hegemonen an. Mit der jetzigen »Reform« komme die Weltbank »auf die Höhe der Zeit«, wird die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) auf der Webseite ihres Ministeriums zitiert. »Die Weltbank ist die wichtigste globale Organisation für Entwicklungsfinanzierung. Sie wird künftig eine noch größere Rolle spielen, wenn es darum geht, die weltweite Energiewende zu schaffen, die nächste Pandemie zu verhindern oder den Regenwald zu schützen«, so Schulze weiter.
Was das konkret für chronisch überschuldete ärmere Staaten der Welt bedeutet, kann derzeit nur erahnt werden. Darf der Hunger nur noch »klimafreundlich« bekämpft werden? Und was bedeutet das? Müssen in Entwicklung begriffene Staaten künftig Kohlekraftwerke abschalten, ehe sie Geld erhalten? Man wird sehen.
Der neue Auftrag der Weltbank werde konkrete Auswirkungen auf die Kreditvergabe haben, hieß es am Donnerstag von allen Seiten. So sollen Gelder auch für Impfkampagnen oder für Projekte vergeben werden, die erst einmal nur zum Klimaschutz beitragen.
»Ein Landwirtschaftsprojekt, das nicht darauf ausgelegt ist, klimabedingten Schocks und langfristigen Belastungen wie Dürren, verkürzten Jahreszeiten und unberechenbaren Wettermustern standzuhalten, wird die angestrebten Ergebnisse nicht erreichen«, erklärte USA-Finanzminister Janet Yellen in Marrakesch. Das Saatgut für förderfähige Projekte wird wahrscheinlich von Monsanto und Co. kommen.