Leitartikel25. Juni 2025

Die verlogenen Reden »vun eise Wäerter vu Fräiheet, Dialog a Wuelstand«

von Ali Ruckert

»Den 23. Juni feiere mir alles dat wat eis verbënnt an zesummebréngt« behauptete der Premierminister der CSV/DP-Koalition am Vorabend des Nationalfeiertags. Ist das so?

Eher hatte man den Eindruck, der Nationalfeiertag sei da, damit die Regierenden von einer weiteren Möglichkeit Gebrauch machen können, die Bevölkerung mit verlogenen Reden bei der Stange zu halten. Anders kann man es wohl nicht bezeichnen, wenn »eis Wäerter vu Fräiheet, Dialog an Demokratie« beschworen werden und von der Sicherung des »sozialen a wirtschaftleche Wuelstand« die Rede geht.

Das zeigt immerhin, dass beim Premierminister und denen, deren Interessen er vertritt, ohne es öffentlich zu sagen, jede Scham zu den Hunden geflohen ist.

Ausgerechnet dieser Premier nimmt das Wort »Dialog« in den Mund, nachdem er und seine Minister in Nacht- und Nebel-Aktionen mit dem Bulldozer über das Kollektivvertragsgesetz und die Rechte der Gewerkschaften fuhren und die Arbeitszeiten und das Leben von 50.000 Beschäftigten aus dem Einzelhandel und dem Lebensmittelhandwerk durcheinanderbringen wollen.

Ausgerecht dieser Premier, dessen Regierung und Chambermehrheit sich anschicken, unter dem Jubel der Vertreter des Kapitals, das bestehende öffentliche Rentensystem über ein Anheben des effektiven Renteneintrittsalters auszuhebeln, hat die Unverfrorenheit, von »sozialem und wirtschaftlichem Wohlstand« zu schwafeln, zu einem Zeitpunkt, da krasse Wohnungsnot herrscht, von Vollbeschäftigung keine Spurenelemente zu finden sind und jeder fünfte Haushalt arm ist oder dem Risiko ausgesetzt ist, in die Armut abzurutschen und deren »Freiheit« sich darauf reduzieren wird, in »Caritas-Butteker« einzukaufen.

Parallel dazu schickt diese Regierung sich an, die Ausgaben für Rüstung explosionsartig zu erhöhen, auf 1,2 Milliarden in diesem Jahr und 3 Milliarden pro Jahr in Zukunft, wie das die NATO-Falken fordern. Natürlich ohne das Volk in einem Referendum zu befragen. Da ist es kein Wunder, dass ausgerechnet das Außenministerium der USA zum Nationalfeiertag zu dieser Entscheidung gratulierte. Die sehen sich bekanntlich immer noch in der Rolle des Weltpolizisten, dazu da, die geopolitischen Interessen und Privilegien der Superreichen und des Groß- und Finanzkapitals zu sichern.

Aushängeschild dieser »Wertedemokratie«, hinter der das Kapital die Strippen zieht, ist gegenwärtig Großherzog Henri Nassau, der noch in diesem Jahr in Rente gehen wird und an seinem »Arbeitsplatz« durch Guillaume Nassau, Prinz von Bourbon-Parma, ersetzt werden soll.

Ihm wurde in der Philharmonie und in der Kathedrale von den Oberen Tausend gehuldigt, denn er und die Institution Monarchie gehören zu den Stützen und Profiteuren des Ausbeutersystems, das solche Aushängeschilder braucht, die dazu beitragen, die Illusion zu vermitteln, sie stünden über den Klassen und würden die »nationalen Interessen« verteidigen. Sie bleiben nützlich als Identifikationsfigur für das niedere Volk, auch wenn es darum geht, immer wieder die Aufrüstung, die seit Jahrzehnten betrieben wird, im Namen von »Freiheit und Demokratie« zu rechtfertigen.

Dass die Nassauer keine demokratische Legitimation haben und sich ihren teuren Lebenswandel teilweise aus dem Staatshaushalt finanzieren lassen, gehört zu den Widersprüchen, die gerne von den Medien, die Propaganda für die unheilige Dreifaltigkeit Monarchie, Kapitalismus und NATO machen, unter den Teppich gekehrt werden und die stattdessen die Öffentlichkeit mit »eise Wäerter vu Fräiheet, Dialog an Demokratie« irreführen.