So geht konservative Politik
EVP-Chef Weber ruft EU zu »Schulterschluß mit USA gegen China« auf und geht auf Kuschelkurs mit Italiens Rechten
Angesichts des Streits zwischen Washington und Peking über einen angeblichen chinesischen Spionageballon über USA-territorium hat EVP-Chef Manfred Weber die EU zum »Schulterschluß mit den USA« aufgerufen. »Die neuen offensichtlichen Spionageaktionen Chinas gegenüber den USA geben Grund zur Sorge«, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Sonntag. Das Verhalten der chinesischen Führung gegenüber westlichen Staaten werde »deutlich aggressiver«. Im »Systemwettbewerb mit China« müsse »die freie Welt« nun »die Kräfte bündeln«, forderte er.
»Ein enger Schulterschluß zwischen den USA und der EU sowie weiteren Verbündeten ist unabdingbar. Nur so wird man den zunehmend aggressiven Giganten in Asien eindämmen können«, sagte der Chef der Europäischen Volkspartei, der auch die luxemburgische CSV angehört. Die Europäische Union müsse erkennen, daß sie auch in Asien Verantwortung habe. Vor allem müßten sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame China-Strategie einigen. »Wir dürfen unsere amerikanischen Freunde mit ihren Partnern dort nicht alleine lassen.«
Das USA-Militär hat am Samstag einen chinesischen Ballon abgeschossen, der tagelang über die USA geflogen war. Die USA bezichtigten China der »Spionage« mit dem Ballon. Das Außenministerium in Peking protestierte am Sonntag gegen die »offensichtliche Überreaktion« und wies die Vorwürfe erneut zurück.
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei gerät zudem wegen seiner Kontakte zu Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zunehmend unter Druck. Mitglieder seiner eigenen Fraktion im EU-Parlament und andere führende EU-Politiker sind entsetzt darüber, daß der Vizepräsident der bayerischen CSU einem Bündnis mit den ultrarechten Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) keine Absage erteilt hat.
»Die Brandmauer nach rechts muß immer stehen – von Palermo bis nach Wattenscheid, von Brüssel bis nach Rom«, sagt etwa der deutsche EU-Abgeordnete Dennis Radtke (CDU) der dpa. Aus der Fraktion heißt es, es gebe »massiven Widerstand gegen Webers Kurs«.
Manfred Weber, CSU-Politiker aus Niederbayern, ist sowohl Präsident der christdemokratischen Parteienfamilie EVP, als auch Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, zu der ebenfalls die CSV gehört. Der 50-Jährige positionierte seine EVP kürzlich mit einer bemerkenswerten Aussage zu Melonis Partei.
Als Partei- und Fraktionschef habe er natürlich die Ambition, daß die EVP nach der EU-Wahl 2024 stärkste Kraft bleibe, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er teile die Sorge, was die Geschichte von »Melonis postfaschistischer Partei« angehe. Aber ganz grundsätzlich gebe es drei fundamentale Prinzipien in der EVP: »pro Rechtsstaat, pro Europa, pro Ukraine«. Und er fügte hinzu: »Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme«.
Daß Weber für seine Parteienfamilie, deren Einfluß in der EU abnimmt, auf der Suche nach neuen Partnern ist, ist kaum verwunderlich. Aber Beobachter stellen die Frage, ob das darin münden kann, daß die Nachfolgepartei der von Faschisten und Mussolini-Getreuen gegründeten Bewegung MSI EVP-Mitglied wird. Eine Partei, die noch heute eine Flamme in ihrem Wappen hat, die an den Diktator Mussolini erinnert?
Giorgia Meloni, die am Freitag mit militärischen Ehren vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin empfangen wurde, tritt seit ihrer Wahl im September weniger radikal auf als zuvor. Kaum im Amt, stellte sie auch das Wettern gegen die EU ein.
Zumindest Dennis Radtke und andere EVP-Politiker sehen das offenbar kritisch. »Wir dürfen unser Politikverständnis nicht auf reine Machttaktik reduzieren«, sagt der CDU-Mann aus dem Ruhrgebiet. Auch der Luxemburger EU-Abgeordnete Christophe Hansen sieht in einem Bündnis mit den Fratelli eine rote Linie. Melonis Partei gehöre nicht in die EVP, sagt er der dpa. Zugleich betont er, daß man mit der italienischen Regierung zusammenarbeiten müsse, da sie nun mal gewählt sei und sich bislang »pro-europäisch geäußert« habe. Andere Abgeordnete werden deutlicher, allerdings hinter vorgehaltener Hand.
Weber selbst legt großen Wert auf die »drei Grundprinzipien der EVP«. Er betont vor allem Melonis »konstruktives Verhalten« bislang. Zugleich schließt er ein Bündnis mit AfD oder der polnischem PiS-Partei kategorisch aus. Vielmehr sieht er sich als jemand, der das Gespräch sucht und andere in »das europäische Projekt« zu integrieren versucht.