Obamas Kanonenfutter
USA planen Verdopplung ihrer Truppen in Afghanistan auf bis zu 60.000 Soldaten
Der kommende US-Präsident Barack Obama macht sein Versprechen, den Krieg in Afghanistan auszuweiten, noch vor der Amtseinführung wahr. Am Freitag wurde bekannt, daß die USA eine neue Luftwaffenbrigade mit rund 3.000 Soldaten in das zentralasiatische Land schicken.
Der alte und neue Militärminister Robert Gates gab grünes Licht für den Einsatz, der Anfang kommenden Jahres beginnen soll. Außerdem sollen in Kürze auch mehr Bodentruppen in das Land am Hindukusch geschickt werden. Bis zum Sommer soll das US-Kontingent von derzeit 31.000 Soldaten laut einer Ankündigung von US-Generalstabschef Michael Mullen um 20.000 bis 30.000 zusätzliche Soldaten aufgestockt werden. Diese Zahl kann offenbar noch erhöht werden. Jedenfalls erklärte Mullen, derzeit sehe er keine Notwendigkeit für noch mehr Soldaten.
Der US-Kommandeur für Afghanistan, David McKiernan, hatte zuvor angesichts der zunehmenden Kampfstärke der islamistischen Taliban-Rebellen gefordert, das US-Kontingent um mehr als 20.000 Soldaten zu vergrößern. Hintergrund für diese Expansion ist der von Washington und Bagdad im vergangenen Monat vereinbarte US-Truppenabzug aus dem Irak bis Ende 2011, der für größeren Spielraum sorgt.
Die afghanische Kollaborationsregierung begrüßte die Entscheidung und forderte, die US-Truppen sollten vor allem im umkämpften Süden eingesetzt werden. »Wir versuchen, die Soldaten schon im Frühjahr nach Afghanistan zu bringen«, meinte Mullen. Sie würden spätestens jedoch zu Beginn des Sommers stationiert. Der Generalstabschef warnte vor der Erwartung, daß die zusätzlichen Truppen sofort Frieden und Stabilität brächten. Es müsse zugleich Fortschritte bei der Entwicklung und der Tätigkeit der Karsai-Verwaltung in Kabul geben, sonst werde die Truppenverstärkung keine Ergebnisse zeigen.
Ein Sprecher der Taliban sagte der französischen Agentur AFP in einem Telefonat, den US-Streitkräften werde es genauso wie den sowjetischen Soldaten während der Besatzung in den 80er Jahren gehen. Diese hätten immer mehr Truppen geschickt und seien dann trotzdem gescheitert und schließlich abgezogen. »Mehr US-Soldaten bedeutet auch, daß es mehr Ziele für die Taliban gibt«, sagte der Sprecher.
Zur Zeit sind knapp 20.000 der in Afghanistan stationierten US-Soldaten der NATO-Truppe ISAF unterstellt, während die übrigen bei der Mission »Operation Enduring Freedom« eingesetzt sind. Großbritannien und Deutschland sind nach den USA die größten Truppensteller der internationalen »Afghanistan-Koalition«. 2008 war seit dem Überfall der USA 2001 das verlustreichste Jahr für die ausländischen Soldaten; bislang wurden mindestens 290 getötet. Außerdem starben rund tausend afghanische Soldaten und Polizisten, sowie mehr als 2.000 Zivilisten.
Die Ankündigung physischer Aufrüstung wurde von ideologischer begleitet: Der britische Militärminister John Hutton erklärte der »Times«, die britischen Soldaten würden in Afghanistan die gleichen Werte wie im Zweiten Weltkrieg verteidigen: »Es ist ein Kampf gegen Fanatiker, die vielleicht nicht unsere Grenzen, aber unseren Lebensstil herausfordern, genauso wie es die Nazis getan haben.«
Arnold Schölzel