Ein Bericht für die Schublade?
Knappe 30 Stunden später folgte am Dienstag bereits eine Chamberdebatte, so dass man annehmen muss, dass die Abgeordneten sich zuvor nicht nur eingehend mit dem Inhalt des Berichts vertraut gemacht hatten, sondern auch innerhalb kürzester Zeit zu den notwendigen Erkenntnissen gelangten, um für die Zukunft Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Analyse zu ziehen. Denn die Zeit ist knapp, nicht wegen Corona, sondern weil die Sommerschulferien vor der Tür stehen, während denen das Land Jahr für Jahr in einen Dornröschenschlaf fällt.
Der Generalkoordinator der Arbeitsgruppe war wohl zu rücksichtvoll, um einen Zusammenhang zwischen den Sommerferien und der Tatsache herzustellen, dass im Sommer 2020 angesichts einer für den Herbst zu erwartenden neuen Corona-Welle keine Leitlinien, beziehungsweise kein Krisenplan aufgestellt wurde.
Gespannt darf man sein, ob der Bericht nach kurzer Zeit in der sprichwörtlichen Schublade landen oder es Bestrebungen geben wird, die Erkenntnisse, die während der vergangenen Monate gewonnen wurden, über den Sommer hinweg im Detail zu analysieren und die Fragen, auf die der Bericht keine Antwort gab, aufzugreifen, um weitere Studien vorzunehmen.
Wie in anderen Bereichen zeigen sich die Schwachstellen, die es bereits vor der Corona-Krise in der Altenbetreuung gab, wie in einem Brennglas. Und dazu zählen nicht nur die 60 Zimmer ohne WC im Altenheim »Lauterbann« in Niederkorn!
Ganz gewiss würde es sich lohnen, in einer ganzen Reihe von Bereichen, darunter dem Gesundheitswesen, »Waringo-Berichte« in Auftrag zu geben. Das aber würde nur Sinn machen, wenn von Vorneherein die Absicht besteht, die Erkenntnisse daraus aufzugreifen und in jeder Hinsicht die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um bestehende Defizite und Mängel zu beheben
Im Gesundheitswesen hieße das – so sehen es zumindest die Kommunisten –, entsprechende Initiativen zu ergreifen und finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um systematisch nicht nur den Mangel an Fachpflegekräften in Anästhesie und Intensivpflege, sondern generell an Allgemeinmedizinern, medizinischem Personal und Pflegekräften zu überwinden. Um das zu bewerkstelligen, müssten die politisch Verantwortlichen von einem Berechnungssystem abrücken, das vorgibt, dass für ein Arbeitsvolumen von 100 Prozent lediglich 82 Prozent an Personal notwendig ist.
Um die richtigen Schlussfolgerungen aus der Gesundheitskrise zu ziehen, wird es nicht nur notwendig sein, bisherige Praktiken zu hinterfragen, sondern vor allem, die fortwährende Sparpolitik im Gesundheits- und im Sozialbereich aufzugeben.
Gegenwärtig beschränken sich die verschiedenen politischen Kräfte in der Regierung und der Chamber hingegen darauf – und die »Diskussion« über den »Waringo-Bericht« ist ein beredtes Beispiel dafür –, die Krise möglichst unbeschadet zu überstehen, um anschließend zu »normalen« Verhältnissen zurückzukehren, in denen die Interessen der Schaffenden mit Füßen getreten und der Profit vor dem Menschen steht.
Genau das Gegenteil ist hingegen notwendig.