Hiroshima? Nagasaki?
Völlig geschichtsvergessen wird die atomare Aufrüstung gegen Rußland und China vorangetrieben
Die USA und ihre Verbündeten kennen gegenwärtig nur ein Ziel: Rund um Rußland und die Volksrepublik China einen Waffenring einschließlich Atombomben legen.
Am 10. Juli hatten die Vertreter von USA und Bundesrepublik Deutschland am Rande des NATO-Gipfels in Washington mitgeteilt, daß ab 2026 in der BRD neue US-amerikanische Waffen stationiert werden sollen. Darunter sollen auch »Tomahawk«-Marschflugkörper sein, die Atomsprengköpfe transportieren können. Zugleich wird die »Modernisierung« der in Deutschland lagernden Atombomben der USA vorangetrieben. In Wirklichkeit geht es um die Ersetzung der bisherigen durch »smarte« Atombomben. Am 18. Juli zeigte sich Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) bei einem Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel zufrieden, daß der Standort »in nie dagewesener Geschwindigkeit« für die neuen Trägerflugzeuge vom Typ F-35 »fit gemacht« werde – in der Hälfte der vorgesehenen Zeit.
Kurz vor den Jahrestagen der Atombombenabwürfe der USA auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 bekannten sich außerdem Japan und die USA in einer gemeinsamen Erklärung erstmals zur »erweiterten Abschreckung«. »Welt.de« erläuterte: »Dieser Begriff beschreibt die Verpflichtung der USA, ihre Atomstreitkräfte zur Abschreckung von Angriffen auf Verbündete einzusetzen.« Zugleich verabredeten sie die Einrichtung eines gemeinsamen militärischen Hauptquartiers in Japan.
Am Montag und Dienstag folgten die nächsten Schritte zur Einkreisung. In Tokio trafen sich zunächst die Außenminister der sogenannten Quad-Staaten – Japans, Australiens, Indiens und der USA. Beschlossen wurde, die maritime Kooperation zu stärken, Satellitendaten auszutauschen und auf dem Feld der Cyber-Security intensiver zusammenzuarbeiten. An gemeinsame Hauptquartiere ist im Fall des BRICS-Staates Indiens zwar nicht zu denken, über eine Kommandozentrale der USA in Australien wird aber bereits spekuliert. In Japan, Australien und Indien üben in diesem Jahr Einheiten der deutschen Luftwaffe und der Marine.
Am Montagabend landete der deutsche Kriegsminister Pistorius auf Hawaii zum Besuch von rund 450 Soldaten der deutschen Fregatte »Baden-Württemberg« und des Einsatzgruppenversorgers »Frankfurt am Main«, die an der multinationalen Übung »Rimpac 24« der USA-Marine teilnehmen. Pistorius reiste dann weiter auf die Philippinen nach Südkorea. Auf einer USA-Militärbasis in Südkorea wurde offiziell der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum von den USA-geführten »United Nations Command« (UNC) in Südkorea vollzogen.
Am selben Tag trafen sich USA-Außenminister Antony Blinken und USA-Kriegsminister Lloyd Austin mit dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos junior in Manila, um das Bündnis gegen China zu bekräftigen. Erst am vorigen Samstag hatte der chinesische Außenminister Wang Yi die Philippinen vor einer dauerhaften Stationierung von Mittelstreckenraketen der USA gewarnt.
In der BRD hat eine Debatte um die Stationierung neuer USA-Raketen nicht stattgefunden. Immerhin meldeten sich am vorigen Samstag Unterstützer des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich zu Wort, der vor den Gefahren der Raketenstationierung gewarnt hatte – und dafür in der »Berliner Morgenpost« als »ewiger Ostermarschierer« abqualifiziert wurde.
Die Unterzeichner einer Erklärung des Erhard-Eppler-Kreises – darunter der frühere SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sowie die früheren Bundestagsabgeordneten Gernot Erler und Ernst Ulrich von Weizsäcker – schreiben, es gehe »um nicht weniger als um die Frage, ob unser dicht besiedeltes Land zum Ziel eines atomaren Erstschlags werden könnte«. Walter-Borjans und Co. sehen einen Grund für die bislang ausbleibende parteiinterne Debatte darin, daß Kritiker der Stationierung als »Träumer diskreditiert« würden, die eine »Knechtschaft Putins in Kauf nehmen«. Dabei erlebe man »tagtäglich nicht nur an der sozialdemokratischen Parteibasis, wie vielen Rolf Mützenich aus der Seele spricht«. Daß der SPD-Führung, besonders wenn sie in Regierungsverantwortung ist, ihre eigene Basis ziemlich egal ist, läßt sich seit der Zustimmung der Sozialdemokraten zu den Kriegskrediten für den vom deutschen Kaiserreich vom Zaun gebrochenen Ersten Weltkrieg August 1914 zahlreich belegen.