Ausland17. April 2013

Kriegszeremonie?

Ex-CIA-Mann für Gespräche mit Nordkorea

Intelligenz ist eine feine Sache, sofern mensch darüber verfügt. Sie vermag das Leben zu erleichtern, bietet aber keine Gewähr für ein gutes Leben. Das angloamerikanische Wort »intelligence« heißt auch »Aufklärung«. Auch das eine famose Sache. Ohne diese fristeten wir womöglich noch immer ein Dasein in dumpfem Obskurantismus. Oder Unbotmäßigkeit würde inquisitorisch geahndet.

In Verbindung mit »military« – also »military intelligence« – kann geheimdienstliche Aufklärung unvermittelt Zustände und Situationen heraufbeschwören, die alles auszeichnet, nur eben keine Intelligenz. Dann obsiegen schlicht Dummheit, Ignoranz und Unsinn. Das Schlimmste ist natürlich ein Mix aus alledem.

Nun gibt es Zeitgenossen, die eine überaus schillernde Vita aufweisen. Und die gleichzeitig einen sympathischen Typus Mensch verkörpern. Mit anderen Worten Menschen, denen es gelungen ist, eine sonderbare Metamorphose zu vollziehen und sich vom hartgesottenen CIA-Geheimdienstler in einen allseits alerten kritisch-intelligenten Kommentator und Politiker zu verwandeln.

Eine solche Vita zeichnet mit Donald Phinney Gregg einen Mann aus, der über drei Jahrzehnte (1951–1982) der CIA diente. Ein Mann, der einiges auf dem Kerbholz hat, was beschönigend »Pazifizierung« heißt. Er war u.a. in Burma (heute Myanmar), Japan, Vietnam, Guatemala, Nicaragua sowie in El Salvador damit befaßt, stockreaktionäre Gestalten anzuwerben, um Widerstand und Opposition gegen die jeweils Herrschenden zu »befrieden« beziehungsweise auszuschalten. Das geschah während der »Phönix-Counterinsurgency« in Vietnam ebenso ungeschminkt wie im Falle der in Nicaragua aus dem Boden gestampften Contras.

Mit Blick auf (Süd-)Korea erlebte Donald P. Gregg einen Karrieresprung. Dort war er zunächst CIA-Landeschef, bevor er 1989 zum Botschafter seines Landes avancierte und bis 1993 in Seoul residierte. Danach war er noch eine Zeitlang Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender der Korea Society. Unter George W. Bush verhielt sich Mr. Gregg auffällig antizyklisch. Während der Präsident und seine bellizistischen Steißtrommler auf Unilateralismus pur setzten und räuberische militärische Feldzüge als »humanitäre Interventionen« im Namen von »freedom & democracy« drapierten, wahrte der Ex-CIA-Mann die Contenance.

Seitdem läßt er keine Gelegenheit aus, mit Blick auf Nordkorea Rationalität und Einfühlungsvermögen anzumahnen. Haupttenor: Die USA-Politik vis-à-vis diesem »Schmuddelkind der internationalen Staatengemeinschaft« war mitnichten eine Politik, lediglich »eine Haltung – nämlich Haß«. Direktverhandlungen mit Pjöngjang seien vonnöten und endlich eine Politik, die dessen Sicherheitsinteressen respektiert.

Übrigens: Am Montag feierten die Menschen in der Volksrepublik den 101. Geburtstag des Staatsgründers und »ewigen Präsidenten« Kim Il-Sung – eine »Kriegszeremonie«?

Rainer Werning