500.000 protestierten in Italien gegen Sozialabbau
Schwere Zusammenstöße in Turin mit Polizei während Generalstreik
Während des von den Gewerkschaften CGIL und UIL ausgerufenen landesweiten Generalstreiks am Freitag kam es in Turin zu schweren Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei. Laut ANSA verbrannten Demonstranten, darunter Studenten, propalästinensische und antikapitalistische Aktivisten, eine Puppe, die Innenminister Matteo Salvini darstellte, sowie drei große Fotos von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Kriegsminister Guido Crosetto und dem Vorstandsvorsitzenden des Rüstungskonzerns Leonardo, Roberto Cingolani.
Die Demonstranten forderten den Rücktritt Melonis und ihrer Regierung. Sie warfen Gegenstände auf die Polizisten, die mit Tränengas und Wasserwerfern reagierten. Eine antikapitalistische Gruppe, versuchte, zum Bahnhof Porta Nuova in Turin, der abgesperrt worden war, zu gelangen, was von der Polizei verhindert wurde. Auch vor dem Bahnhof Porta Susa gab es Zusammenstöße mit der Polizei.
Der Streik erstreckte sich auf alle Sektoren des Transport- und Verkehrswesen, in den Städten auf den öffentlichen Verkehr, auch auf den Flugverkehr, wo an die 100 Flüge gestrichen werden mußten. Vom Stillstand betroffen waren Fabriken, Schulen, das Gesundheitswesen, Postämter, die Mautstellen der Autobahnen, die Justizbehörden und Geschäfte.
Infrastrukturministerminister Salvini hatte den ursprünglich achtstündigen Streik im Nah- und Flugverkehr per Verbotsdekret auf vier Stunden begrenzt. Die Beschäftigten der Eisenbahnen nahmen an dem Streik nicht teil, weil sie bereits am Sonntag gestreikt hatten. In über 40 Städten, darunter in Rom fanden Kundgebungen statt, an denen sich laut ANSA eine halbe Million Menschen beteiligten. In Mailand waren es Zehntausende, die sich dazu auf der Piazzale Loreto versammelten.
Die Proteste richteten sich auch gegen die Einschränkung der Arbeitsrechte durch die Meloni-Regierung, die verschärfte Repression, die zahlreichen dazu neu eingeführten Straftatbestände, nach denen selbst ein einfacher Sitzstreik auf den Straßen oder die Blockade des Warenverkehrs mit jahrelangem Gefängnis bestraft werden können.
In Bologna sprach der Generalsekretär der CGIL, Maurizio Landini, zum Abschluss des Generalstreiks, während UIL-Generalsekretär Pierpaolo Bombardieri in Neapel zu den Versammelten sprach.
An zahlreichen Universitäten schlossen sich Studenten den Protesten an. In Rom besetzten Universitätsstudenten das Dach der Literaturfakultät der Sapienza-Universität und verurteilten die Angriffe der Meloni-Regierung auf das Bildungswesen. Während die Regierung den Völkermord Israels in Palästina, die Kriege unterstützt, werden die Mittel für die Universitäten gekürzt und wird »den Studenten unserer Generation eine würdige Zukunft gestohlen«, hieß es in ihrem Aufruf.
Nachdem die EU-Kommission in Brüssel gefordert hatre, die Staatsverschuldung unter 3 Prozent des BIP zu drücken, hat die faschistische Ministerpräsidentin Meloni den Abbau des Staatsdefizit von 2,95 Billionen Euro zum wichtigsten Ziel des Haushalts 2025 erklärt, der bis Ende des Jahres von Abgeordnetenkammer und Senat verabschiedet und danach der EU-Kommission vorgelegt werden muß.
In Bologna verurteilte der Generalsekretär der CGIL, Maurizio Landini, die dazu für 2025 geplanten Kürzungen und Sparmaßnahmen der Regierung Meloni und nannte die geplanten Mittel »völlig unzureichend, um die Probleme des Landes zu lösen«. Die Gewerkschaften fordern höhere Löhne und Pensionen sowie mehr Geld für Gesundheit, Bildung und den öffentlichen Dienst. UIL-Generalsekretär Pierpaolo Bombardieri prangerte an, daß für den Mezzogiorno (Süden) 5 Milliarden und 300 Millionen Euro gestrichen werden sollen, was sich verheerend auswirken werde.
Die CISL als Dritte der großen Gewerkschaften nahm erneut nicht an dem Streik teil, auch die zentrale Leitung der Basis-Gewerkschaften USB hatte dazu nicht ausdrücklich aufgerufen, aber Cub, Sgb, Adl, Sicobas beteiligen sich mit eigenen Demonstrationen und Kundgebungen in den verschiedenen Städten. Für den 13. Dezember hat die USB zu einem weiteren Generalstreik ausgerufen.
Landini hat Ministerpräsidentin Meloni zu Gesprächen über die Forderungen der Gewerkschaften aufgefordert und vor der Mißachtung der Proteste der 500.000 Menschen gewarnt und angekündigt, andernfalls »werden wir den Kampf fortsetzen«.
Für einen gerechten Lohn für alle gingen in Rom (Foto) und anderen Städten über 500.000 Menschen auf die Straßen (EPA-EFE/MAURIZIO BRAMBATTI)