Luxemburg06. Oktober 2015

Musterbeispiel für Dezentralisierung des Landes:

Heintz van Landewyck konzertriert Produktion am Fridhaff

Ab 2020 wird Heintz van Landewyck nur noch in der neuen »Zône d’Activité du Nord« auf Fridhaff produzieren – für immer mehr internationale Märkte. Im Jahr 2000 waren das 8, heute sind es 40, und es gibt 210 Länder. Während Nordamerika vom Radar verschwindet, wird in Asien, Afrika und Mittlerer Osten ausgebaut. In Australien gibt es seit zwei Jahren einen schönen Erfolg mit der Marke »Maya«, die ohne Zusätze hergestellt wird.

Von den in Luxemburg im Tabak Beschäftigten gehen 60-70 bis 2020 in Pension. Ein Teil davon wird nicht ersetzt, aber sonst wird es keinen Personalabbau durch die Zusammenführung der heutigen Standorte Ettelbrück und Hollerich am Fridhaff geben, erklärten gestern Christian Greiveldinger, Generaldirektor, und Georges Kromach, Internationaler Marketing-Direktor. Weitere Standorte hat die Firma in Belgien (Appelterre), Ungarn (Debrecen) und in der BRD (Trier) neben 7 Tochtergesellschaften weltweit. Beschäftigt sind 1.900 Leute, davon 5200 in Luxemburg.

Kosten sparen mit nur einem Standort

Am Fridhaff werden 12 Fußballfelder – fast 36.000 m² – bebaut und unterkellert. Von Solarzellen über Recycling bis zu teilweise neuen Maschinen wird sich die Gesamtinvestition auf 60 Millionen Euro belaufen. Dies wird als industrielles Projekt von der industriellen Aktivität finanziert und nicht wie bei der Luxlait durch den Verkauf heute von der Produktion besetzter Grundstücke.

Obwohl die Masterpläne »Porte de Hollerich« und »Aciérie – Sidérurgie« der Hauptstadtgemeinde als Argument fürs Wegziehen – neben Beschwerden rezent zugezogener Anrainer über Tabakgeruch und Lärm – genannt wurden, erfolgte die Klarstellung, in Hollerich wie Ettelbrück handle es sich um Privatgrundstücke, die nicht zum Verkauf stehen.
In Hollerich werde auch nach 2020, wenn alle Produktion am Fridhaff läuft, einstweilen die Verwaltung bleiben – am wunderschönen Park, der von außen nicht einsehbar ist. Denn wann da ein neues Wohnviertel entstehe, sei nicht absehbar – ob in 10, 15 oder 36 Jahren.

Eben wurde der Kaufvertrag fürs Grundstück unterschrieben, die Zusagen der Politik für eine schnelle Genehmigungsprozedur soll einen Baubeginn schon Mitte 2016 ermöglichen: es soll bewiesen werden, daß es heute im Lande Luxemburg noch möglich ist, in einer vernünftigen Zeit, einen Industriebetrieb zu errichten. 2018 soll der erste Teil der Produktion am Fridhaff starten, 2020 dann die Tabak­aufbereitung von Hollerich nachfolgen. 2022 findet die 175-Jahrfeier am Fridhaff statt.
Anstatt auf zwei Orten in verschiedenen Stockwerken und Betrieben zu werken, wird dann auf einer Ebene an einem Ort gearbeitet auf modernisierten Anlagen. Das wird Kosten senken, beginnend bei heute 7.700 LKW-Fahrten, von denen nur mehr 4.300 übrig bleiben.

Der Familienbetrieb sieht sich damit in direkter Nachfolge von Jos Heintz, der Ende 1890 alle kleinen über die Stadt verstreuten Manufakturen nach Hollerich gebracht hat – damals auf die grüne Wiese vor der Stadt. Heute liegt das aber mitten in der Stadt, und viele Neuzuzüglinge sind da der Meinung, sie seien schon länger da, und der Betrieb störe. Das neue Projekt läuft jetzt unter der Bezeichnung »Jos.lu«.

Dezentralisierung konkret

Es mag traurig sein, daß ein Industriebetrieb nicht mehr innerorts funktionieren kann, da ein Auseinanderreißen der Funktionen Arbeit und Wohnen Zusatzverkehr verursacht, allerdings kommen die in Hollerich Beschäftigten von überall her. Insofern ist von positiver Dezentralisierung zu sprechen, da diese Leute nun nicht mehr an den Einfallsstraßen der Hauptstadt im Stau stehen werden – und die neue Aktivitätszone am Fridhaff ist mitten in der Nordstadt auf dem Gebiet der Gemeinden Diekirch und Erpeldingen ja direkt an die Nordstraße angeschlossen. Vom Bahnhof Ettelbrück ist es nach dorten auch nicht wirklich weit.

Die Belegschaft, die gestern ebenfalls informiert wurde, hat die Nachricht positiv aufgenommen, erklärten unisono Krombach und Greiveldinger, schließlich sei das ja auch ein klares Signal, daß der Familienbetrieb im Land seine Zukunft sichern wolle.

Die Lage mitten in Europa sei für einen weltweit aktiven Betrieb kein Hindernis, hieß es. Es koste gleich viel, einen Container auf die kanarischen Inseln zu schicken wie nach Australien. Von der Neufassung der EU-Tabakdirektive fürchtet sich Heintz van Landewyck nicht wirklich: das erfordere zwar zum Teil neue Maschinen, in Australien, wo die künftigen EU-Vorschriften heute schon Bestand haben, habe man aber bewiesen in den beiden letzten Jahren, daß man unter diesen Bedingungen als einer von noch zehn weltweit in dieser Branche bestehenden Familienbetrieben mit Erfolg eine neue Marke einführen könne.

jmj