Spur der Verwüstung
Israel bombt sich in die Isolation
Nach dem Angriff Israels auf eine Wohnanlage in Doha, Hauptstadt des Golfemirats Katar am Dienstag dieser Woche ist in New York der UNO-Sicherheitsrat zusammengekommen. Das mehr als dreistündige öffentliche Treffen fand am Donnerstag statt. Algerien, Pakistan und Somalia hatten die Dringlichkeitssitzung beantragt, was von Frankreich und dem Vereinigten Königreich, zwei der fünf Ständigen Mitglieder, unterstützt wurde.
Eine von Frankreich und dem Vereinigten Königreich bereits vor der Sitzung vorgelegte Erklärung wurde einstimmig angenommen. Darin wird der Angriff auf Katar verurteilt. Auch die USA stimmten für den Text, in dem Israel namentlich nicht erwähnt wurde. Betont wurde die Bedeutung einer Deeskalation in der Region. Der Sicherheitsrat erklärte seine ausdrückliche Solidarität mit der »Souveränität und territorialen Integrität von Katar«, das sich als zentraler Vermittler für Frieden zwischen Israel und den Palästinensern einsetze. »Der Krieg und das Leid in Gaza« müssen beendet werden, »die Geiseln müssen freigelassen werden«, ebenso diejenigen, die »von der Hamas getötet« worden seien.
Raketen gegen Hamas Verhandlungsteam
15 israelische Kampfjets hatten nach bisher vorliegenden Berichten am vergangenen Dienstag, am frühen Nachmittag, zehn Raketen auf eine Wohnanlage in West Bay, Doha bombardiert. Die Wohnanlage liegt nördlich vom Zentrum von Doha, dort befinden sich zahlreiche Botschaftsresidenzen, Schulen, Kindergärten und Sportanlagen. Die russische Botschaftsresidenz ist nur 600 Meter von dem attackierten Gebäude entfernt.
Die Regierung hatte in dem Wohnhaus die Verhandlungsdelegation der palästinensischen Hamas mit ihren Familien untergebracht, der Ort sei denjenigen, die die indirekten Verhandlungen zwischen Hamas und Israel verfolgen, auch Journalisten, wohl bekannt.
Zum Zeitpunkt des Angriffs wurde dort über den jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe beraten, den die USA vorgelegt hatten. Daß Israel gerade zu dem Zeitpunkt angreifen würde, zeige, daß das Land nicht an einer Verhandlungslösung interessiert sei, sagte Scheich Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al-Thani, Ministerpräsident und Außenminister seines Landes.
Bei dem Angriff wurden sechs Personen getötet und weitere wurden verletzt. Nach Angaben der Hamas starben fünf Mitglieder der Organisation, darunter der Bürochef und der Sohn von Khalil Al-Hayya, dem Leiter der Hamas Verhandlungsdelegation. Getötet wurde auch ein Offizier der katarischen Sicherheitsbehörden.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte unmittelbar nach dem Angriff die Verantwortung übernommen. Israel habe den Angriff allein geplant und allein durchgeführt, sagte er. Israel befinde sich in einem »Krieg gegen den Terror«. Wie die USA, die im »Krieg gegen den Terror« nach dem 11. September 2001 Terroristen eliminiert und Osama Bin Laden in Pakistan getötet haben, werde Israel »alle Terroristen jagen und eliminieren«, die die Sicherheit Israels gefährdeten.
USA weiter fest an Israels Seite
Der katarische Ministerpräsident erklärte vor dem UNO-Sicherheitsrat, Doha werde seine humanitären und diplomatischen Anstrengungen fortsetzen. Man werde allerdings nicht tolerieren, daß die Sicherheit und Souveränität des Landes gebrochen werden. Die israelische Führung nannte er »arrogant«, der Zeitpunkt des Angriffs zeige, daß Israel eine Verhandlungslösung verhindern wolle. Israel unterlaufe und verringere in gefährlicher Weise die Stabilität der gesamten Region.
Der algerische Botschafter Amar Bendjama erklärte, Israel verhalte sich »als gäbe es kein Recht, als wenn Grenzen nicht existierten, als wenn Souveränität entbehrlich und die UNO-Charta ein vergänglicher Text sei«. Die israelischen Angriffe auf Syrien, Libanon, Jemen und auf Katar seien »kein Zeichen von Stärke, sondern von … Wahnsinn«. So verhalte sich »eine extremistische Regierung, die ermuntert wird durch Immunität und Straflosigkeit.« Die israelische Regierung treibe »die Region und die ganze Welt in den Abgrund.«
Der israelische Botschafter Danny Danon erklärte, Israel habe Hamas-Führer angegriffen, die »in luxuriösen Unterkünften in Doha« Angriffe angeordnet hätten. Diese seien »keine legitimen Politiker, Diplomaten oder Vertreter« sondern »Terroristen«, nur sie seien Ziel der Angriffe gewesen.
Die amtierende Botschafterin der USA, Dorothy Shea sagte, »das einseitige Bombardement in Katar« diene weder den Zielen Israels noch den Zielen der USA. Gleichwohl sei klar, daß »die Eliminierung der Hamas, die von dem Leid der Menschen in Gaza profitiert, ein richtiges Ziel ist«. Weder für die Hamas noch für »andere Terroristen kann es eine Zukunft in Gaza geben«, so Shear. Nur wenn »die Terrorgruppen beseitigt« seien, werde es für Gaza eine bessere Zukunft geben.
Reaktionen der arabisch-islamischen Welt
Der israelische Angriff auf das Verhandlungsteam der Hamas in Doha erinnert an den israelischen Angriff auf den Iran. In beiden Fällen wurden Verhandlungen mit den USA geführt und waren im Fall des Iran kurz vor einem neuen Treffen zu möglichen konstruktiven Verhandlungen, oder ging es um einen neuen Vorschlag der USA zum Krieg in Gaza. Nicht nur im Iran werden Stimmen laut, daß diplomatische Verhandlungen, die mit den USA geführt werden, möglicherweise auch eine Falle sein könnten und nur geführt werden, um von Israel für neue Angriffe zur weiteren Destabilisierung der Region genutzt zu werden.
In beiden Fällen betonte Washington, nicht informiert gewesen zu sein, was angesichts der massiven militärischen Präsenz der USA-Armee und der Unterstützung für Israel unglaubwürdig ist. Den israelischen Krieg gegen den Iran unterstützten die USA schließlich selber mit Bombenangriffen.
Israel drängt auch im Libanon und in Syrien vor und verfolgt offensichtlich andere Ziele als die USA. Der US-amerikanische Unterhändler Tom Barrack, der auch Botschafter der USA in der Türkei ist, hat die selbst ernannte »Interimsregierung« von Ahmed al-Sharaa in Damaskus wiederholt zu bilateralen Gesprächen mit Israel gedrängt – in Baku, der Hauptstadt Aserbeidschans, und in Paris – während Israel seine Besatzung im Süden Israel verfestigt und weiter Ziele in Syrien und selbst in der Hauptstadt Damaskus bombardiert.
Die im November 2024 von den USA initiierte und ausgehandelte Waffenruhe wird von Israel täglich verletzt, mit »grünem Licht aus Washington« wie Israel anmerkt. Fünf strategische Hügel im Süden des Landes hält Israel weiter besetzt und bombardiert und tötet täglich im Libanon. Selbst vor den UNO-Truppen im Libanon, UNIFIL, macht die israelische Aggression nicht Halt.
Um die Folgen und mögliche Reaktionen auf den israelischen Angriff auf Doha und über die zunehmende Destabilisierung der Region durch Israel zu beraten, hat Katar für den kommenden Sonntag und Montag zu einem Dringlichkeitstreffen der Arabischen und Islamischen Länder nach Doha eingeladen. Vor dem Treffen der Monarchen, Staats- und Regierungschefs werde es am Sonntag einen vorbereitenden Gipfel auf Ebene der Außenminister geben, berichtete die katarische Staatsagentur QNA.
Die Staaten werden bei dem Gipfel vor allem nach einer gemeinsamen Haltung gegenüber Israel suchen. Der OIC gehören 57 muslimisch geprägte Staaten an.