Vive den 1. Mee!
Erstmals seit mehr als anderthalb Jahrzehnten wird Luxemburgs größte Gewerkschaft, der OGBL, am 1. Mai eine öffentliche Demonstration durchführen – angesichts der anhaltenden Covid-Pandemie mit allen notwendigen gesundheitlichen Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen.
Gerade in der heutigen Zeit, in welcher eine Gesundheitskrise die Wirtschafts- und Sozialkrise überlagert und verschärft, ist es notwendig, dass die Lohnabhängigen sich zu Wort melden und deutlich machen, dass sie bereit sind, allen Versuchen, das soziale Rad zurückzudrehen, Paroli zu bieten.
Aus der Geschichte ist gewusst, dass das Kapital gerade in Krisenzeiten verstärkt darum bemüht ist, die von der Arbeiterbewegung erkämpften Errungenschaften anzugreifen, kollektivvertragliche Abmachungen rückgängig zu machen, arbeitsrechtliche Veränderungen zu Lasten der Lohnabhängigen durchzusetzen und Entwicklungen im Sinne des sozialen Fortschritts zu verhindern.
Heute ist das nicht anders, denn dem Kapital geht es immer darum, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die zu einer Einschränkung des Profits und der Kapitalrendite führen, darunter Lohnerhöhungen, kollektivvertragliche Verbesserungen und kürzere Arbeitszeiten. Die Lohnabhängigen verfolgen hingegen völlig gegenteilige Interessen, weil sie ein direktes Interesse an Lohnerhöhungen, besseren Arbeitsbedingungen, einer Stärkung der Kaufkraft und einem fortschrittlichen Arbeitsrechtsrecht haben.
Es gibt inzwischen eine ganze Reihe Beispiele dafür, wie das Patronat die Krise ausnutzt, um Arbeitsplätze wegzurationalisieren, im Betrieb Einsparungen auf Kosten der Belegschaft vorzunehmen, Arbeitszeiten zu flexibilisieren. Das beginnt bei Versuchen, einzelne Abmachungen, die mit der Gewerkschaft getroffen wurden, in Frage zu stellen, bis hin zur Absicht, ganze Kollektivverträge zu zerschlagen, wie das zum Beispiel bei Eurofoil der Fall ist.
Die Lohnabhängigen müssen sich aber auch gegen die Regierung durchsetzen, die in der Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital nicht neutral ist, sondern Gesetze macht, die in erster Linie dazu dienen, dem Kapital möglichst gute Bedingungen für die Ausbeutung der Arbeitskraft zu ermöglichen.
Daher ist es kein Zufall, dass bei der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes großer Nachholbedarf besteht, eine gesetzliche Reduzierung der Arbeitszeiten verhindert und eine ganze Reihe von arbeitsrechtlichen Reformen, die dringend im Interesse der Schaffenden nachgebessert werden müssten, auf die lange Bank geschoben werden.
An diesem 1. Mai sollten wir uns daran erinnern, dass den Schaffenden nie Geschenke gemacht wurden, sondern dass die Kollektivverträge und die gesamten sozialen Errungenschaften erst durch die Kämpfe der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung möglich wurden.
Und noch etwas gilt es an diesem 1. Mai in Erinnerung zu rufen, das bis zu den Ursprüngen der Gewerkschaftsbewegung zurückreicht. Der 1. Mai war immer die Gelegenheit für die Schaffenden, nicht nur höhere Löhne und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu fordern, sondern auch deutlich zu machen, dass sie das kapitalistische System und die damit einhergehende Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ablehnen und eine Gesellschaft schaffen wollen, die sich nicht durch Profitmaximierung, sondern durch soziale Gerechtigkeit auszeichnet.
Es ist die Systemfrage, die sich umso dringender stellt, da die Krisenerscheinungen in allen gesellschaftlichen Bereichen wachsen und der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Probleme der Schaffenden zu lösen.
Vive den 1. Mee!