Ausland27. Mai 2025

Britische Regierung beginnt mit Wiederverstaatlichung der Eisenbahn

»Weg vom privaten Profit, hin zum öffentlichen Wohl«

von dpa/ZLV

London – Drei Jahrzehnte nach der Privatisierung der anschließend vielkritisierten britischen Bahn ist am Sonntag ein Zugunternehmen wieder verstaatlicht worden. »South Western Railway ist jetzt wieder in staatlichem Besitz. Und das ist nur der Anfang«, schrieb der sozialdemokratische britische Premierminister Keir Starmer im Onlinedienst X. Der private Bahnbetreiber South Western Railway betrieb Züge in Teilen von Südengland, darunter auch in London.

Die Labour-Regierung will innerhalb der nächsten zwei Jahre alle Eisenbahnbetreiber wieder verstaatlichen. Die Partei hatte die Wiederverstaatlichung bereits im Wahlkampf angekündigt. Dadurch würden die Interessen der Zugreisenden wieder an die erste Stelle gestellt, sagte Premier Starmer am Sonntag. Er versprach ein besseres Angebot mit einem einfacheren Ticketsystem und bequemeren Zügen. Zugreisende in Britannien haben derzeit oft unter Zugausfällen und exorbitant hohen Ticketpreisen zu leiden.

»30 Jahre der Zersplitterung« gingen zu Ende, sagte Verkehrsministerin Heidi Alexander. Zugleich warnte die Labour-Frau, »Veränderung« werde »nicht über Nacht passieren«. »Wir haben immer klargemacht, daß Staatsbesitz keine Wunderwaffe ist«, so Alexander. »Aber wir sind dabei, den Startschuß für das Rennen um eine echte Eisenbahn des 21. Jahrhunderts zu geben, und das bedeutet eine Neuausrichtung weg vom privaten Profit und hin zum öffentlichen Wohl.«

Die britische Bahn war in den 90er Jahren von der damaligen konservativen Regierung unter Premier John Major privatisiert worden. Nur das Gleisnetz blieb in öffentlicher Hand. Der Bahnbetrieb auf vielen Streckenabschnitten wurde in der Folge von Privaten übernommen, von denen viele allerdings wegen schlechter Leistung und hoher Betriebskosten in ökonomische Schwierigkeiten gerieten. Vier von 14 britischen Zugbetreibern kamen daher bereits in den vergangenen Jahren wieder unter staatliche Kontrolle. In den vergangenen Jahren war die britische Bahn angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und sinkender Reallöhne mit etlichen Streiks konfrontiert.

In Schottland und Wales sind alle Bahnverbindungen schon seit März 2023 wieder im Staatseigentum. Die Eisenbahnergewerkschaft RMT kämpfte jahrzehntelang unermüdlich für die Wiederverstaatlichung des gesamten britischen Eisenbahnsystems und seine Überführung in öffentliches Eigentum.