Kultur14. September 2021

Oliver Stone wird 75

Unbequemer Filmemacher und USA-Kritiker

von Benno Schwinghammer

Seit Jahrzehnten begleitet Oliver Stone die USA-Politik und legt mit seinen Filmen immer wieder den Finger in Wunden. Meinungsstark und kontrovers zieht er auch Kritik auf sich. Und wie er Donald Trump porträtieren würde, weiß er auch schon.

Oliver Stone gefällt die Rolle als unbequemer Querkopf, als genialer und Oscar-prämierter Filmemacher, der mit seinem Heimatland USA hart ins Gericht geht. Für Einige ging er zu weit, als er »Verständnis« für Rußlands Präsidenten Wladimir Putin zeigte und zeitgleich die Vereinigten Staaten als unfreies Land bezeichnete. Klar ist: Aufhören wird Oliver Stone nicht. Am 15. September wird er 75 Jahre alt.

»Amerika ist seit Kennedy nicht mehr dasselbe, weil unter der Oberfläche die Geheimdienste und das Militär die USA-Regierung in großen Fragen wie nationaler Sicherheit und Strategie übernommen haben«, meinte Stone kürzlich im Interview mit dem USA-Branchenmagazin »Deadline«. Seit langem habe kein Präsident mehr die Möglichkeit, bedeutende politische Veränderungen vorzunehmen. Er habe bei den Wahlen zwar für den »Demokraten« Joe Biden gestimmt, erwartet aber keinen Wandel in seinem Heimatland.

Eine Heimat, der Stone schon immer auf den Zahn fühlte. So prangerte er unter anderem in »Platoon« (1986) das brutale Vorgehen der GIs im Vietnamkrieg an, in »Natural Born Killers« (1994) thematisierte er die Haltung seiner Landsleute zur Gewalt, und in »Wall Street« (1987) nahm er die Machenschaften der Finanzwelt aufs Korn. Die Arbeit zu seinem Film »Snowden« (2016) über den US-amerikanischen Whistleblower verlegte er nach Deutschland – auch vor Sorge möglicher Racheakte des USA-Geheimdienstes NSA.

Als Sohn eines jüdischen Börsenmaklers wurde Oliver Stone 1946 in New York in gute Verhältnisse geboren. Gemeinsam mit dem späteren USA-Präsidenten George W. Bush studierte er an der Elite-Universität Yale, die er allerdings schon nach einem Jahr wieder verließ, um an einer Schule in Vietnam Englisch und Geschichte zu unterrichten. Nach einem anschließenden freiwilligen Kriegsdienst lernte Stone – zurück in New York – das Filmhandwerk bei Regisseur Martin Scorsese und arbeitete nebenbei als Taxifahrer.

Die in Vietnam erlebten Kriegsgräuel brachte der junge Filmemacher in »Platoon« auf die Leinwand. Später nahm er sich in »JFK – Tatort Dallas« der Verschwörungstheorien um den Mord am damaligen USA-Präsidenten John F. Kennedy an und porträtierte Richard Nixon und dessen Verwicklung in den Watergate-Skandal in »Nixon«. Mit seinen Filmen fand Stone viele treue Fans, aber stieß auch auf viel Kritik.

Dazu fiel er auch immer wieder mit einer eher freundlichen Haltung gegenüber Rußland auf. Zuletzt schrieb etwa der britische »Guardian«, daß Oliver Stone sich bei Interviews mit seinem »nicht-konfrontativen Ansatz bei der Befragung von Autokraten zu einem Favoriten von Wladimir Putin, dem ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und Anderen« gemacht habe. Und das Magazin »Newsweek« nannte Stone 2017 einen »professionellen Verschwörungstheoretiker«.

Im »Deadline«-Interview bezeichnete er unter anderem die Oscar-prämierte Dokumentation über die syrischen Rettungshelfer der »Weißhelme« als einen »Haufen Mist«, da sie die von Journalisten »entlarvte« Organisation positiv darstelle. Die »Weißhelme« sind eine von Freiwilligen gegründete Gruppe von Zivilschützern, die von NATO-Staaten finanziert werden und an der Seite bewaffneter Regierungsgegner in Syrien im Einsatz sind. 2016 erhielt die Organisation den »Alternativen Nobelpreis«.

In seiner Heimat setzte der Regisseur sich für den Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders von der Demokratischen Partei ein – Donald Trump war ihm ein Dorn im Auge. Ob er schon eine Idee habe, wie er den Ex- Präsidenten auf der Leinwand darstellen würde? »Ich würde es als Komödie oder Satire machen«, so wie in seinem Film »W.« über George W. Bush. Allerdings seien die Menschen auch voreingenommen, wenn sie Trump als schlechtesten Präsidenten der USA-Geschichte beschrieben. »Der schlimmste Präsident war Bush, was seinen Schaden für die Welt angeht, keine Frage.«

Benno Schwinghammer, New York (dpa)