Ausland19. Juli 2022

Breiter Protest verhindert faschistischen Aufmarsch

Neonazis in Mainz nach 50 Metern gestoppt

von ZLV/dpa

Mit Demonstrationen und Straßenblockaden hat ein breites Bündnis aus antifaschistischen Initiativen, Parteien, Gewerkschaften und Kirchengruppen am Samstag eine Versammlung von rund 50 Neonazis in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz gestoppt. Anhänger der faschistischen »Neue Stärke Partei« (NSP) skandierten am Rande der Stadt »Kommunisten töten« oder »Das Vaterland zur Tat«, ehe sie umkehren mußten. Die Polizei forderte sie auf, wegen der vielen Gegenproteste nicht weiterzugehen.

An den Gegendemonstrationen, die zunächst vor allem am Mainzer Hauptbahnhof, wo die Nazidemo eigentlich beginnen sollte, und an 13 weiteren Orten im ganzen Stadtgebiet stattfanden, nahmen nach Angaben eines Polizeisprechers rund 3.000 Menschen teil. Am Rande kam es am Bahnhof Waggonfabrik im Stadtteil Mombach, wo sich die Neonazis dann tatsächlich versammelten, zu Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, die dabei Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzten.

Schon nach etwa 50 Metern wurde der Naziaufmarsch durch die Straßenblockaden der Gegendemonstranten gestoppt und von Polizeikräften abgeschirmt. Kurze Zeit später sah sich der Versammlungsleiter der Faschisten gezwungen, die Versammlung aufzulösen. Wegen der Gegenproteste verzögerte sich ihre Abfahrt erheblich. Antifaschisten blockierten Gleise, laut Polizei versuchten einige, ihre Absperrungen zu durchbrechen. Nachdem die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt hatte, mußten Sanitäter mehrere Gegendemonstranten mit Augenreizungen behandeln.

Vor der Abreise der NSP-Anhänger kam es am Bahnhof in Mombach auch zu Auseinandersetzungen zwischen ihnen und der Polizei. Nach Angaben eines Polizeisprechers setzten Polizisten Pfefferspray ein, vier Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, um ihre Personalien festzustellen. Gegen sie wird laut Polizei nun unter anderem wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Sachbeschädigung ermittelt. Die Polizei Mainz richtete dazu eine eigene Ermittlungsgruppe ein.

Dem Bündnis »Kein Nazi-Aufmarsch in Mainz! Wir stellen uns Quer!« hatten sich mehr als 60 Organisationen angeschlossen, darunter antirassistische und antifaschistische Initiativen, Gewerkschaften, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und weitere Parteien, die Omas gegen Rechts, der Stadtjugendring und der lokale Bundesligist FSV Mainz 05. Außerdem folgten viele einem Aufruf von Antifagruppen aus bundesweit mehreren Städten unter dem Motto »Rechte Kampfkultur entwaffnen«.

Auf der Kundgebung vor dem Hauptbahnhof sagte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zur Zahl der NSP-Anhänger: »Es ist egal, ob es zehn, 20, 50 oder 100 sind.« Im Deutschland der 1920er und 1930er Jahre habe es »auch mit kleinen Zahlen begonnen«, bevor die Nazis dann einen Siegeszug angetreten hätten, »der in der Barbarei endete«. Wer offen Naziparolen ausspreche, habe in Mainz keinen Platz. Antidemokratischen und faschistischen Kräften müsse eine klare Grenze aufgezeigt werden. Ebling hatte sich bereits zuvor in einem Video an die Mainzerinnen und Mainzer gewandt. In der Stadt habe man ein weltoffenes Herz.

Die NSP ist ein Sammelbecken von Neonazis, ehemaligen Mitgliedern der Partei »Dritter Weg« und der offen faschistischen NPD. Sie war vor zwei Jahren aus dem Naziverein »Volksgemeinschaft« hervorgegangen und versucht nun, deutschlandweit Strukturen aufzubauen.