Das Handelsgericht in Lüttich ernannte vergangene Woche einen vorläufigen Verwalter und einen gerichtlichen Bevollmächtigten für die Werke Flémalle und Tilleur des Stahlunternehmens Liberty Steel.

Im April dieses Jahres hatte das Handelsgericht die Liquidation von Liberty Steel Lüttich verfügt und einen Konkursverwalter eingesetzt, bevor im November die Verzinkungsanlage in Tilleur und die Weißblechverpackungsanlage in Flémalle in ein gerichtliches Reorganisationsverfahren überführt wurden. An den zwei Stahlstandorten arbeiten zusammengenommen noch immer 650 Beschäftigte.

Die Familienholding des britisch-indischen Stahlbarons Sanjeev Gupta, GFG Alliance, und deren Stahlbetriebe waren in eine finanzielle Schieflage geraten, nachdem zuvor die Finanzgesellschaft Greensill Capital, die von Gupta zu hochriskanten Spekulationsgeschäften genutzt wurde, in Konkurs gegangen war.

Dem folgte der unaufhaltsame Abstieg der Stahlbetriebe, darunter auch das Werk von Liberty Steel Düdelingen. Das Werk ist auf die Verzinkung von Flachstahl spezialisiert, produziert aber seit längerem nicht mehr, da kein Geld mehr da war, um die Zulieferer zu bezahlen.

Seither bangen die Beschäftigten, deren Zahl inzwischen von 230 auf 170 geschrumpft ist, um ihre Arbeitsplätze und machen wie viele vor ihnen die Erfahrung, wie brutal der Kapitalismus ist und wie wenig das Wohlergehen der Lohnabhängigen Konzernherren interessiert.

Als schlechtes Zeichen für die Zukunft des Werkes und die Arbeitsplätze und ein Schritt näher zum Konkurs wurde die vor wenigen Wochen erfolgte Entleerung der für den Verzinkungsprozess benötigten Zinktanks gewertet.

Zu jenem Zeitpunkt gab es immer noch kein Zeichen dafür, dass Gupta bereit sein könnte, das Werk in Düdelingen zu verkaufen, obwohl es potentielle Käufer geben soll, darunter der börsennotierte deutsche Stahlkonzern Salzgitter.

Dass das Handelsgericht in Lüttich, wenn auch mit viel Verspätung, vergangene Woche vollendete Tatsachen schuf, scheint bewirkt zu haben, dass die Familienholding des britisch-indischen Stahlbarons ihre Blockadehaltung aufgegeben hat und bereit ist, das Werk von Liberty Steel in Düdelingen zu verkaufen. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob das tatsächlich eintreten wird.