Leitartikel02. Dezember 2023

Wir haben nur eine Erde

von Uli Brockmeyer

Mit viel Geplänkel und gegenseitigen Anschuldigungen beginnen in diesen Tagen die Berichte über die Klimakonferenz der UNO. Den meisten Medien fällt es noch schwerer als den meisten Politikern, endlich offen einzugestehen, daß die seinerzeit großmäulig verkündeten »Klimaziele« der Pariser Klimakonferenz längst weniger wert sind, als das Papier, auf dem sie einst gedruckt wurden.

Viel wurde versprochen, die Reden zum Klimaschutz ähnelten im Tenor den Wahlkampf-Reden der bürgerlichen Politiker in aller Welt. Man überbietet sich gegenseitig mit Versprechungen, ohne auch nur eine Vorstellung oder gar ein Konzept zu haben, wie man sie einlösen könnte. Das liegt vor allem daran, daß es innerhalb der Prinzipien der kapitalistischen Wirtschaft weder einen wirksamen – oder auch nachhaltigen – Klimaschutz, noch echte Maßnahmen für den Erhalt der Umwelt geben kann. Denn jede einzelne Maßnahme, neuerdings zumeist mit dem Beiwort »grün« versehen, wird nur umgesetzt, wenn sie in irgendeiner Form Gewinn verspricht.

Dabei geht es keineswegs um einen Gewinn an Wohlstand und Lebensqualität für die große Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten, sondern stets um den Gewinn, der sich in Euro oder Dollar umrechnen läßt und in einer möglichst absehbaren Zeit auf dem Konto der Besitzer oder Anteilseigner der großen Banken und Konzerne landet. Umwelt- und Klimaschutz müssen »sich rechnen«, ansonsten gibt es nur wenig Chancen für eine Umsetzung.

»Grüne Industrien«, »grüne Konten« und ähnliche Schlagworte wuchern seit Jahren durch sämtliche Medien. In den meisten Fällen lohnt sich nicht einmal ein genauer Blick hinter die Kulissen, denn sie haben einen ähnlichen praktischen Nicht-Wert wie eine »feministische Außenpolitik«.

Das hektische Agieren vieler Politiker wurde befeuert vor der panischen Angst vor einem großen Teil der Wähler, vor allem der jüngeren Generation, die immer wieder für die Umwelt und das Klima protestierend durch die Straßen zieht. Mögen auch nicht alle ihrer einzelnen Forderungen wirklich sinnvoll sein, so entwickelt sich doch ein Bewußtsein, ein Nachdenken darüber, was tatsächlich getan werden muß.

Immer öfter sieht man Transparente mit Aufschriften wie »Klimapolitik ist Friedenspolitik« oder »Klimaschutz heißt Frieden und Abrüstung«. Tatsächlich sollte man sich schon die Frage stellen, wie gewisse Politiker unserer Hemisphäre – vor allem solche mit einem »grünen« Parteibuch – gleichzeitig über Klimaschutz und über die Notwendigkeit von Aufrüstung und Waffenlieferungen reden können. Denn der Krieg ist gegenwärtig eines der Haupthindernisse für wirksamen Klimaschutz – der in der Ukraine, der in Gaza, die »kleineren« Kriege an anderen Orten. Die Aufregung über den Tagungsleiter, den Veranstaltungsort oder gar über die Anwesenheit gewisser Staatenvertreter soll darüber hinwegtäuschen, daß auch bei dieser Konferenz keine »nachhaltigen« Lösungen zu erwarten sind.

»Wir haben nicht zwei Planeten Erde«, sagte Brasiliens Präsident Lula am Freitag, und erinnerte daran, daß die zur Debatte stehenden Probleme nicht isoliert durch einzelne Länder zu lösen sind, und auch nicht durch wohlfeile Geldspenden, schon gar nicht durch gegenseitige Vorwürfe. Denn wir haben nur eine Erde, und für die müssen wir alle gemeinsam Verantwortung übernehmen und sie nicht den Profitinteressen von einem Prozent der Weltbevölkerung überlassen.