Weder Faulenzer, noch Profiteure
Die Patronatvertreter lassen nicht locker. Sie haben Krankgeschriebene weiter fest im Visier. Nach wie vor fordern sie schärfere Kontrollen, eine Beschneidung des Krankengelds, die Lockerung des Kündigungsschutzes sowie die Streichung von Urlaubstagen bei Krankenscheinen von längerer Dauer. In Luxemburg gebe es zu viele Krankenscheine. Dies könne nicht weiter so geduldet werden. Damit müsse Schluss sein.
Abgesehen davon, dass die Abwesenheitsrate, so wie es offizielle Statistiken deutlich belegen, hierzulande nicht größer ist als in vergleichbar anderen Ländern Europas, haben es die Herren Unternehmer unterlassen, nach Ursachen und Auslösern gewisser Krankheiten zu forschen. Was aus ihrer Sicht auch verständlich ist. So bleibt ihnen nämlich erspart, feststellen zu müssen, dass ein Großteil der Krankenscheine in direkte Verbindung mit den Arbeitsbedingungen, dem Arbeitsplatz und dessen Umfeld zu bringen ist.
Arbeitsbedingungen, die sich aufgrund der katastrophalen Situation auf dem Arbeitsmarkt – nahezu 20.000 Arbeitsuchende und massive Kurzarbeit – in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert haben. Stress, Hetzte, Mobbing, Flexibilität sowie die zunehmend kleiner werdende Jobgarantie, sind alles Faktoren, die nicht unbedingt gesundheitsfördernd sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Was mit schlechter werdenden Arbeitsbedingungen gemeint ist, soll folgendes Beispiel zeigen. Da wird ein Lkw-Fahrer, nachdem er nach zehn Stunden Schicht eigentlich nach Hause will, mit einer zusätzlichen Fahrt beauftragt. Aus Angst, seinen Job zu verlieren, setzt er sich, ohne Ruhepause. erneut hinters Steuer. Die Fahrt führt ins Ausland. Zurück auf dem Werksgelände ist er erst sechs Stunden später. Völlig erschöpft. Und in weniger als acht Stunden steht bereits der nächste Auftrag an. Aufmucken will er dennoch nicht, wissend, dass einem Arbeitskollegen gekündigt wurde, nachdem dieser auf seine Rechte pochen wollte.
Solche Beispiele gibt es zuhauf. Und zwar nicht allein im Transportwesen. Schaffende werden zunehmend eingeschüchtert, vielfach sogar erpresst, Arbeitsbedingungen anzunehmen, die allen Sicherheitsvorschriften und Gesetzen trotzen. Hinzu kommt, dass Arbeiter, die bei allen Wetterbedingungen auf Trab sein müssen, jederzeit großen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind.
Fakten, die auch dem Patronat bekannt sind. Daran stören sich die Herren Unternehmer jedoch nicht. Sie bestimmen, wo es lang geht. Wer aufmuckt, dem wird mit dem Brotkorb gedroht. Mit dem Hinweis, dass aufgrund der nahezu 20.000 Arbeitsuchenden schnell für Ersatz gesorgt sei. Also weniger Krankenscheine, andernfalls…
Der dauernde Versuch der Patronatsvertreter, in punkto Krankenversicherung permanent Verschlechterungen für die Versicherten einzufordern, ist skandalös und keinesfalls zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist es eine Frechheit, Arbeiter, die von anerkannten Ärzten krankgeschrieben werden, als Faulenzer und Profiteure hinstellen zu wollen.
Dem Patronat muss ein für allemal in aller Deutlichkeit vermittelt werden, dass auch der beste Motor nicht permanent auf Hochtouren laufen kann, andernfalls er zu explodieren droht.
gilbert simonelli