Die italienische Gemeinde am Gardasee ist ein beliebtes Ziel von Touristen, gerade von Deutschen. Aber der Name Salò steht für einen dunklen Teil der italienischen Geschichte. Wie viele der Touristen wußten eigentlich, daß die Stadt einen Ehrenbürger namens Benito Mussolini hatte? Und das bis Mitte dieser Woche.

Fast 80 Jahre nach dem Tod des faschistischen Diktators Benito Mussolini hat die Stadt Salò dem faschistischen Diktator die Ehrenbürgerschaft entzogen. Nach langen Diskussionen stimmte der Gemeinderat am Donnerstagabend mit der neuen Mehrheit der »Mitte-Links«-Parteien zu. In jüngster Zeit waren zwei solche Versuche noch gescheitert, weil das rechts-konservative Lager die Mehrheit hatte. Das 10.000-Einwohner-Städtchen steht für einen dunklen Teil der italienischen Geschichte.

Der Faschist Mussolini kam in Italien schon 1922 an die Macht – also mehr als ein Jahrzehnt, bevor dies den »Nationalsozialisten« unter Adolf Hitler in Deutschland gelang. Im Mai 1924 machte ihn Salò zum »cittadino onorario«, zum Ehrenbürger. So geschah das in jenen Jahren auch in vielen anderen italienischen Gemeinden.

Marionettenregime hatte seinen Sitz in Salò

Der Name Salò ist jedoch weiterhin mit dem italienischen Faschismus besonders verbunden: Nach seiner Absetzung 1943 in Rom stand Mussolini hier mit Hitlers Hilfe in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs einem Vasallenstaat vor, der »Republik von Salò«. Die »Italienische Sozialrepublik« – so der offizielle Titel, »Repubblica Sociale Italiana« – hielt sich von September 1943 bis kurz vor Kriegsende.

Auf der Flucht in die Schweiz wurde der Diktator und Hitler-Verbündete Ende April 1945 von Partisanen am Comer See aufgegriffen und erschossen. Sein Leichnam wurde in Mailand aufgehängt. Mussolini wurde in seinem norditalienischen Geburtsort Predappio begraben. Die Gemeinde ist immer wieder Treffpunkt von Neofaschisten. Die Villa Feltrinelli am Gardasee, wo er damals wohnte, ist heute ein Luxushotel. Salò mit seiner eleganten Uferpromenade wird vor allem im Sommer auch von vielen deutschen Urlaubern besucht.

Immer wieder faschistischer Gruß

Genaue Zahlen, wie viele italienische Gemeinden den faschistischen Diktator heute noch als Ehrenbürger führen, gibt es nicht. Vor Salò hatten dies in den vergangenen Jahren auch mehrere andere Städte geändert. Trotzdem ist die Erinnerung an den »Duce« lebendig: Immer wieder wird bei Veranstaltungen der – eigentlich verbotene – faschistische Gruß gezeigt wird, auch auf offener Straße und häufig auch in Fußballstadien.

In Italien ist seit Herbst 2022 eine Koalition aus drei rechten und konservativen Parteien an der Regierung. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war früher Mitglied einer postfaschistischen Jugendorganisation. In ihrer Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) gibt es heute noch zahlreiche Mussolini-Anhänger, sie selbst hat sich mehrmals zu diesem Erbe bekannt, ebenso wie mehrere ihrer engsten Vertrauten, die heute Posten als Minister ihrer Regierung oder auch als Vizepräsident der EU-Kommission einnehmen. Der Präsident des italienischen Senats, Ignazio La Russa, hat in seinem Wohnzimmer eine Statue des Diktators stehen.

Mit der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft ist das Erbe des Faschismus absolut nicht beseitigt.