Putsch in Weiß
Senegals Präsident Macky Sall verschiebt Wahl
Er strebe keine von der Verfassung verbotene dritte Amtszeit an, hatte Macky Sall noch im Juli behauptet. Jetzt hat der Präsident Senegals die Wahl seines Nachfolgers verschoben – vom 25. Februar zunächst auf unbestimmte Zeit, dann auf den 25. Dezember 2024. Als die Nationalversammlung am 5. Februar darüber abstimmte, warf die Gendarmerie Abgeordnete der Opposition aus dem Plenarsaal. Der Rest des Parlaments beschloß die Verschiebung mit nur einer Gegenstimme. Medien sprechen von einem »Schock«, die Opposition von einem »institutionellen Staatsstreich«.
Sall gilt als »verläßlicher Partner« des Westens. Jetzt ist er folgerichtig einer der Putschisten »in weißen Kragen, die während des Spiels die Spielregeln ändern, um die Zügel des Landes in der Hand zu behalten«. Diese Worte hatte Guineas Präsident Mamadi Doumbouya im September auf der Generalversammlung der UNO gewählt. Diese »zahlreichsten Putschisten« würden »in keiner Weise verurteilt«.
Tatsächlich schweigen westliche Diplomaten oder üben sich in vornehmer Zurückhaltung. Ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes sagte, die »über lange Zeit gewachsene demokratische Tradition« Senegals sei stets Vorbild in einer »von Krisen und Instabilität gebeutelten Region« gewesen. »Wir rufen alle politischen Kräfte dazu auf, diese gerade auch in herausfordernden Zeiten zu wahren.«
Elf der 20 Kandidaten für die Präsidentschaftswahl haben sich nun zu einem Kollektiv zusammengeschlossen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 7. Februar in Senegals Hauptstadt Dakar erklärten sie, eine »sehr viel größere Plattform« schaffen zu wollen, um das Land aus den Händen Macky Salls zu retten. Sie riefen Gewerkschaften sowie religiöse und traditionelle Autoritäten dazu auf, sich ihnen anzuschließen.
Auf Demonstrationen im ganzen Land protestierten Menschen gegen Salls Putsch. Die Polizei ging mit Gewalt gegen die Proteste vor, mindestens drei Menschen starben bereits.
Die Wut vieler Senegalesen wächst. Politiker, die sich glaubwürdig gegen den Neokolonialismus des Westens wenden, werden populärer. Davor hat Macky Sall Angst: Einige Parlamentsabgeordnete linker Parteien ließ seine Regierung gleich zu Beginn der Proteste gegen seinen »weißen Putsch« festnehmen.
Den aussichtsreichen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl, Ousmane Sonko, hatte Salls Regime im Januar ausgeschlossen. Zuvor hatte das Oberste Gericht Senegals bestätigt, daß Sonko sein passives Wahlrecht verloren habe. Er war wegen übler Nachrede zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Sonkos Partei PASTEF ist seit letztem Jahr verboten.
Senegals Verfassungsrat strich auch die Kandidatur von Karim Wade, Sohn des langjährigen Präsidenten Abdoulaye Wade. Wade junior bezichtigte zwei Mitglieder des Verfassungsrats anschließend der Korruption. Mit just diesem Vorwurf begründet Sall die Verschiebung der Wahl. Wades Partei PDS stimmte dafür: Er hat nun gute Chancen, doch antreten zu dürfen. Sall wiederum hofft, daß Wades Stimmen in einer wahrscheinlichen Stichwahl an seinen Wunschnachfolger Amadou Ba gehen.
Die ungewöhnliche Allianz aus Salls Partei APR und der oppositionellen PDS könnte dazu führen, daß der nächste Präsident Senegals eine Dreifünftelmehrheit im Parlament hat: Mit ihr sind alle Schweinereien durchsetzbar.

