Ausland21. April 2023

Generalin soll für »Ordnung« sorgen

USA stören Kooperation von China und Argentinien. Buenos Aires hält stand

von Volker Hermsdorf

Den Drohungen folgen Taten. Am Wochenende traf Viersternegeneralin Laura Richardson, die Oberkommandierende des Südkommandos der USA-Streitkräfte (Southcom), in Argentinien ein. Die Reise sei Teil einer neuen Offensive der USA, die darauf abziele, Kooperationsabkommen des Landes mit China zu blockieren, insbesondere im Nuklearbereich, berichtete die örtliche Tageszeitung »Pagina 12«. Bereits im Januar hatte Richardson die Volksrepublik China als »bösartigen Gegner« bezeichnet. Im März warnte sie im USA-Repräsentantenhaus davor, daß China lateinamerikanische Regierungen durch »räuberische Investitionspraktiken« manipuliere.

Rund ein Jahr nach ihrem letzten Aufenthalt in Argentinien will Richardson jetzt erneut das gute Verhältnis des Landes zu China stören. Den Ausbau der Beziehungen der USA zu Ländern Lateinamerikas und der Karibik bezeichnete sie als »sehr wichtig für unsere nationale Sicherheit«. Ein Grund dafür seien die reichen Ressourcen an seltenen Erden und Lithium. »Sechzig Prozent der weltweiten Vorkommen befinden sich im Lithiumdreieck Argentinien, Bolivien, Chile«, erklärte Richardson.

Das kam bei dortigen Politikern gar nicht gut an. »Nein, Frau Kommandantin, es geht nicht um Ihre natürlichen Ressourcen, sondern um den Reichtum der lateinamerikanischen Völker. Die Völker der Region müssen nicht darüber belehrt werden, wie sie ihre Angelegenheiten zu regeln haben«, widersprach der Gouverneur der argentinischen Provinz Feuerland, Antarktis und Südatlantikinsel, Gustavo Adrián Melella, per Kurznachrichtendienst Twitter den anmaßenden Forderungen.

Ungeachtet solcher Proteste kündigte Richardson eine Reihe bilateraler Treffen mit argentinischen Politikern an, am Montag zum Beispiel mit Verteidigungsminister Jorge Taiana. Der wichtigste Auftrag der Generalin besteht offenbar darin, den Bau des vierten argentinischen Atomkraftwerks mit chinesischer Technologie zu verhindern.

Schon seit Monaten reisen Abgesandte Washingtons durch das Land, um auf die »Risiken einer Zusammenarbeit mit China im Nuklearbereich« und das Interesse der USA-Regierung an einer Zusammenarbeit mit Argentinien hinzuweisen. Unter anderem hatte die stellvertretende Staatssekretärin für internationale Sicherheit im USA-Außenministerium, Ann Ganzer, bereits vor rund einem Jahr vor der von China für das Kernkraftwerk Atucha III angebotenen Technologie wegen »mangelnder Qualität, Nichteinhaltung internationaler Normen, Design- und Sicherheitsproblemen« gewarnt. »Pagina 12« wies dagegen am Dienstag vergangener Woche auf eine Studie von Nucleoeléctrica Argentina hin, dem staatlichen Unternehmen, das für den Betrieb der drei Kernkraftwerke des Landes (Embalse und Atucha I und II) zuständig ist, derzufolge die Behauptungen aus den USA unbegründet seien, da sie »hauptsächlich auf Zeitungsausschnitten ohne wissenschaftliche Grundlage« beruhen.

Das Thema kam auch bei einem Treffen des argentinischen Präsidenten Alberto Fernández mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Joseph Biden am 29. März im Weißen Haus zur Sprache. Biden war dabei nicht direkt auf die Bitte seines Gastes eingegangen, Argentinien bei seinem Versuch zu unterstützen, mit dem Internationalen Währungsfonds neue Bedingungen für den Abbau der 44 Milliarden US-Dollar Schulden des Landes auszuhandeln. Statt dessen habe er geantwortet, daß er »zunehmend besorgt über den geplanten Bau von zwei Atomkraftwerken in Buenos Aires durch chinesische Unternehmen« sei, berichtete Associated Press. Nach Einschätzung der US-amerikanischen Agentur könnte Washington von Argentinien jetzt politische und wirtschaftliche Zugeständnisse als Gegenleistung für Hilfe verlangen.