Seltene Funde von einem gekaperten Schiff der Färöer
Ein Forschungsteam hat fünf verschlossene Pakete eines vor mehr als 200 Jahren gekaperten Schiffs der Färöer entdeckt. Das sei »sehr besonders«, weil von den Inseln sehr, sehr wenig Material erhalten sei, sagte der Historiker Lucas Haasis von der Universität im norddeutschen Oldenburg, der das Projekt »Prize Papers« koordiniert hat. Die versiegelten Pakete und rund 200 verschlossenen Briefe befänden sich noch im Originalzustand im Londoner Nationalarchiv. »Das ist eine Zeitkapsel«, sagte Haasis.
Die nun in London entdeckten Pakete seien auf dem Handelsschiff »Anne Marie« transportiert worden, das Anfang des 19. Jahrhunderts unter dänischer Flagge gesegelt sei. Am 2. September 1807 wurde das Schiff auf dem Weg von den Färöer nach Kopenhagen von Briten gekapert, ein Teil der geraubten Ladung lagere bis heute in London.
Darunter befinden sich auch die versiegelten Pakete, die das Forschungsteam aus Deutschland, Britannien und von den Färöer nun erstmals öffneten. »Das war wie an Weihnachten, weil man vorher nicht wirklich weiß, was darin ist«, erzählte Haasis. In einem Paket sei ein rot-blauer Strickpullover mit traditionellen Mustern für eine Frau gefunden worden (Foto). »Der sieht noch so aus, als wäre er gestern verschickt worden. Das war ja verpackt über Jahrhunderte.«
Außerdem fanden die Wissenschaftler in den Paketen vier Paar weiße Strümpfe, Getreidekörner und persönliche Briefe an Familienmitglieder. In einem Brief seien auch Münzen gewesen, sagte der Oldenburger Historiker. »Das hatten wir so auch nicht erwartet.« Das Team fotografiere und katalogisiere nun die Funde, verwahre sie wieder und stelle die Daten ins Internet. Derzeit gebe es noch Gespräche, ob die Pakete auch ausgestellt werden. Die Arbeit ist Teil des Projekts »Prize Papers«, mit dem seit 2018 rund 500.000 Dokumente im Londoner Nationalarchiv untersucht werden. »Unser Ziel ist, alles zu digitalisieren und weltweit zugänglich zu machen«, sagte Haasis. Das Projekt soll bis 2036 laufen.
Die historischen Unterlagen stammen alle von Schiffen, die die Briten in den Jahren 1652 bis 1815 kaperten. Das sei damals erlaubt gewesen. »Man mußte vor Gericht nur den Beweis erbringen, daß es sich bei dem gekaperten Schiff tatsächlich um ein verfeindetes Schiff handelt.« Deshalb hätten die Briten bei ihren Raubzügen Fahnen, Schiffspässe und andere Dokumente mitgenommen und teilweise bis heute gelagert. »Das Besondere bei den Prize Papers ist, daß es wirklich Dokumente von ganz unterschiedlichen Ecken der Welt gibt – von Kolonialmächten, aber auch von kleineren Staaten oder Hansestädten.«