Luxemburg07. April 2021

Grenzgänger bleiben auf der Strecke

800 Transportfahrer aus der Grenzregion sind während der Coronakrise aus der luxemburgischen Sozialversicherung geflogen

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Der LCGB wirft Sozialversicherungsminister Romain Schneider vor, rund 800 Transportfahrer, die seit 2010 in Luxemburg arbeiten, aber in der Grenzregion wohnen, auf der Strecke zurückzulassen, weil er nichts dagegen unternehme, daß die Grenzgänger auch noch mitten in der Coronakrise aus dem luxemburgischen Sozialversicherungssystem geflogen sind. Von einer »Kapitulation« des Ministers sprach Gewerkschaftssekretär Paul Glouchitski, der beim LCGB für den Transportsektor zuständig ist, am Dienstag auf einer Pressekonferenz.

Seit dem 1. Mai 2020, so Glouchitski, seien Transportfahrer, die nicht in Luxemburg wohnen, vor dem Jahr 2010 von einer hiesigen Firma eingestellt wurden und mindestens 25 Prozent ihrer Arbeit in ihrem Wohnland verrichten, nicht mehr in Luxemburg sozialversichert. Neben der Arbeitslosen-, der Renten- und der Krankenversicherung betrifft das auch die Familienleistungen wie das Kindergeld sowie das Recht auf Urlaub aus familiären Gründen.

Eine EU-Verordnung, mit der eigentlich das im »EU-Binnenmarkt« weitverbreitete Sozialdumping bekämpft werden soll, legt fest, daß Berufsfahrer, auf die die genannten Kriterien zutreffen, künftig in ihrem Wohnland sozialversichert sein müssen und nicht mehr in dem Land, in dem sie angestellt sind. Der zuständige Minister verstecke sich weiter hinter dem Gesetzestext, wirft der LCGB Schneider vor. Von den 800 Fahrern, die der Centre commun de la sécurité sociale (CCSS) aufgrund der EU-Verordnung aus der Sozialversicherung geworfen habe, sei nur für ungefähr 40 eine Lösung mit der belgischen Regierung gefunden worden.

Die Gewerkschaft fordert, daß insbesondere mit allen drei Nachbarstaaten bilaterale Abkommen geschlossen werden, um zu verhindern, daß Hunderte Berufspendler aus dem Transportsektor schlechter gestellt werden. Schon gar nicht könne es sein, daß der CCSS bei einem hiesigen Unternehmen angestellte Schaffende aus dem hiesigen Sozialversicherungssystem wirft, ohne daß eine vorherige Anmeldung beim Sozialversicherungssystem des Wohnlandes erfolgt sei. Und die könne auch in Zeiten ohne Pandemie mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Der OGBL hatte vergangene Woche in einem Kommuniqué darauf hingewiesen, daß bereits ausbezahlte Sozialleistungen aus Luxemburg nicht zurückgezahlt werden müssen, wenn der Patron für den Fehler verantwortlich ist. Beide Gewerkschaften fordern, eine Lösung mit den Regierungen der Nachbarländer zu suchen, damit die betroffenen Transportfahrer im luxemburgischen Sozialversicherungssystem bleiben können. Als es in der Coronakrise darum ging, eine grenzüberschreitende Regelung für die Telearbeit zu finden, habe das doch auch binnen weniger Tage funktioniert, erklärte Gewerkschaftssekretär Glouchitski gestern.

Der LCGB warnt auch vor einem Fachkräftemangel im hiesigen Transportsektor, da die von den Schaffenden zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge in den Nachbarländern höher seien. Das mindere die Attraktivität einer Anstellung in Luxemburg.