Statec präsentiert weitere Erkenntnisse aus dem Zensus 2021:
»Nicht jede Behinderung ist sichtbar«
Zusammen mit dem Familienministerium hat der Statec weitere Erkenntnisse aus der pandemiebedingt zweimal verschobenen 37. Volkszählung veröffentlicht, die dann schließlich im November 2021 zum ersten Mal »in hybrider Form« (via Internet oder klassisch per Papierfragebogen) durchgeführt werden konnte. Es war auch der erste Zensus, bei dem die gesamte Einwohnerschaft um eine Selbsteinschätzung hinsichtlich einer Behinderung befragt wurde, sagte Jean Ries vom Familienministerium am Freitag auf einer Pressekonferenz mit Minister Max Hahn und Statec-Direktor Serge Allegrezza.
Zunächst fanden die regierungsamtlichen Statistiker heraus, daß sich in Luxemburg rund 94.000 Menschen oder 14,6 Prozent der Bevölkerung selbst als behindert einschätzen. Ein leichter Unterschied zwischen den Geschlechtern wird auf das hierzulande fast um ein Jahr und fünf Monate höhere Durchschnittsalter von Frauen zurückgeführt. Denn die Häufigkeit von Behinderungen nehme mit dem Alter zu. Sehen sich rund zehn Prozent der Zehn- bis 19-Jährigen selbst als handicapiert an, so ist es unter 70- bis 74-Jährigen jeder vierte und bei den 80- bis 89-Jährigen jeder zweite.
Am öftesten wurden Sehbehinderungen genannt, wobei 6,3 Prozent der Bevölkerung angaben, unter einer leichten Sehschwäche zu leiden, und weitere 2,4 Prozent, bei ihnen sei die Sehschwäche moderat oder schwer. Es folgen Mobilitätseinschränkungen, über die 3,9 Prozent der Gesamtbevölkerung klagen (davon ein Drittel leichte Einschränkungen der Mobilität, zwei Drittel moderate oder schwere). Über Hörprobleme klagen 2,5 Prozent der Einwohner (leicht 0,3 Prozent, moderat oder schwer 2,2 Prozent). Seltener gibt es Menschen, die von sich sagen, sie hätten ein psychisches Handicap (2,1 Prozent der Bevölkerung), ein mentales Handicap, eine Lernschwäche oder eine Sprachstörung (jeweils 1,9 Prozent) oder einen Autismus (1,6 Prozent).
Nicht überraschend sind Menschen mit einer oder mit mehreren Behinderungen im Durchschnitt schlechter ausgebildet. Fast 43 Prozent haben maximal fünf Jahre eine Schule besucht, 39 Prozent verfügen über einen Schul- und nur 18,5 Prozent über einen Hochschulabschluß. Daß nur gut ein Drittel (34 Prozent) der Menschen mit Behinderung berufstätig sind, hängt wiederum mit der »Altersprävalenz« zusammen. Betrachtet man nur Behinderte im berufsfähigen Alter von 20 bis 64 Jahren, so liegt die Beschäftigtenquote immerhin bei gut 57 Prozent. Abgesehen von Behindertenwerkstätten (»ateliers protégés«) sind behinderte Menschen nur in öffentlichen Verwaltungen gemäß ihrer gesellschaftlichen Repräsentativität beschäftigt, deutlich unterrepräsentiert sind sie im Finanz- und Versicherungssektor sowie im Bereich freiberufliche wissenschaftliche und technische Dienstleistungen.
Nach der Präsentation der neu erhobenen Daten betonte Familienminister Hahn, nicht jede Behinderung sei sichtbar, es sei auch darum gegangen, Behinderungen und die große Zahl der Betroffenen »sichtbarer zu machen«. In diesem Zusammenhang erinnerte der Ressortchef an das vor gut einem Jahr verabschiedete Gesetz, demzufolge öffentliche Gebäude und Orte bis zum 1. Januar 2032 barrierefrei sein müssen.