Luxemburg

Aus dem hauptstädtischen Gemeindrat :

Volkseigne Energienetze ade !

Am Montagabend war’s vollbracht : die Chancen Helmingers auf satte Aufsichtsratstantiemen nach dem Rück-zug vom Bürgermeisterstuhl sind intakt – sonst aber dürfen die Haupstadtürger das altbekannte Augustin-Lied anstimmen : »alles ist hin« . Die bisher in der Hauptstadt gültigen niedrigeren Netztarife wegen der größeren Dichte der Abnehmer werden futsch sein, wenn es im Landesnetz aufgeht : was für die Hauptstädter dann teurer wird, wird für die restlichen Creos-Netzkunden zur Ersparnis. Eine wahrliche Meisterleistung von DP und Gréng mit CSV-Zustimmung gegen die Interessen ihrer Einwohner !

Doch schildern wir der Tragödie Ablauf der Reihe nach ! Bürgermeister Helminger begann mit einem Zustandsbericht nach der auch mit Hilfe Luxemburger Minister (was er natürlich nicht hervorhob) in der EU geschaffenen Liberalisierung. Bei den Energienetzen besteht allerdings immer noch das alte Monopol. Paul Helminger behauptet ohne einen Beleg dafür zu liefern, es sei nicht möglich, so wie bisher allein die Energienetze zu verwalten : der Schöffenrat hat im Gegensatz zur Personaldelegation kein schriftliches Dossier öffentlich zugänglich gemacht.

Es gäbe ein neues Element : die Leo SA als Handelsgesellschaft könne nun doch in Enovos integriert werden, die Netze in Creos. So komme Energiehandel zu Energiehandel und Energienetz zu Energienetz. Netze wie Leo seien auf einen Wert von 338,5 Mio. € geschätzt worden. Die Hauptstadt bekäme 8% der Aktien in Enovos International und 20% in Creos. Damit steige der öffentliche Anteil von heute 39,1% auf 44% in Enovos International. Die 3 transnationalen Energiemultis halten demnach zusammen mit Mittal 56%, und das ist nach Adam Riese immer noch die Mehrheit.

Zudem erhalte die Stadt 1 Verwaltungsrat in Enovos International, was 50.000 € im Jahr und zusätzlich 5.000 € pro Sitzung, von denen in der Regel eine im Monat stattfindet, bedeutet. Ebenfalls 1 Verwaltungsrat gibt es in Enovos Luxembourg und 3 bei Creos.

Das sei besser als eine nicht unwesentliche Zahl von Leuten einzustellen, um selbst als Netzverwalter auftreten zu können. Es reichen 14,9 Vollzeitarbeitsplätze laut Personaldelegation, Paul Helminger beharrt auf über 20. Es sei nicht möglich, sagt Helminger schlicht die Unwahrheit, als Verwaltung weiterzufahren, weil es unmöglich sei, eine kommerzielle Buchhaltung zu führen, obwohl der Innenminister kürzlich erst wieder in der Chamber das Gegenteil in der Beantwortung einer Frage eines Abgeordneten sagte.

Laut Helminger müsse jetzt nur noch über eine Konvention für den Personalverleih an Enovos und Creos diskutiert werden, er erwarte, daß sich die Personaldelegation dem nicht verschließt, auch wenn sie keine Freude mit der Entscheidung hat.

Im Herbst soll der Gemeinderat das Ganze absegnen, damit am 1.1.2011 alles in Kraft tritt. Das Innenministerium habe schon seine Zustimmung signalisiert, im Enovos-Verwaltungsrat sei diese sicher.
Das Werk in der Rue de Bouillon wolle Creos für 5 Jahre mieten, danach soll ein Umzug auf ein zu findendes Gelände stattfinden.

Als grüner Verräter am Volksvermögen tritt Carlo De Toffoli auf.
Marc Angel (LSAP) liest der Koalition die Antwort von Innenminister Halsdorf vor, nach der eine Gemeinde sehr wohl für ihre Netze eine kommerzielle Buchhaltung führen darf. Angel hält fest, daß keinerlei seriöses Dossier über die verschiedenen Alternativen vorliegt, wie es in jener Motion gefordert wurde, die Helminger nun in ihr Gegenteil verdreht. Die LSAP wird den Weg des Schöffenrats nicht billigen : er ist schlecht für die Bürger, schlecht fürs Personal und schlecht für die Gemeinde.

Martine Mergen verspricht als CSV-Sprecherin, ihre Partei werde sich das Gewerkschaftsdossier genau anschauen, auch wenn sie überzeugt sei, es handle sich nicht um eine wilde kapitalistische Privatisierung, die der Schöffenrat jetzt wolle. Immerhin gäbe es eine Sperrminorität bei Enovos und eine Mehrheit bei Creos für die öffentliche Hand. Sie vergißt, daß der Gemeinderat jede Einflußmöglichkeit verliert. Die CSV stimmt für den Schöffenrats-Vorschlag.

Jacques-Yves Henckes (adr) erinnert an den schönen Spruch »petit actionnaire minoritaire, petit couillon ; grand actionnaire minoritaire, grand couillon« . Ein Referendum wäre am Platz gewesen. Weil sie keine Katze im Sack kaufen will, stimmt die adr gegen den Antrag des Schöffenrats.

Jean-Paul Rippinger beklagt das Fehlen jeder Textvorlage : so etwas hat er in 33 Jahren im Gemeinderat noch nie erlebt : »Wir haben danach gar nichts mehr« , faßt er richtig zusammen. Er enthält sich, so lange nicht ordentliche Texte vorliegen.

Armand Drews (LSAP) ist sich klar, daß dieser Schöffenrat nur jede Alternative vom Tisch haben wollte. Niemand zwingt jedoch die Stadt zu dieser Entscheidung. Angebracht wäre ein Referendum. Priorität der Verwaltungsräte ist der Profit der Gesellschaft, nicht das Interesse der Bürger.

Über den Beitrag von LoL-Chef Radoux (DP) könnte man eigentlich nur lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre : das Projekt werde nicht besser, wenn noch zugewartet werde, es müsse jetzt gehandelt werden.

Paul Helminger beharrt, es wird abgestimmt wie angekündigt : für den Ausverkauf stimmen CSV, DP und Gréng, dagegen adr und LSAP bei Enthaltung Rippinger.

jmj