Aus dem Gemeinderat der Stadt Esch-Alzette:
Allgemeiner Bebauungsplan von Koalition abgesegnet
Gestern gab es ab 9 Uhr eine Sondersitzung des Escher Gemeinderats zur Neufassung des Allgemeinen Bebauungsplans, im Amtsfranzösisch abgekürzt PAG von »Plan d‘Aménagement Général« mit einem entsprechenden Bautenreglement am Ende. Es soll das eine Regelung sein für eine Stadt, in der 2030 bereits 43.700 Menschen wohnen und die sich bis zu einer Einwohnerschaft von 65.315 entwickeln soll, wenn alle Industriebrachen bebaut sind. Wann das sein wird, steht in den Sternen – es sei das ein Prozeß, heißt es später.
Eingangs bejammert Bürgermeister Mischo den Zustand im Süden des Landes, weil die Gebläsehalle nicht mehr für von der Polizei festgesetzte Fahrzeuge genutzt werden kann. Diese stehen jetzt mit gelben Krallen an allen möglichen Straßenrändern. Es gibt eine einstimmige Protestresolution der 11 Gemeinden im Südsyndikat ProSud an Polizeiminister Kox, schnellstens Abhilfe zu schaffen.
Es folgt Streit zum Bericht der Kommission, wobei die Opposition geschlossen festhält, da sei nicht ordnungsgemäß abgestimmt worden, während die Koalition dabei bleibt, es sei alles klar gewesen, als der Anhang 2 aus dem abzustimmenden Dokument herauskam.
So klar war vieles aber offensichtlich nicht, weswegen der Termin vom 3. Juli 2020 auch abgesagt wurde, weil es Streit um Wohngemeinschaften gab. Laut Bürgermeister Mischo war alles falsch verstanden worden. Fakt ist, daß es immer noch Menschen gibt, denen eine Anmeldung in Esch verweigert wird, obwohl sie dort Unterkunft gefunden haben. Der Schöffenrat verspricht jetzt für die Zukunft Gespräche zu neuen Wohnformen – nach der Abstimmung. »Colocationen« nach dem Reglement von 1992 blieben weiterhin möglich, betont der Bürgermeister. Allerdings hat sich der Wirbel an der Frage entzündet, ob die Untermiete eines Zimmers von der Verwaltung bei der Anmeldung angenommen wird. Betont wird jetzt, es sei nur verboten, eine Wohnung oder ein Haus in mehrere abgetrennte Wohnungen aufzuteilen. Das sei der Sinn des Textes aus dem Jahr 2009, bei dem es bleibe. Laut Bürgermeister wurden zuletzt 50 Genehmigungen für 250 Leute in diesem Rahmen erteilt.
Daisy Wagner darf als Expertin den Vorgang erklären, der transparent nachzulesen sei in den Dokumenten. Das fällt ins lobenswerte Kapitel »Esch ist anders«, weil anderswo Beamte nicht in Sitzungen reden dürfen, selbst wenn‘s der Sache dient.
In 24 Fällen haben Leute protestiert gegen die Festlegung großer Häuser auf Einfamilienhäuser, speziell in der Rue de Luxembourg und in der Rue Bessemer. Die Reklamanten kriegen nicht Recht, um die Mixität im Zentrum aufrecht zu halten. Nur die Villa auf 68, rue de Luxembourg, die seit 20 Jahren nicht als Wohnhaus genutzt ist, wird nicht mehr als Einfamilienhaus klassiert. Selbiges gilt auch für Nr. 233 in derselben Straße, die als Mehrfamlienhaus gebaut wurde.
In der Rue Bessemer wird die »zone jardin« gestrichen, was nichts an der Bebaubarkeit ändere. Es gibt Mehrfamilienhäuser quer durch die Stadt, die irrtümlich als Einfamilienhäuser einklassiert wurden, was berichtigt wird. Für etliche größere Bauten wird festgehalten, sie könnten im Fall wo sie durch Feuer oder sonstige Naturgewalten zerstört würden, wieder in den vorherigen Zustand aufgebaut werden, ohne die umbaute Fläche zu vergrößern.
Etliche Veränderungen werden jetzt nicht angenommen, obwohl der Schöffenrat sie für möglich bezeichnet. Es soll das dann über Änderungen bei Vorlage eines konkreten Teilbebauungsplans laufen. Sympathischer ist, daß kleine Betriebe innerhalb der Wohngebiete jetzt eine Spezialzone zugestanden bekommen. Damit wird ihnen hochoffiziell mitgeteilt, sie seien erwünscht und sollten nicht vertrieben werden. Für die relativ große Mercedes-Garage in der Rue de Belvaux wurde das aber nicht für die Dauer festgehalten, weil der Schöffenrat da lieber Wohnbau sähe.
Dan Codello erklärt als erster Gemeinderat am Wort, er werde nicht für das Konvolut stimmen, auch sei die Debatte mit der mehrheitlichen Annahme nicht vorbei, sie gehe auf anderer Ebene weiter, zunächst mit Reklamationen beim Innenminister. Es wird auch weiterhin punktuelle Abänderungen geben müssen. Daß es in Esch weniger Reklamationen gab als in Kehlen, zeigt, daß das Thema an der Bevölkerung vorbei verhandelt wurde.
Die Lénk findet, das Ganze sei nicht grün und hell genug als Reaktion auf den Klimawandel zur Hitzeabweisung. Stadtentwicklung werde privaten Bauträgern überlassen und die Frage der Art des Zusammenlebens in einem Haus oder einer Wohnung höchst zweifelhaft gelöst, weswegen die Lénk das nicht mitträgt.
Die LSAP beklagt eine Überbelegung von Wohnraum in Folge der exorbitanten Preise. Ein Einfamilienhaus sei wohl ein zu schützender Haustyp, der aber keinen Einfluß auf die Nutzung durch unterschiedliche Wohnformen haben dürfe. Die Formulierung »communauté domestique avec budget commun« sei einfach unannehmbar. Was die Feuerwehr- und Polizeikaserne am Bd. Aloyse Meyer anlangt, sei der Schöffenrat wortbrüchig geworden. Aus diesen und anderen Gründen könne die LSAP das nicht mittragen.
Die Koalition liefert ihre Zustimmung über mehrere Redner ab und stimmt für alles, die Opposition dagegen. Danach spricht Luc Everling als Spezialist noch zum Bautenreglement. In der Abstimmung bleibt es wie zuvor Koalition gegen Opposition.
jmj