Ausland12. April 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Assange fünf Jahre in Haft

Der investigative Journalist und Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde vor fünf Jahren in Britannien festgenommen, nachdem er zuvor jahrelang in der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gefunden hatte. Die USA-Regierung will ihm den Prozeß machen. Dem inzwischen 52-Jährigen Australier drohen in den USA bis zu 175 Jahre Haft, weil er Informationen über Kriegsverbrechen der USA im Irak und in Afghanistan und viele weitere geheime Dokumente veröffentlicht hatte.

Assange hofft noch auf ein Berufungsverfahren vor einem britischen Gericht, um seine Abschiebung in die USA zu verhindern. Menschenrechtsorganisationen warnen, sollte Assange in die USA ausgeliefert werden, drohe ihm schwerwiegende Mißhandlung, darunter längere Einzelhaft. Zweifelhafte diplomatische Zusicherungen der USA seien das Papier nicht wert, auf denen sie festgehalten worden seien, weil sie nicht rechtlich bindend und mit Schlupflöchern versehen seien. Es handle sich um einen katastrophalen Präzedenzfall für die weltweite Medienfreiheit.

Angeblich hat USA-Präsident Joe Biden nun »Gesprächsbereitschaft erkennen lassen«. Auf die Frage, ob die USA-Regierung dem Ersuchen Australiens nachkommen werde, sagte Biden am Mittwoch am Rande eines Treffens mit dem japanischen Premier Kishida in Washington nach Angaben eines anwesenden Reporters: »Wir erwägen das.« Weitere Angaben machte er nicht. Der australische Premierminister Anthony Albanese sagte am Donnerstag: »Mr. Assange hat bereits einen erheblichen Preis bezahlt – und genug ist genug.«

Protest in London

Junge Demonstranten der Gruppen Youth Demand und Palestine Action haben am Mittwoch vor dem britischen Kriegsministerium gegen Waffenlieferungen an Israel und neue Lizenzen zur Öl- und Gasförderung protestiert. Sie setzten damit ihre Protestaktionen gegen die britische Beteiligung am israelischen Angriffskrieg in Gaza fort. Die Londoner Polizei nahm fünf junge Menschen fest. Kriegsminister Grant Shapps schrieb dazu auf X: »Die Streitkräfte können und werden sich nicht einschüchtern lassen«. Er bezeichnete die Protestierenden als »feige Kriminelle, bei denen ich froh bin, daß sie verhaftet werden«.

Für Sicherheit am Arbeitsplatz

Italienische Gewerkschaften hatten für Donnerstag die Beschäftigten in der Privatwirtschaft zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen, um die seit langem erhobene Forderung nach mehr Rechten und für Sicherheit am Arbeitsplatz zu untermauern. Beim Energiekonzern ENEL hatte sich im Kraftwerk des Suviana-Staudamms in der Gemeinde Camugnano ein schwerer Unfall mit drei Toten, vier Vermißten und vielen Verbrennungen ereignet. Nach ersten Informationen kam landesweit am Donnerstag der öffentliche Verkehr zum Erliegen. »Wir kämpfen für die Verteidigung der Rechte und des Einkommens von Arbeitern, Rentnern, Jugendlichen und Frauen, für eine Schule, eine Gesundheitsversorgung und einen Sozialstaat, der diesen Namen verdient«, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf der Gewerkschaften. Im gesamten öffentlichen Sektor Italiens ist seit drei Jahren kein Vertrag verlängert worden. Unser Foto zeigt eine Demonstration streikender Arbeiter in Bologna.

Macron für dauerhaft erhöhte Rüstungsproduktion

Bergerac – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Rüstungsindustrie seines Landes angesichts des Ukraine-Kriegs zu einer dauerhaft erhöhten Waffenproduktion aufgerufen. »Wir müssen uns dauerhaft auf einen geopolitischen und geostrategischen Wandel einrichten, in dem die Verteidigungsindustrie eine wachsende Rolle spielen wird«, sagte Macron am Donnerstag bei der Grundsteinlegung für eine neue Sprengpulverfabrik des Unternehmens Eurenco in Bergerac.

Nötig sei eine Kriegswirtschaft, »um der Ukraine Waffen zur Abwehr des russischen Angriffs liefern zu können und auch zur eigenen Verteidigung«. Diese Dynamik habe »in Europa und weltweit eingesetzt«.

»Diese Kriegswirtschaft dient auch uns selber«, sagte Macron. So werde die Produktion der an die Ukraine gelieferten Caesar-Haubitzen inzwischen verdreifacht, was auch den Export der Geschütze antreibe. »Europa« könne »die Ukraine nicht aufgeben«, es gehe »auch um die eigene Sicherheit«, betonte Macron. »Wir Europäer müssen mehr tun und müssen es schneller tun und wenn die amerikanischen Finanzmittel nicht da sind, müssen wir Europäer uns mobilisieren und eine neue finanzielle Lösung finden. Wir arbeiten daran Hand in Hand mit Deutschland.«

Deutsche Uni lädt jüdische Philosophin aus

Köln – Die US-amerikanische Philosophin Nancy Fraser hat eine Ausladung durch die Universität Köln kritisiert. »Fatal ist vor allem das Signal, das in die Welt geht: Wer von der offiziellen Linie abweicht, ist in Deutschland nicht willkommen und wird bestraft«, sagte die 76-Jährige in einem »Zeit«-Interview. Sie fühle sich von der Universität Köln gecancelt und in ihren Rechten als Wissenschaftlerin und Bürgerin verletzt. In der »Frankfurter Rundschau« warnte sie: »Dieser Vorgang wird der deutschen Wissenschaft erheblichen Schaden zufügen.«

Nancy Fraser, die selbst Jüdin ist, hatte den Brief »Philosophy for Palestine« unterschrieben. In diesem Brief werde das Existenzrecht Israels faktisch infrage gestellt, behauptete die Universität Köln. Der »Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober« werde »in rechtfertigender Weise relativiert«. Die Unterzeichner würden außerdem »zu einem akademischen und kulturellen Boykott israelischer Institutionen aufrufen«. Nancy Fraser hatte die Albertus-Magnus-Professur ausfüllen sollen, die im Gedenken an den in Köln begrabenen Universalgelehrten Albertus Magnus (1193 bis 1280) eingerichtet wurde.

Die Philosophin gilt als bedeutende Kritikerin des Kapitalismus und des Neoliberalismus.

Israel beginnt neuen Angriff in Gaza

Tel Aviv/Gaza – Die israelische Armee hat in der Nacht zum Donnerstag einen neuen Angriff im zentralen Abschnitt des Gazastreifens begonnen. In einer Mitteilung der Armee war die Rede von einer »präzisen Operation auf der Basis von Geheimdienstinformationen, mit dem Ziel, Terroraktivisten auszuschalten und Terror-Infrastruktur im Zentralabschnitt Gazas zu treffen«. Vor dem Vorrücken von Bodentruppen hätten israelische Kampfflugzeuge »Terrorziele über und unter der Erde angegriffen«.

Nach Angaben von Sanitätern wurden bei einem Luftangriff auf ein Wohnhaus in dem Flüchtlingsviertel Nuseirat im zentralen Teil des Gazastreifens mindestens fünf Palästinenser getötet. Die Armee teilte mit, während des Einsatzes in der Nacht hätten Soldaten »einen bewaffneten Terroristen identifiziert, der in der Nähe israelischer Truppen aus einem Terror-Tunnel kam und in eine militärische Einrichtung ging«. Ein Kampfjet habe ihn getroffen, als er sich den Truppen genähert habe. Auch die Marine habe mehrere Ziele in dem Gebiet beschossen.

Bei einem israelischen Luftangriff in der Stadt Rafah im Gazastreifen sind am Donnerstag sechs Menschen getötet worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte lediglich: »Als Reaktion auf die barbarischen Angriffe der Hamas ist die israelische Armee im Einsatz, um die militärischen und administrativen Fähigkeiten der Hamas zu zerstören.« Anders als die Hamas halte die Armee sich »an internationales Recht und bemühe sich darum, Schaden an Zivilisten zu verringern«.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza sind seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als sechs Monaten 33.545 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 76.000 weitere verletzt worden. Die Zahlen berücksichtigen nicht die Toten, die unter den Trümmern begraben sind.

Israel bereitet sich neben dem Gaza-Krieg auch auf »Herausforderungen an anderen Schauplätzen« vor. Bei einem Besuch des Luftwaffenstützpunktes Tel Nof sprach Regierungschef Netanjahu am Donnerstag von »herausfordernden Tagen«.

»Wir haben ein einfaches Prinzip festgelegt – wer uns angreift, den greifen wir an. Wir sind darauf vorbereitet, die Sicherheitsbedürfnisse des Staates Israel im Bereich der Verteidigung und des Angriffs zu gewährleisten«, sagte er mit deutlichem Hinweis auf den Iran.

EU-Parlament votiert gegen Von der Leyen

Brüssel – Das EU-Parlament hat die EU-Kommission von Ursula von der Leyen aufgefordert, die Ernennung des deutschen CDU-Politikers Markus Pieper zum Beauftragten der EU-Kommission für kleine und mittelgroße Unternehmen rückgängig zu machen. Ein von Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen verfaßter Antrag dazu wurde am Donnerstag im Plenum mit 382 gegen 144 Stimmen bei 80 Enthaltungen angenommen.

Die Abgeordneten führten Zweifel an, ob bei der Ernennung Piepers »die Grundsätze der Leistung, der Ausgewogenheit der Geschlechter und der geografischen Ausgewogenheit« berücksichtigt wurden. Der Kommissionspräsidentin wurde vorgeworfen, mit Pieper gezielt einen Parteifreund ausgewählt zu haben. In der Anfangsphase des Bewerbungsverfahrens waren zwei Bewerberinnen besser bewertet worden als der 60 Jahre alte Pieper.

Ein Sprecher von der Leyens machte am Donnerstag kurz nach der Entscheidung deutlich, daß es keine Pläne gebe, die Personalentscheidung rückgängig zu machen. Nach Angaben der Kommission soll Pieper den mit einem fünfstelligen Monatsgehalt dotierten Posten in der kommenden Woche wie geplant antreten.

Neues Gesetz zur Mobilmachung in der Ukraine

Kiew – In der Ukraine ist nach gut drei Monaten Diskussion ein Gesetz zur Mobilmachung verabschiedet worden. Für die Novelle stimmten 283 Abgeordnete bei 226 notwendigen Stimmen. Die Novelle verschärft die Regeln der Erfassung von Wehrfähigen. Mit Inkrafttreten sind alle Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren verpflichtet, während des geltenden Kriegsrechts ihren Wehrpaß bei sich zu führen. Innerhalb von zwei Monaten müssen die Männer auch ihre persönlichen Daten auf den aktuellen Stand bringen, ansonsten drohen Strafen. Neue ukrainische Reisedokumente im Ausland werden zukünftig nur noch bei vorhandenen Wehrpapieren ausgestellt. Diese sind jedoch nur bei einer Rückkehr in die Ukraine erhältlich. Neben Geldstrafen für ignorierte Einberufungen und Musterungsbescheide droht zukünftig auch mit wenigen Ausnahmen der Entzug der Fahrerlaubnis.

96 Schüsse auf Schwarzen bei Verkehrskontrolle

Chicago – In den USA ist erneut eine Debatte über Rassismus und Polizeigewalt entflammt, nachdem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in Chicago nahezu 100 Schüsse auf einen schwarzen Mann abgefeuert und ihn so getötet haben. Der Vorfall ereignete sich bereits am 21. März in einer Wohngegend, aber die Behörde für polizeiliche Rechenschaftspflicht in Chicago (COPA) veröffentlichte die Bodycam-Aufnahmen der beteiligten Polizisten erst am Dienstag. Die Familie des getöteten 26-Jährigen fordert weitere Aufklärung.

Laut ersten Erkenntnissen soll der Mann zuerst selbst einen Schuß abgefeuert und einen Polizisten am Unterarm getroffen haben, nachdem ihn fünf Beamte angehalten hatten. Anwälte der Familie geben an, die Polizisten seien in Zivilbekleidung aufgetreten. Auf dem Videomaterial ist zu sehen, wie sie sich mit gezückten Waffen auf das Auto des Mannes zubewegen. Zunächst fordern sie ihn auf, sein Fenster herunterzukurbeln und dann, die Tür zu öffnen. Nach Behördenangaben wurde er wegen eines nicht angelegten Sicherheitsgurtes angehalten. Die Bilder zeigen, wie der Mann offenbar nicht sofort den Anweisungen folgt, ein Schuß ist zu hören und die Situation eskaliert innerhalb kürzester Zeit.

Laut COPA feuerten die Polizisten über 41 Sekunden hinweg ungefähr 96 Mal auf den Mann, auch dann noch, als er die Autotür geöffnet hatte und zu Boden fiel. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht und dort für tot erklärt. Auf seinem Beifahrersitz sei später eine Waffe entdeckt worden.

Die Familie des Getöteten stellte die Umstände der Verkehrskontrolle zur Diskussion. Die Beamten hätten sich nie zu erkennen gegeben, sagte ihr Anwalt am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Es habe sich um Polizisten in Kapuzenpullis und Baseballkappen gehandelt, auch das Polizeiauto sei nicht gekennzeichnet gewesen. Fünf Beamte seien »bewaffnet aus einem Auto gesprungen, für einen jungen Mann, der nicht angeschnallt war«, sagte ein Anwalt.

Keine EZB-Zinssenkung

Frankfurt – Die Europäische Zentralbank läßt die Leitzinsen im Euroraum trotz der leicht rückläufigen Inflation zum fünften Mal in Folge unverändert. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, liegt weiter bei 4,5 Prozent, entschied der EZB-Rat am Donnerstag. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, beträgt unverändert 4,0 Prozent. Volkswirte rechnen allgemein im Juni mit einer von Wirtschaft und privaten Kreditnehmern ersehnten Zinssenkung.

Die jüngste Entwicklung der Teuerungsrate mache »die Währungshüter zuversichtlicher, aber nicht hinreichend zuversichtlich«, hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde Anfang März gesagt. »Wir werden im April ein wenig mehr wissen. Wir werden im Juni viel mehr wissen.« Im Juni legen die EZB-Experten neue Konjunktur- und Inflationsprognosen vor.


Zum Weiterlesen melden Sie sich bitte an

Noch kein Konto? Zu den Abonnemnents