Unendliche Geschichte PID
Anfang vergangenen Jahres war es in Sachen Teilnahme von Medizinern am »Paiement immédiat direct« (PID) nicht so gut bestellt. Viele Ärzte weigerten sich beharrlich, das im September 2023 neu eingeführte System der Direktabrechnung, wie es in ähnlichen Formen in unseren Nachbarländern seit Jahrzehnten existiert, anzuerkennen. Die Direkte Sofortzahlung (PID) bietet dem Arzt die Möglichkeit, den von der Krankenversicherung gedeckten Anteil des Betrags direkt von der CNS zu erhalten. Die Überweisung der CNS erfolgt sofort, so daß der Arzt den entsprechenden Betrag innerhalb weniger Sekunden auf seinem Bankkonto erhält. Gleichzeitig muß der Versicherte, sein Patient, nicht mehr seinem Geld hinterherlaufen, um seinen Anteil zurückzubekommen, nachdem er mit der gesamten Rechnung in Vorleistung getreten ist.
Auch weil sich die Medizinervereinigung AMMD querstellte, lief die Installation des Systems in den Arztpraxen des Landes sehr schleppend, zum Leidwesen der Patienten. In vielen Fällen waren es bisher insbesondere aus dem Ausland kommende Ärzte, die sich niedergelassen haben und das System direkt annahmen. Aus den nur rund einhundert Medizinern, die zu Beginn des Jahres 2024 mit dem neuen System gearbeitet hatten, wurden laut einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Mars Di Bartolomeo an Gesundheitsministerin Martine Deprez bis September 2024, also 12 Monate später, knapp unter 500. Wenn man bedenkt, daß es landesweit rund 2.600 Hausärzte gibt, kein Quantensprung, auch wenn sich 80.000 über PID abgewickelte Arztrechnungen zunächst einmal viel anhören.
In ihrer Antwort vom Dienstag auf die Anfrage erklärte die Ministerin, daß die Verbreitung des PID mittlerweile bei rund 60 Prozent liege. Mancher wird sich fragen, ob er tatsächlich zufällig ausschließlich bei den restlichen 40 Prozent der Mediziner vorspreche, weil der PID im Patientenalltag noch immer höchstselten über den Weg läuft. Dazu kommt, daß Rechnungen für etwa Röntgenuntersuchungen oder Konsultationen von Medizinern in Kliniken weiterhin fast ausschließlich aus der eigenen Tasche vorgestreckt werden müssen, um dann dem Versichertenanteil wochen- und monatelang nachzulaufen. Wohl dem, dessen Rückerstattung im vierstelligen Eurobereich für eine Zahnkrone nicht monatelang im CNS-System hängen bleibt, denn solche Fälle gab es bereits. Der Versicherte ist kein Bittsteller, das müßten deutlich mehr im System tätige Personen verstehen.
Immerhin kündigte Gesundheitsministerin Deprez in ihrer Antwort an, man arbeite weiter daran, PID in die Kliniken zu bringen und daß seit dem 1. Juli 2025 »alles getan« worden sei, um »den meisten Ärzten« das benötigte Tool zukommen zu lassen. Abhängig ist ein Funktionieren dann nur noch von zwei Faktoren: Der richtigen Softwareversion in der jeweiligen Praxis und dem Goodwill des Arztes, von denen nicht wenige sich ja bei Einführung des Systems vehement quer stellten.
Die Frage bleibt also weiterhin, warum dieses System nicht im Sinne des allgemeinen gesellschaftlichen Interesses gesetzlich auf breiter Front flächendeckend zumindest dort durchgesetzt wurde, wo es ohne weiteres sofort installiert werden konnte. Stattdessen mußten sich Versicherte neben ihren gesundheitlichen Problemen auch damit herumschlagen, Termine bei CNS-Filialen zu nehmen, um eine Überweisung zu beantragen, wenn sie nicht wie erwähnt ewig auf Rückerstattungen warten wollten.
Was nützt diesem Land teure und hochmoderne Diagnose- oder Behandlungstechnologie, wenn die Menschen sich aufgrund solcher mittelalterlicher Strukturen nicht in der Lage sehen, dann zum Arzt zu gehen, wenn es notwendig ist, weil sie fürchten müssen, monatelang auf die Rückerstattung ihres Anteils zu warten? Im Mittelalter akzeptierte der Bader ausschließlich blinkende Münzen, im Jahr 2025 sollte dies Geschichte sein.