Kaleidoskop25. April 2025

Gladiatoren kämpften wohl auch gegen Großkatzen

von dpa/ZLV

York – Im Römischen Reich kämpften Gladiatoren nicht nur gegeneinander sondern auch gegen Tiere. Von solchen Kämpfen gibt es viele Darstellungen, zum Beispiel antike Mosaike und Texte. Handfeste Beweise fehlten jedoch bisher. Jetzt haben irische Wissenschaftler eine männliche Leiche genauer untersucht, die von einem Friedhof für Gladiatoren unweit der nordenglischen Stadt York stammt. Bißwunden am Becken des Mannes stammen demnach von einer Großkatze, sehr wahrscheinlich von einem Löwen, heißt es in einem in der Fachzeitschrift »Plos One« erschienen Artikel.

Die Wissenschaftler der Maynooth University in Irland glauben jedoch nicht, daß die Bißwunde tödlich war. Vielmehr weise sie auf das Schleppen einer kampfunfähigen Person durch ein Tier hin. Der Mann war zum Zeitpunkt seines Todes vor etwa 1.800 Jahren ungefähr 26 bis 35 Jahre alt, erklärten die Forscher. Dies sei der erste physische Beweis für einen Kampf zwischen Mensch und Tier in der römischen Antike, schreibt der leitende Wissenschaftler Tim Thompson von der Maynooth University in einer Mitteilung.

Die Entdeckung veranschauliche auch, daß Gladiatorenspektakel nicht auf die großen Städte des Römischen Reiches beschränkt waren, sondern bis in die entlegensten Provinzen reichten. Eboracum, wie York damals hieß, spielte im römischen Britannien eine wichtige Rolle: als Stützpunkt verschiedener Legionen, aber auch als Siedlung und Residenz des Provinzgouverneurs. Sogar Kaiser hielten sich dort zuweilen auf. Kaiser Septimius Severus starb dort im Jahr 211. Konstantin der Große, der in Trier residierte, wurde in Eboracum im Jahr 306 von seiner Armee zum Kaiser ausgerufen.

Und obwohl in York bislang kein Amphitheater gefunden wurde, wird angenommen, daß auch dort Gladiatorenkämpfe stattfanden. Stärkster Hinweis darauf ist ein Friedhof aus römischer Zeit, in dem eine auffallend große Zahl von Skeletten junger Männer mit entsprechenden Kampfverletzungen gefunden wurde.

Die Forscher gehen davon aus, daß es sich dabei um Gladiatoren handelte. Eines der Skelette weist Verletzungen auf, die den Wissenschaftlern zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Löwen stammen. Daß ein solches Tier über Tausende Kilometer aus seiner Heimatregion in den Norden des römischen Britanniens gebracht worden sein könnte, halten sie angesichts der Bedeutung, die Eboracum spielte, durchaus für denkbar.

Sie untersuchten die Verletzungen mit Hilfe von 3D-Scans und verglichen sie mit den Bißspuren von lebenden Großkatzen an Tierkadavern aus Zoos. Daß sie nicht am Oberkörper, sondern am Becken verursacht wurden, weist den Wissenschaftlern zufolge darauf hin, daß es sich nicht um eine klassische Angriffswunde handelt. Falls es ein Kampf und keine Hinrichtung gewesen sein sollte, steht damit auch fest, wer ihn gewann: Der Löwe hatte bereits begonnen, sein Opfer zu fressen.