Leitartikel12. August 2025

Viel Lärm um ungelegte Eier

von Uli Brockmeyer

Seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, daß sich die Präsidenten der USA und Rußlands am kommenden Freitag in Alaska zu einem persönlichen Gespräch treffen wollen, hat ein riesiger Wirbel eingesetzt. Beide Seiten haben eindeutig erklärt, daß es bei diesem Treffen in erster Linie um weitere Schritte bei der Normalisierung der bilateralen Beziehungen geht – eine Absicht, die außerordentlich begrüßenswert ist, wenn man bedenkt, daß die USA und Rußland die Staaten mit dem größten Arsenal an Atomwaffen sind.

In der Geschichte der zwischenstaatlichen Beziehungen hat es sehr viele Auf- und Ab-Bewegungen gegeben. Nach der Oktoberrevolution von 1917 in Rußland gehörten die USA zeitweilig zu jenen Staaten, die Interventionstruppen gegen die junge Sowjetmacht entsandten. Nach dem wortbrüchigen Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion 1941 wollte sich die Roosevelt-Regierung lange Zeit nicht für oder gegen den Aggressor entscheiden, nahm aber dann nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour zögerlich Partei gegen das mit Japan verbündete Nazireich und unterstützte die Sowjetunion in ihrem Abwehrkampf. Die Anti-Hitler-Koalition siegte letztlich weitgehend vereint über den deutschen Faschismus und – befördert durch den Einritt der Sowjetunion in den Krieg in Asien und im Pazifik – auch über das militaristische Japan.

Die mühsam zustande gebrachte gemeinsame Politik bekam bereits im Sommer 1945 erste Risse, nachdem USA-Präsident Truman in Abstimmung mit dem britischen Premier Churchill beschloß, die neu entwickelte Atombombe nicht nur im Krieg gegen Japan, sondern gleichzeitig als »großen Knüppel« für die Gestaltung der nachfolgenden Weltpolitik einzusetzen. Im atomaren Wettrüsten schenkten sich beide Seiten nichts, aber immerhin war es über Jahre möglich, durch eine vorwiegend einsichtige Politik einen neuen Weltenbrand zu vermeiden. Das zeigte sich besonders in der sogenannten Kuba-Krise 1962, die im Ergebnis offener diplomatischer Bemühungen beider Seiten gelöst werden konnte.

Auch in den Jahren danach gab es immer wieder bilaterale und multilaterale Abkommen, die gewisse Schritte einer militärischen Entspannung zum Ziel hatten. Besonders wichtig war in den 70er Jahren die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), bei der eine Reihe von Regelungen der internationalen Politik festgeschrieben werden konnten.

Seitdem ist die internationale Lage ungleich komplizierter geworden, und das betrifft keineswegs allein den Krieg in der Ukraine, an dem die USA finanziell, materiell und politisch zutiefst beteiligt sind. Wie die Äußerungen von Donald Trump zu dieser Frage zu werten sind, ist bisher offen. Wichtig ist jedoch, daß auf dem Wege der Normalisierung der bilateralen Beziehungen auch eine Lösung für die Beendigung des Krieges in der Ukraine gefunden werden kann. Daß Trump und Putin diesen Krieg nicht allein beenden können, steht außer Frage, ebenso wie der Fakt, daß die Ukraine nicht das Thema Nummer 1 beim Treffen in Alaska sein wird. Die aufgeregten Forderungen, »Europa« an dem Gespräch zu beteiligen, sind nicht nur anmaßend, sondern wider jede Vernunft. Seit wann werden Dritte zu einem bilateralen Treffen eingeladen? Und welchen Einfluß die EU auf Entscheidungen des USA-Präsidenten nehmen kann, hat sich jüngst beim »Zoll-Deal« in äußerst beschämender Weise gezeigt.