Wettbewerbsfähigkeit und Lohndumping
Während der vergangenen Jahre waren Patronat und Regierung durchgehend damit bemüht, die angeblich zu niedrige Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Die einen übten massiven Druck auf die Beschäftigten und die Gewerkschaften aus, um Lohnerhöhungen zu verhindern oder sie im Vergleich zur Produktivitätsentwicklung möglichst niedrig zu halten.
Die anderen änderten das Arbeitsrecht zugunsten des Patronats (zum Beispiel was das Bezahlen von Überstunden angeht) und senkten systematisch die Kapitalsteuern. Auch die von CSV und LSAP beschlossene Indexmanipulation von 2006, die weiter in Kraft ist und jeden einzelnen Lohnabhängigen um mehr als einen halben Monatslohn brachte, ist eine Maßnahme im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit.
Wer die Entwicklung der vergangenen Jahre eingehender untersucht, muss allerdings zur Schlussfolgerung kommen, dass die Klagen über die angeblich niedrige Wettbewerbsfähigkeit Propaganda sind, die im Sinne der Profitsteigerung erfolgt.
Das hat nichts mit »kommunistischer Hetze« zu tun, wie das manche Patronatsvertreter wissen wollen, sondern wurde erst kürzlich in einer Studie der »Chambre des salariés« nachgewiesen.
Demzufolge fallen in Luxemburg von jedem Euro Mehrwert, den ein Lohnabhängiger produziert, 0,5 Euro an Lohnkosten an. In Deutschland sind das 0,55 Euro (10 Prozent mehr), in Frankreich 0,57 Euro und in Belgien 0,61 Euro (22 Prozent mehr).
Der Wettbewerbsvorteil ist noch größer in Luxemburg, wenn man andere, für das Kapital wichtige »Standortvorteile« berücksichtigt, wie beispielsweise die sehr niedrigen Kapitalsteuern, die hohe Qualifikation der Beschäftigten oder die geringe Streikbereitschaft.
Inzwischen bemüht sich der Staat nicht nur, die »Lohnnebenkosten« und Steuern für das Kapital zu senken, sondern auch einen Beitrag zu leisten, damit die Lohnkosten längerfristig abnehmen, wie das die sogenannte »Lissabon-Strategie« der EU vorgibt.
In diese Strategie passt die von CSV und LSAP betriebene Aushöhlung des Mindestlohnes, wie sie mit dem Gesetz 5611 im Jahre 2006 angegangen wurde ebenso, wie das vor kurzem als zeitlich begrenzte Maßnahme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit angekündigte Gesetz, das Lohndumping und eine weitere Umverteilung der Steuergelder zugunsten des Patronats zur Folge haben wird.
Dazu gehört aber auch, dass die Regierung sich weigert, eine strukturelle Erhöhung des Mindestlohnes vorzunehmen, und das Eisenbahnerstatut für einen Teil der Beschäftigten im Warentransport über die Schiene abgeschafft wurde. Und sollte es CSV und LSAP gelingen, die Anfangsgehälter beim Staat zu senken, wäre das für das Patronat in der Privatwirtschaft ein willkommenes Signal, nachzuziehen.
Verhindert werden kann das alles nur, wenn die Schaffenden sich dagegen wehren und an einem Strang ziehen.
Ali Ruckert