Ausland14. März 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Hunger als Kriegswaffe

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die Blockade von Hilfslieferungen für Notleidende im Gazastreifen vor dem UNO-Sicherheitsrat kritisiert. »Hunger wird als Kriegswaffe eingesetzt«, sagte Borrell am Dienstag in New York – allerdings ohne Israel beim Namen zu nennen. Bei der »Krise« handle es sich nicht um eine Naturkatastrophe oder ein Erdbeben, sondern sie sei menschengemacht. Hilfe über das Meer oder aus der Luft sei nur eine Alternative zu den natürlichen Routen über Land – doch diese seien »künstlich verschlossen«.

Während das von Zypern aus gestartete Schiff mit 200 Tonnen Hilfsgütern noch unterwegs ist, ein Hilfskonvoi Nahrungsmittel für lediglich 25.000 Menschen nach Gaza bringen durfte und mehr als 1 Million Menschen auf Hilfe angewiesen sind, wurde in der Stadt Rafah ein Zentrum der UNO-Organisation UNRWA zur Verteilung von Lebensmitteln und Hilfsgütern durch israelischen Beschuß angegriffen. Dabei wurden mindestens ein UNRWA-Mitarbeiter getötet und 22 weitere verletzt. »Der heutige Angriff auf eines der sehr wenigen verbliebenen UNRWA-Verteilungszentren kommt, während Lebensmittelvorräte zur Neige gehen, Hunger weitverbreitet und in einigen Gebieten zu einer Hungersnot geworden ist«, erklärte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza sind seit Beginn des Gaza-Kriegs 31.272 Menschen getötet und mehr als 73.000 verletzt worden. Mehr als zwei Drittel davon seien Frauen und Minderjährige.

Blockade von Schiffen

Deutsche Hilfsorganisationen haben gegen die Festsetzung von drei Schiffen durch die italienischen Behörden protestiert. Die Schiffe »Humanity 1«, »Sea-Eye 4« (Foto) und »Sea-Watch 5« dürfen nicht mehr auslaufen, nachdem sie in verschiedenen Einsätzen Flüchtlinge aus dem Mittelmeer an Land gebracht hatten. Die Behörden begründen dies damit, daß die Helfer auf hoher See Menschen an Bord genommen hätten, obwohl auch Schiffe der libyschen Küstenwache bereit gewesen wären. Die Hilfsorganisationen wiesen dies am Mittwoch als falsche Anschuldigungen zurück.

Polens Präsident für mehr Rüstung

Polens Präsident Andrzej Duda hat bei einem Treffen mit USA-Präsident Joe Biden darauf gepocht, daß die NATO ihre Mitglieder künftig zu höheren Militärausgaben verpflichtetund die USA aufgefordert, der Ukraine weitere Unterstützung zukommen zu lassen. Die USA, aber auch andere Verbündete müßten mehr Verantwortung für die Sicherheit der NATO übernehmen. »Deshalb glaube ich, daß es für alle NATO-Länder notwendig ist, ihre Verteidigungsausgaben von zwei auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen.« Polen selbst hat im vergangenen Jahr 3,9 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Rüstung ausgegeben. Neben Duda nahmen bei dem Treffen am Dienstag auch der polnische Regierungschef Donald Tusk sowie seitens der USA Außenminister Antony Blinken und Kriegsminister Lloyd Austin teil. Tusk sprach von einer »imponierenden Übereinstimmung der Meinungen« mit den USA. Anlaß des Besuchs war der 25. Jahrestag von Polens Beitritt zur NATO.

Hunger im Sudan

Hunderttausende Kinder unter fünf Jahren vom Tod bedroht

Port Sudan – Die Kinderrechtsorganisation Save the Children hat am Mittwoch vor einer dramatischen Zuspitzung der humanitären Lage im Sudan mit gravierenden Folgen vor allem für Kleinkinder und ihre Mütter gewarnt. Neue Zahlen zeigten, daß etwa 230.000 Kinder, junge Mütter und Schwangere in den kommenden Monaten an den Folgen von Hunger sterben könnten, hieß es in einer Mitteilung der Organisation.

Die Lebensmittelversorgung stehe vor dem Zusammenbruch, sagte Arif Noor, der Landesdirektor im Sudan. »Wenn heute nichts gepflanzt wird, gibt es morgen nichts zu essen. Wir sehen massiven Hunger, Leid und Tod. Und dennoch schaut die Welt weg.« Die internationale Gemeinschaft müsse jetzt handeln, um zu verhindern, daß noch mehr Menschen ums Leben kommen.

Mehr als 2,9 Millionen Kinder im Sudan sind derzeit akut mangelernährt; weitere 729.000 Kinder unter fünf Jahren sind durch schwere akute Mangelernährung vom Tod bedroht. Seit Beginn des Konflikts im vergangenen April sind Gesundheitssystem und Nahrungsmittelproduktion weitgehend zusammengebrochen.

Kindersterblichkeit weltweit zurückgegangen

Köln – Weltweit überleben nach Einschätzung von UNICEF mehr Kinder als je zuvor die ersten Lebensjahre. Seit dem Jahr 2000 sei die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren um 51 Prozent gesunken, teilte die Organisation am Mittwoch in Köln und New York mit. So habe 2022 die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag an vermeidbaren Ursachen gestorben seien, mit schätzungsweise 4,9 Millionen Kindern einen historischen Tiefstand erreicht. 1990 seien es noch 12,5 Millionen Kinder gewesen.

2022 entfielen die meisten dieser Todesfälle auf Afrika südlich der Sahara und auf Südasien. Sie seien vor allem auf vermeidbare Ursachen oder behandelbare Krankheiten zurückzuführen wie Frühgeburten, Komplikationen während der Geburt, Lungenentzündungen, Durchfallerkrankungen und Malaria.

»Viele Leben hätten gerettet werden können, wenn die Kinder besseren Zugang zur medizinischen Grundversorgung gehabt hätten«, erklärte UNICEF. Dazu gehörten Maßnahmen wie Impfungen, qualifiziertes Gesundheitspersonal sowie die Diagnose und Behandlung von Kinderkrankheiten. »Es ist von entscheidender Bedeutung, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für jede Frau und jedes Kind zu verbessern, auch in Krisensituationen und in abgelegenen Gebieten«, wird der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, in der Mitteilung zitiert.

Scholz gegen »Taurus«-Lieferung an Ukraine

Berlin – Deutschlands Kanzler Olaf Scholz hat der Lieferung weitreichender deutscher »Taurus«-Marschflugkörper an die Ukraine nochmals eine klare Absage erteilt. »Besonnenheit ist nicht etwas, was man als Schwäche qualifizieren kann, wie einige das tun, sondern Besonnenheit ist das, worauf die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land einen Anspruch haben«, sagte er am Mittwoch bei einer Befragung im deutschen Bundestag. Damit antwortete Scholz auf eine Frage aus der Fraktion der oppositionellen CDU, in deren Reihen einige Politiker eine solche »Taurus«-Lieferung fordern. Am Donnerstag soll über einen entsprechenden Antrag im Bundestag abgestimmt werden.

Scholz ergänzte: »Dazu gehört auch, daß es für mich ausgeschlossen ist, bei weitreichenden Waffensystemen solche zu liefern, die nur sinnvoll geliefert werden können, wenn sie auch mit dem Einsatz deutscher Soldaten auch außerhalb der Ukraine verbunden wären. Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will. … Und deshalb habe ich mich so entschieden und meine Position in dieser Frage so dargestellt, wie Sie das kennen.« Er betonte: »Ich halte es für erforderlich, daß wir bei der Lieferung von Waffen sicherstellen, daß es keine Beteiligung deutscher Soldaten gibt.«

Gezielte Tötung im Libanon

Beirut – Bei einem israelischen Luftangriff auf einen Personenwagen ist am Mittwoch nahe der libanesischen Küstenstadt Tyros ein mutmaßliches Hamas-Mitglied getötet worden. Der Mann soll laut Behauptung der israelischen Armee »für Terroranschläge gegen israelische und jüdische Ziele in mehreren Ländern« verantwortlich gewesen sein.

Das Opfer ist ein Palästinenser aus einem Flüchtlingslager nahe der Hafenstadt. Laut der libanesischen Nachrichtenagentur NNA kam bei dem Angriff noch ein weiterer Mann ums Leben. Dabei soll es sich um einen Syrer handeln, der zufällig an dem Ort des Luftangriffs war.

Die libanesische Regierung kündigte am Mittwoch an, Beschwerde beim UNO-Sicherheitsrat einzulegen. Sie warf Israel vor, bei den Angriffen in den vergangenen Tagen Zivilisten in Wohngebieten ins Visier genommen zu haben. Noch größere Sorge rufe hervor, »daß sich diese Eskalation in Gebieten ereignet, die weit von der südlichen Grenze des Libanon liegen, was auf Israels Bestreben hindeutet, den Konflikt auszuweiten und die gesamte Region in den Krieg zu ziehen«, sagte der libanesische Außenminister Abdullah Bou Habib.

Rußland warnt USA vor Wiederaufnahme von Atomwaffentests

Moskau – Rußlands Präsident Wladimir Putin hat die USA angesichts von Plänen zur Wiederaufnahme von Atomwaffenversuchen gewarnt. In einem solchen Fall würde auch Rußland erwägen, neue Kernwaffentests zu starten, sagte er in einem Interview am späten Dienstagabend. Rußlands Atomwaffenarsenal sei eins der modernsten weltweit, betonte Putin.

Die seien USA derzeit dabei, ihre atomaren Streitkräfte zu erneuern. Dies bedeute nicht, daß sie dazu bereit seien, einen Atomkrieg zu beginnen, doch es gebe Bestrebungen bei bestimmten Kreisen in Washington, die Möglichkeiten der neuen Sprengköpfe nicht nur am Computer auszuloten, sondern bei realen Tests zu überprüfen.

Zugleich widersprach Putin einmal mehr den Behauptungen, daß Rußland im Ukrainekrieg den Einsatz taktischer Atomwaffen in Erwägung gezogen habe. Aus technischer Sicht sei Moskau bereit, diese Massenvernichtungswaffe einzusetzen. Dies werde allerdings laut der eigenen Verteidigungsdoktrin nur geschehen, »wenn es um die Existenz des russischen Staats und Schaden für unsere Souveränität und Unabhängigkeit geht«, sagte er.

Der Kernwaffenteststopp-Vertrag wurde 1996 in der UNO-Generalversammlung angenommen. Die USA haben den Vertrag nicht ratifiziert. Rußland hat daraufhin seine Ratifizierung Ende 2023 zurückgezogen. Beide Länder haben aber seit den 1990er Jahren keine Kernwaffenversuche mehr durchgeführt.

Ukraine schießt systematisch russische Raffinerien in Brand

Rjasan – Bei systematischen Drohnenattacken auf russische Ölanlagen hat die Ukraine weiteren Schaden angerichtet. In der Nacht auf Mittwoch lösten Drohnen einen Brand in der Raffinerie von Rjasan südöstlich von Moskau aus. Laut Medienberichten schlugen drei Drohnen in der Fabrik ein, die zum größten russischen Ölkonzern Rosneft gehört. Ebenfalls getroffen wurde die Ölraffinerie von Nowoschachtinsk im Gebiet Rostow am Don. Dort seien die technischen Anlagen abgeschaltet worden, teilte der Gouverneur mit. Die Anlage in Nowoschachtinsk ist nach Firmenangaben der größte Hersteller von Ölprodukten in Südrußland.

In der Nacht zuvor hatten ukrainische Fluggeräte bereits die Raffinerie von Kstowo bei Nischni Nowgorod an der Wolga in Brand geschossen. Sie gehört zum Konzern Lukoil. Auch im südwestrussischen Gebiet Orjol löste eine Drohne ein Feuer in einem Tanklager aus. In beiden Nächten wurde außerdem die Raffinerie von Kirischi in der Nähe von St. Petersburg angegriffen. Dort wurden die Drohnen abgefangen. Informationen über Schäden gab es nicht.

»Wir setzen systematisch eine gut kalkulierte Strategie um, um das wirtschaftliche Potenzial der Russischen Föderation zu reduzieren«, sagte eine Quelle im ukrainischen Geheimdienst SBU am Mittwoch dem Nachrichtenportal Ukrajinska Prawda. »Unsere Aufgabe ist es, dem Feind die Ressourcen zu entziehen.« Die Ukraine hofft, daß die Angriffe die Treibstoffproduktion in Rußland spürbar schädigen. Nach Angaben aus Moskau fing die Flugabwehr in der Nacht zum Mittwoch und in den Morgenstunden 58 ukrainische Drohnen ab. Allein 29 Fluggeräte seien über dem Gebiet Woronesch abgeschossen worden, weitere 11 über dem Gebiet Belgorod.

Solarfirmen protestieren gegen antichinesische EU-Strafzölle

Berlin – Eine Allianz überwiegend deutscher Unternehmen aus der Solar-Branche protestiert gegen Strafzölle der EU auf chinesische Solarmodule. Protektionistische Maßnahmen würden die Inflation der Energiekosten weiter anheizen, Lieferketten stören und Arbeitsplätze gefährden, teilte die Allianz »Solar Economy Europe« am Mittwoch in Berlin mit.

Zu den 15 Mitgliedern zählen unter anderem die Solarsparte des Energieversorgers EnBW, der Projektentwickler Baywa r.e., der schwedische Energiekonzern Vattenfall, sowie der dänische Projektentwickler GreenGo Energy.

Die beteiligten Unternehmen warnen allgemein vor Protektionismus, ohne China im Zusammenhang mit der derzeitigen Diskussion namentlich zu erwähnen. Der politische Anlaß ist jedoch offensichtlich: Ein großer Teil der in der EU verbauten Solarmodule wird in China produziert, zudem sind mehrere europäische Hersteller trotz anhaltenden Solarbooms in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. In der EU wird seit Monaten über mögliche Strafzölle auf chinesische Module diskutiert.

»Wachsende protektionistische Tendenzen« bedrohten die CO2-Einsparungsziele, heißt es in der Mitteilung. Die Firmen sprechen sich für freien Handel aus.


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