Militarisierung in Deutschland schreitet voran
»Heimatschutz« soll zügig aufgebaut werden. Deutsche Reservearmee baut neue Truppenteile auf
Der künftige Kommandeur der neuen Heimatschutzdivision, Generalmajor Andreas Henne, will seine Truppe schnell für den »Schutz von Infrastruktur« und einem »Truppenaufmarsch der Verbündeten« bereitmachen. Dabei verweist er auch auf eine »veränderte Sicherheitslage« und bereits im Land laufende »Störaktionen«, die sich gegen die Bundeswehr richten.
So gehe eine Gefahr von »klassischen Sabotagekräften« aus, »von denen wir überzeugt sind, daß die sich bereits im Land befinden und auch Vorbereitungen treffen«, sagt er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Ein »Sicherheitsrisiko« seien auch die zuletzt verstärkt bemerkten Drohnen. Im Falle eines NATO-Truppenaufmarsches könnten sie zur direkten Bedrohung werden und mit Sprengstoff versehen schwere Schäden anrichten.
Die Bundeswehr baut für den »Heimatschutz« eine vierte Division des Heeres auf. Mit dem Mitte März erwarteten Aufstellungsappell werden dem Verband zunächst sechs Regimenter aus insgesamt rund 6.000 Männern und Frauen angehören.
»Erstmal sprechen wir von einer Division«, sagte General Henne und blickt dabei auch in die Vergangenheit des »Heimatschutzes«. »Wenn man in die Geschichte der Bundeswehr schaut, dann waren dies bis 1989 im Territorialbereich 45.000 Soldaten. Im Falle eines Krieges, damals nur Westdeutschland, die alte Bundesrepublik, wären es 100.000 Soldaten gewesen.«
»Die Struktur, die wir bis ungefähr 1990 in der Bundesrepublik hatten, mit Heimatschutzbrigaden und Heimatschutzbataillonen, war schon eine sehr schlaue Lösung«, so der General. Nötig sei dafür deutlich mehr Personal. »Dafür könnte der neue Wehrdienst sorgen. Alle diejenigen, die maximal elf Monate bei der Bundeswehr bleiben wollen, sollen in den Heimatschutz gehen«, sagt er.
Die NATO-Außengrenze liegt weiter im Osten
Seit dem einseitig verkündeten »Ende des Kalten Krieges« hat sich die Lage insgesamt verändert. Die NATO-Außengrenze ist weit nach Osten gerückt, Deutschland ist laut den Strategen der Bundeswehr vom möglichen Kampfgebiet der ersten Stunde zu einem logistischen Drehkreuz für das Militär geworden.
»Unser Schwerpunkt ist es, einen zeitgerechten Aufmarsch der NATO möglich zu machen. Darin enthalten ist der Schutz der kritischen Infrastruktur, Autobahnbrücken, Kraftwerke, auch Serverfarmen, die in erster Linie militärischen Gesichtspunkten unterliegen«, sagt der Generalmajor.
In der Julius-Leber-Kaserne in Berlin laufen die Vorbereitungen für die Aufstellung der Division. Noch fehlt es auch an Ausrüstung. »Das Hauptwaffensystem des Heimatschützers ist das Gewehr. Und das sollten wir relativ einfach beschaffen können«, sagte Henne. Das sei ein Vorteil. Vordringlich ist dann Kommunikationstechnik und die Anbindung an die Führungsstellen mit einem Lagebild.
Der General unterstreicht im Gespräch mit dpa auch die Notwendigkeit, daß die »Heimatschützer« im Ernstfall auch kurzfristig alarmiert, gemeinsam und bewaffnet in einen Einsatz gehen können. Henne nennt als Anspruch »fight tonight«, also von der Ausrüstung und dem Bereitschaftsgrad her notfalls auch binnen Stunden bereit für den Krieg sein zu können – also für den Tag, »wenn der Bundestag die Krise oder den Verteidigungsfall feststellt«.
Henne betont auch, wie wichtig im Ernstfall ausreichende Grundlagen für die Zusammenarbeit mit Unternehmen sein werden. »Schwere Lkw, der Baumaschinenbereich, da müssen wir mehr auf zivile Qualifikationen zurückgreifen können«, sagte er.
dpa/ZLV