Saar-Landtag wird Teil der Frankophonie
Saarbrücken – Der Landtag des Saarlandes will künftig zu jenen Parlamenten gehören, für die das Französische von besonderer Bedeutung ist. Einstimmig beschloß das Landesparlament in Saarbrücken am Mittwoch, einen Antrag auf Vollmitgliedschaft bei der Assemblée parlementaire de la francophonie zu stellen. Dazu hatte das Gremium den Landtag förmlich eingeladen.
Die 1967 gegründete APF ist ein beratendes Gremium der Organisation internationale de la francophonie (OIF), der bislang 95 Staaten und Regierungen, darunter neben Luxemburg, der Schweiz und Kanada viele Länder West- und Zentralafrikas, aber auch Griechenland, Ägypten und Vietnam, angehören. Das Saarland hat dort bereits seit Oktober einen Beobachterstatus inne.
»Unsere Region war niemals nur deutsch oder französisch, sie war immer beides«, betonte gestern Ulrich Commerçon, Präsident der sozialdemokratischen Landtagsfraktion. Und weiter: »Unsere Geschichte ist durch zwei Kulturen gekennzeichnet, der deutschen und der französischen.«
Auch der Präsident der konservativen CDU-Fraktion, Stephan Toscani, sagte, das »umfassende Verständnis« sei im Saarland »politischer Auftrag«. »Das ist etwas Einzigartiges«, so Toscani, »daß ein deutsches Bundesland dem französischen Sprachraum beitritt. Das ist eigentlich etwas Spektakuläres.«
Das Saarland hat aufgrund seiner Grenzlage und Geschichte ein besonderes Verhältnis zu Frankreich. Teile des Saarlands waren seit dem 17. Jahrhundert immer wieder französisch. Nach der Niederlage des deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg gehörte das Saarland zur Wiedergutmachung der französischen Kriegsschäden bis 1935 zum französischen Wirtschaftsraum und stand unter der Aufsicht des Völkerbundes.
Obwohl noch am 26. August 1934 mehr als 60.000 Teilnehmer in Sulzbach unter der Losung »Nie zu Hitler!« zu einer Einheitsfrontkundgebung von KPD und SPD gekommen waren, stimmten die Saarländer dann am 13. Januar 1935 zu 90,8 Prozent für den Anschluß ans Deutsche Reich, 8,8 für Selbständigkeit und nur 0,4 Prozent für den Anschluß an Frankreich.
Auch nach der Niederlage des Faschismus im Zweiten Weltkrieg wurde das Saarland bis 1956 von einem französischen Hochkommissar verwaltet und trat erst zum 1. Januar 1957 der BRD als zehntes Bundesland bei.
Die von der SPD gestellte Landtagspräsidentin Heike Winzent verwies gestern darauf, daß die erste Verfassung des Saarlandes von 1947 sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch verfaßt wurde. »Heute liegt es an uns, diese frankophone Tradition fortzuschreiben!«, forderte sie ihre Kolleginnen und Kollegen auf.