Kaleidoskop17. April 2024

Kinder entdecken Urelefanten bei München

von dpa/ZLV

Taufkirchen – Der Oberarm wiegt 100 Kilogramm, das Schulterblatt hat einen Durchmesser von fast einem Meter: Die Urelefanten, die vor über zehn Millionen Jahren im heutigen Raum München lebten, waren riesig. Die ungewöhnlich guterhaltenen Überreste von drei Tieren wurden im Landkreis Erding gefunden und sind Experten zufolge von der Menge der Knochen und deren Zustand her eine Sensation. Am Montag stellte Peter Kapustin, Leiter und Gründer des Urzeitmuseums in Taufkirchen an der Vils, den Fund vor.

Die Tiere, die bis zu 13 Tonnen schwer wurden und über vier Meter Schulterhöhe erreichten, gehörten der Gattung Deinotherium und der Art Deinotherium giganteum an. Charakteristisch für diese Gattung sind die nach unten gebogenen Stoßzähne des Unterkiefers. Die meisten anderen Gattungen von Urelefanten hatten damals sogar vier Stoßzähne, ein Paar unten und ein Paar oben.

Kapustins neun und zehn Jahre alte Söhne hatten vor einem Jahr bei der Fossiliensuche mit dem Vater an einem Hang an einem Fuchsbau den ersten Knochen entdeckt. Nun liegen ungefähr 120 Knochen vor. Darunter sind Schädel und Stoßzähne eines Jungtieres, das zu rund 70 Prozent erhalten ist. Das sei »spektakulär«, sagte Gertrud Rößner, Oberkonservatorin für fossile Säugetiere an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, die in die Bewertung des Fundes eingebunden war. »Daß diese Urelefanten hier lebten, wissen wir. Aber relativ vollständige Skelette sind selten.«

Immer wieder war Kapustin – gelernter Betriebswirt, Autodidakt im Fach der Paläontologie – in der Gegend unterwegs gewesen. 2004 war bei Langenpreising der Schädel eines Deinotheriums entdeckt worden. »20 Jahre lang bin ich immer wieder an die Stelle gepilgert und hab gedacht: Vielleicht kommt da noch irgendwas – leider war es immer ergebnislos.« Bis zum Fund seiner Kinder am 13. April 2023.

Danach begann eine monatelange Suche mit ehrenamtlichen Helfern, bei der auch Knochen einer Raubkatze und eines Urnashorns zutage kamen. Ein Zahn des Nashorns steckt am Wirbelfortsatz eines Elefanten. Es sei nicht so, daß das Nashorn den Elefanten jagte, vielmehr seien vermutlich die Knochen der Tiere – auch der Katze – in dem damaligen Flußlauf zusammengespült worden. »Solche kleinen Säugetierfunde sprechen für eine sehr schnelle Einbettung in die Flußsedimente«, erläuterte der Geologe Alexander Benn. Andernfalls wären die Knochen nicht erhalten geblieben.

Für die Deinotherien als größte Landsäugetiere Europas sei es die größte Fundstelle, die je entdeckt wurde, sagte der geologische Präparator, Nils Knötschke. Er sprach von einem Glücksfall für die Wissenschaft. Das zweite guterhaltene Tier war bereits größer und älter, jedoch noch nicht ausgewachsen, so daß daran auch die Entwicklung der Tiere sichtbar werde. Von dem dritten Tier wurde ein riesiger Oberschenkelknochen gefunden. Nach ihren Findern, Kapustins Söhnen, erhielten die beiden besser erhaltenen Tiere die vorläufigen Namen »Little Consti« und »Big Alex«.